360-Grad-Video | Umsiedlung von Haidemühl - "Ein Schock fürs Leben, wenn man das sieht"

Do 16.03.17 | 15:45 Uhr | Von Jennifer Heck und Mareike Witte

Bäume wachsen aus Ruinen, Vögel krächzen in verwahrlosten Gärten: Seit elf Jahren verfällt das Dorf Haidemühl. Seine Bewohner mussten dem Lausitzer Tagebau weichen - sie wurden umgesiedelt. Ein früherer Bewohner blickt zurück. Von Jennifer Heck und Mareike Witte

Unheimlich und leise stehen verwachsene Häuserruinen auf beiden Seiten der Landstraße L522. Lastkraftwägen und Traktoren poltern an dem verwahrlosten Skelett von Haidemühl vorbei. Das Dorf in der Nähe von Welzow im Landkreis Spree-Neiße haben die Anwohner vor rund elf Jahren verlassen.

Schick, aber steril: Impressionen aus dem neuen Haidemühl im 360-Grad-Video.

Anmerkung an die Redaktion:

Zu diesem Text gehört das 360 Grad Video über die aktive Förderbrücke in Jänschwalde und das Video der Rundflug über das Tagebaugebiet.

Anmerkung an die Redaktion:

Zu diesem Text gehört das 360 Grad Video über die aktive Förderbrücke in Jänschwalde und das Video der Rundflug über das Tagebaugebiet.

Hoch in den Lüften, bei einem Flug über den Tagebau und das Kraftwerk Jänschwalde, bekommen Sie nochmal einen ganz eigenen Eindruck! Die Volontäre der electronic media school Elisa Luzius und Vanessa Kockegei nehmen Sie mit auf einen Flug mit dem Antenne Brandenburg Verkehrsflieger.

 

Blick ins alte Haidemühl im 360-Grad-Video:

Schon 13 Jahre zuvor stand fest, dass Haidemühl eines Tages dem Tagebau Welzow-Süd weichen muss. Heute liegt der Ort in Spremberg, rund 20 Kilometer entfernt. 136 Orte in der Lausitz wurden seit 1924 ganz oder teilweise umgesiedelt.

Haidemühl ist darunter eine Besonderheit. Die Häuser gehören dem ehemaligen Betreiber des Glaswerks. Sie stehen nur deshalb noch, weil sich der Eigentümer und der Energiekonzern LEAG nicht einigen konnten. Rund 600 Einwohner hatte der Ort einmal. Kaum einer davon hängt noch am alten Haidemühl.

Das kann Dietmar Quander nicht verstehen. Der Frührentner ist im Dorf tief verwurzelt. Geboren in einer Mietswohnung, aufgewachsen in einer zweiten. Später hat er fast 30 Jahre mit Frau und Kind in derselben Straße gelebt. "Weit bin ich nicht gekommen in Haidemühl."

Schon 13 Jahre zuvor stand fest, dass Haidemühl eines Tages dem Tagebau Welzow-Süd weichen muss. Heute liegt der Ort in Spremberg, rund 20 Kilometer entfernt. 136 Orte in der Lausitz wurden seit 1924 ganz oder teilweise umgesiedelt.

Haidemühl ist darunter eine Besonderheit. Die Häuser gehören dem ehemaligen Betreiber des Glaswerks. Sie stehen nur deshalb noch, weil sich der Eigentümer und der Energiekonzern LEAG nicht einigen konnten. Rund 600 Einwohner hatte der Ort einmal. Kaum einer davon hängt noch am alten Haidemühl.

Zerstörtes Zuhause

Ein Hase hoppelt über den menschenleeren Weg. Aus einer Wand fehlen jede Menge Backsteine. "Da hat einer sein Haus neu gebaut oder umgebaut und Steine gebraucht", sagt der gelernte Schlosser. Zwischen den überwucherten Wegen und verfallenen Gebäuden hat er Schwierigkeiten, seine alte Wohnung zu bestimmen.

"Das ist ein Schock fürs Leben, wenn man das hier sieht", sagt Dietmar Quander. Vor ein paar Jahren wollte er seiner Enkeltochter seine Heimat zeigen. "Da hat sie geweint", sagt Quander. "Sie hat Angst gehabt, da sind wir wieder abgehauen."

 

Zerstörtes Zuhause

Das kann Dietmar Quander nicht verstehen. Der Frührentner ist im Dorf tief verwurzelt. Geboren in einer Mietswohnung, aufgewachsen in einer zweiten. Später hat er fast 30 Jahre mit Frau und Kind in derselben Straße gelebt. „Weit bin ich nicht gekommen in Haidemühl.“

Ein Hase hoppelt über den menschenleeren Weg. Aus einer Wand fehlen jede Menge Backsteine. „Da hat einer sein Haus neu gebaut oder umgebaut und Steine gebraucht“, sagt der gelernte Schlosser. Zwischen den überwucherten Wegen und verfallenen Gebäuden hat er Schwierigkeiten, seine alte Wohnung zu bestimmen.

„Das ist ein Schock fürs Leben, wenn man das hier sieht“, sagt Dietmar Quander. Vor ein paar Jahren wollte er seiner Enkeltochter seine Heimat zeigen. „Da hat sie geweint“, sagt Quander. „Sie hat Angst gehabt, da sind wir wieder abgehauen.“

 

Luxusheim für die Tauben als Entschädigung

Seine Werkstatt und den selbst gebauten Taubenschlag erkennt er jedoch direkt wieder. „Die Gärten waren alle tiptop“, erzählt er. Das verwahrloste Grundstück nach so vielen Jahren in diesem Zustand zu sehen, „tut auch ganz schön weh“.

Ohne Tiere wäre Dietmar Quander nicht ins neue Haidemühl in Spremberg umgesiedelt: „Erst hätte ich mit den Beinen gestrampelt, wär gar nicht weg oder ins Nachbardorf gezogen, aber ohne Tiere wäre ich nicht hierher gezogen.“

 

Seele ist im alten Dorf geblieben

Heute wäre es ihm lieber, wenn das alte Dorf dem Erdboden gleichgemacht wäre. „Man weiß, wie es früher war und wie es jetzt hier aussieht, schlimm“, sagt Quander. „Aber hierfür bin ich ja nun gut entschädigt worden.“

Er schätzt sein Eigenheim und die bessere Anbindung an die Stadt. Zudem hat er einen Taubenschlag, von dem er in Alt-Haidemühl nicht einmal geträumt hätte. Allgemein scheinen die Anwohner im neuen Haidemühl weitestgehend zufrieden mit ihren großzügigen Häusern im Neubaugebiet.

Dietmar Quander bleibt zwiegespalten. Er vermisst vor allem das gesellschaftliche Leben und den Zusammenhalt aus dem alten Haidemühl. „Das war ein richtig lebhaftes Dorf früher.“ Man habe sich abends getroffen und unterhalten, ist in die Gaststätte gegangen. „Hier kann man nirgends hingehen.“

 

 

Infos darüber hinaus:

 

Video folgt.

Fotos (iPhone6) verfügbar

Karte des verschwundenen Ortes Haidemühl im Landkreis Spree-Neiße und des neuen Ortes Haidemühl wäre schön

Zusatzinfo:

In Haidemühl wurde von der Degeto ein Polizeiruf gedreht: Wandas letzter Gang.

Weiterführende Links:

Zibb war mit Fotografin Johanna Stiller in Haidemühl unterwegs (gesendet in Woche 06.10.-12.10.2014)

Landstreicher aus Haidemühl, Brandenburg aktuell, 22.06.2014, 19.30h

 

 

Zerstörtes Zuhause

Das kann Dietmar Quander nicht verstehen. Der Frührentner ist im Dorf tief verwurzelt. Geboren in einer Mietswohnung, aufgewachsen in einer zweiten. Später hat er fast 30 Jahre mit Frau und Kind in derselben Straße gelebt. „Weit bin ich nicht gekommen in Haidemühl.“

Ein Hase hoppelt über den menschenleeren Weg. Aus einer Wand fehlen jede Menge Backsteine. „Da hat einer sein Haus neu gebaut oder umgebaut und Steine gebraucht“, sagt der gelernte Schlosser. Zwischen den überwucherten Wegen und verfallenen Gebäuden hat er Schwierigkeiten, seine alte Wohnung zu bestimmen.

„Das ist ein Schock fürs Leben, wenn man das hier sieht“, sagt Dietmar Quander. Vor ein paar Jahren wollte er seiner Enkeltochter seine Heimat zeigen. „Da hat sie geweint“, sagt Quander. „Sie hat Angst gehabt, da sind wir wieder abgehauen.“

 

Luxusheim für die Tauben als Entschädigung

Seine Werkstatt und den selbst gebauten Taubenschlag erkennt er jedoch direkt wieder. „Die Gärten waren alle tiptop“, erzählt er. Das verwahrloste Grundstück nach so vielen Jahren in diesem Zustand zu sehen, „tut auch ganz schön weh“.

Ohne Tiere wäre Dietmar Quander nicht ins neue Haidemühl in Spremberg umgesiedelt: „Erst hätte ich mit den Beinen gestrampelt, wär gar nicht weg oder ins Nachbardorf gezogen, aber ohne Tiere wäre ich nicht hierher gezogen.“

 

Seele ist im alten Dorf geblieben

Heute wäre es ihm lieber, wenn das alte Dorf dem Erdboden gleichgemacht wäre. „Man weiß, wie es früher war und wie es jetzt hier aussieht, schlimm“, sagt Quander. „Aber hierfür bin ich ja nun gut entschädigt worden.“

Er schätzt sein Eigenheim und die bessere Anbindung an die Stadt. Zudem hat er einen Taubenschlag, von dem er in Alt-Haidemühl nicht einmal geträumt hätte. Allgemein scheinen die Anwohner im neuen Haidemühl weitestgehend zufrieden mit ihren großzügigen Häusern im Neubaugebiet.

Dietmar Quander bleibt zwiegespalten. Er vermisst vor allem das gesellschaftliche Leben und den Zusammenhalt aus dem alten Haidemühl. „Das war ein richtig lebhaftes Dorf früher.“ Man habe sich abends getroffen und unterhalten, ist in die Gaststätte gegangen. „Hier kann man nirgends hingehen.“

 

 

Infos darüber hinaus:

 

Video folgt.

Fotos (iPhone6) verfügbar

Karte des verschwundenen Ortes Haidemühl im Landkreis Spree-Neiße und des neuen Ortes Haidemühl wäre schön

Zusatzinfo:

In Haidemühl wurde von der Degeto ein Polizeiruf gedreht: Wandas letzter Gang.

Weiterführende Links:

Zibb war mit Fotografin Johanna Stiller in Haidemühl unterwegs (gesendet in Woche 06.10.-12.10.2014)

Landstreicher aus Haidemühl, Brandenburg aktuell, 22.06.2014, 19.30h

 

Die Tauben machten den Abschied leichter

Seine Werkstatt und den selbst gebauten Taubenschlag erkennt er jedoch direkt wieder. "Die Gärten waren alle tiptop", erzählt er. Das verwahrloste Grundstück nach so vielen Jahren in diesem Zustand zu sehen, "tut auch ganz schön weh".

Ohne Tiere wäre Dietmar Quander nicht ins neue Haidemühl in Spremberg umgesiedelt: "Erst hätte ich mit den Beinen gestrampelt, wär gar nicht weg oder ins Nachbardorf gezogen, aber ohne Tiere wäre ich nicht hierher gezogen."

Seele ist im alten Dorf geblieben

Heute wäre es ihm lieber, wenn das alte Dorf dem Erdboden gleichgemacht wäre. "Man weiß, wie es früher war und wie es jetzt hier aussieht, schlimm", sagt Quander. "Aber hierfür bin ich ja nun gut entschädigt worden."

Er schätzt sein Eigenheim und die bessere Anbindung an die Stadt. Zudem hat er einen Taubenschlag, von dem er in Alt-Haidemühl nicht einmal geträumt hätte. Allgemein scheinen die Anwohner im neuen Haidemühl weitestgehend zufrieden mit ihren großzügigen Häusern im Neubaugebiet.

Dietmar Quander bleibt zwiegespalten. Er vermisst vor allem das gesellschaftliche Leben und den Zusammenhalt aus dem alten Haidemühl. "Das war ein richtig lebhaftes Dorf früher." Man habe sich abends getroffen und unterhalten, ist in die Gaststätte gegangen. "Hier kann man nirgends hingehen."

Auf der Website www.360lausitz.de finden Sie das komplette ems-Fimprojekt "Auf heißen Kohlen" mit weiteren 360-Grad-Videos.

Beitrag von Jennifer Heck und Mareike Witte

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