Zentrum für Interdisziplinäre Polenstudien an der Europa-Universität Viadrina - Nicht über Polen, sondern mit Polen forschen

Mo 27.01.14 | 16:44 Uhr | Von Raphael Jung

Gerade für Brandenburg ist die Zusammenarbeit mit Polen von besonderer Bedeutung. Doch das Wissen um den Nachbarn ist hierzulande eher lückenhaft, von Sprachkenntnissen ganz zu schweigen. Deshalb wurde an der Frankfurter Europa-Universität Viadrina im Sommer 2011 ein Zentrum für interdisziplinäre Polenstudien ins Leben gerufen. Ein Zentrum für alle Polenforscher, die sich mit juristischen, ökonomischen, politischen und historischen Fragen des Nachbarlands beschäftigen wollen. In Deutschland ist das Zentrum bislang einzigartig.

 

Schriftversion des Audio-Beitrags:

Sprecher: "Selbstverständlich gibt es an der Viadrina viele Forscher, die sich mit Polen beschäftigen. Doch das Zentrum für interdisziplinäre Polenstudien - kurz ZIP genannt - verfolgt einen weiter gehenden Ansatz, sagt Leiterin Dagmara Jajesniak-Quast."

Dr. Dagmara Jajesniak-Quast: "Wir wollen nicht nur über Polen forschen und lernen, sondern auch mit Polen - und die Viadrina ist dafür am besten prädestiniert, weil wir sowohl die Wissenschaftler aus Polen haben, als auch die Studierenden, und wir mit einem Bein in Polen schon da sind."

Sprecher: "Aufgabe des Zentrums ist es, die an der Viadrina vorhandene Polen-Kompetenz in Forschung und Lehre zu bündeln und zu stärken. Unter dem Dach des noch jungen Zentrums arbeiten Historiker, Ökonomen, Juristen, Politikwissenschaftler und Slawisten aus Deutschland, Polen und den USA. Ihr Hauptinteresse gilt Polen im europäischen Kontext. Die Themen sind zum Teil brandaktuell, und stellen in den Bereichen Ökonomie und Recht auch die Frage: Was können wir von Polen lernen?"

Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Tagung am Zentrum für Interdisziplinäre Polenstudien in Frankfurt (Oder)

Dr. Dagmara Jajesniak-Quast: „Polen ist das einzige Land, das während der so genannten Euro-Krise noch Wachstum vorzeigte. Bei einer roten Karte der verschiedenen EU-Länder im Jahr 2009 war nur Polen in grün aufgezeichnet mit einem Wirtschaftswachstum.“

Sprecher: "Was die Polen damals anders gemacht haben, wird derzeit im Zentrum untersucht. Aber auch andere aktuelle Themen wie "Arbeitnehmerfreizügigkeit" und "Demographischer Wandel" haben am Zentrum für Interdisziplinäre Polenstudien ihren Platz. Dass dazu nicht nur Akademiker, sondern auch Akteure aus der Praxis eingeladen werden, versteht sich. Das Zentrum will aber nicht nur neues Wissen über Polen gewinnen, sondern auch die Vernetzung und den Wissenstransfer mit Polenforschern in aller Welt befördern - und zwar durch eine eigene Internetplattform."

Dr. Dagmara Jajesniak-Quast: "Diese Online-Plattform hat die Aufgabe, über Polen-Forschung weltweit zu informieren. Es werden die neuesten Publikationen aus dem Bereich Polen-Forschung gezeigt, Rezensionen zu diesen Publikationen werden verfasst - so wird das Wissen verbreitet, und so wird unser Zentrum natürlich auch sichtbar."

Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Tagung am Zentrum für Interdisziplinäre Polenstudien in Frankfurt (Oder)

Sprecher: "Zudem besitzt das ZIP eine eigene Graduiertenschule. 16 Absolventinnen und Absolventen der Viadrina fertigen hier zurzeit ihre Doktorarbeit an - z.B. über die Harmonisierung von Steuersystemen, rechtliche Fragen bei der Bekämpfung grenzüberschreitender Unternehmenskriminalität, oder die Besonderheiten der polnischen Frauenbewegung. Wer am ZIP promovieren möchte, braucht neben einem überdurchschnittlichen Studienabschluss noch eine weitere Fähigkeit, sagt Jajesniak-Quast."

Dr. Dagmara Jajesniak-Quast: "Die Voraussetzung ist: Alle Leute müssen Polnisch sprechen - natürlich Deutsch und Englisch, das sind unsere Wissenschaftssprachen - und das ist sehr schön, wenn wir hier Meetings machen oder wenn wir uns unterhalten, dann hört man tatsächlich diese Vielfalt der Sprachen. Wir lassen den einen oder anderen immer in der jeweiligen Sprache vortragen."

Beitrag von Raphael Jung

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