Termin am Donnerstag - Woidke sondiert zuerst mit der Linken

Di 16.09.14 | 13:04 Uhr
Landtagswahl Brandenburg 2014: Ministerpräsident Dietmar Woidke im Gespräch mit Christian Görke (l), Spitzenkandidat der Linken © dpa
Bild: dpa - Bildfunk

Der bisherige Koalitionspartner Die Linke ist der erste Ansprechpartner für Brandenburgs SPD in Sachen Regierungsbildung. Am Donnerstag will Ministerpräsident Woidke die Sondierungsgespräche beginnen. Nur einen Tag später ist die CDU an der Reihe. Die Fraktionschefs von CDU und SPD wurden derweil in ihren Ämtern bestätigt.

Die Brandenburger SPD will ihre Sondierungsgespräche mit ihrem bisherigen Koalitionspartner, der Linkspartei, beginnen. Wie Generalsekretärin Klara Geywitz am Dienstag mitteilte, wird das Treffen am Donnerstag stattfinden.

Am Freitag will die SPD dann mit Vertretern der CDU zusammenkommen. Je nach Verlauf sind am Wochenende weitere Gespräche vorgesehen. Am kommenden Dienstag wollen die Sozialdemokraten dann entscheiden, mit welcher der beiden Parteien sie Koalitionsgespräche aufnimmt.

Die Christdemokraten äußern sich bereits zunehmend optimistisch. Man gehe selbstbewusst in die Sondierung, sagte Schierack am Dienstag, "Die Wähler haben am Sonntag ein klares Signal abgegeben, dass die Themen Sicherheit, Bildung und Infrastruktur zukünftig stärker in den Fokus gerückt werden müssen". Für die CDU werden laut in den Gesprächen laut Schierack er selbst sowie Anja Heinrich, Ingo Senftleben und Dieter Dombrowski am Verhandlungstisch Platz nehmen.

Ness und Schierack als Fraktionschefs bestätigt

Zwei Tage nach der Brandenburger Landtagswahl sind die Fraktionen von SPD, CDU und Linker am Dienstag erstmals zusammengetreten. Wahlsieger SPD bestätigte am Vormittag den bisherigen Frakionsvorsitzenden Klaus Ness in seinem Amt. Für den 52-Jährigen stimmten am Dienstag 28 der anwesenden 29 Abgeordneten, einer votierte gegen ihn. Ein Abgeordneter fehlte wegen Krankheit. Ness hatte das Amt 2013 von Ralf Holzschuher übernommen, als dieser nach dem Rückzug von Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) Innenminister geworden war.


Vorsitzender der CDU-Fraktion bleibt Spitzenkandidat und Landesparteichef Michael Schierack. Der 47-Jährige erhielt am Dienstag bei der ersten Fraktionssitzung nach der Wahl 20 von 21 Stimmen - bei einer Gegenstimme. Schierack hatte den Fraktionsvorsitz als Spitzenkandidat im Frühjahr von Dieter Dombrowski übernommen. Dombrowski wurde am Dienstag von der Fraktion als Vizepräsident des Brandenburger Landtags nominiert.

Die Linke startete am Dienstag eine zweitägige Klausur in Schönefeld (Dahme-Spreewald) Landesgeschäftsführerin Andrea Johlige sagte am Montag zum Fraktionsvorsitz: "Es hat sich noch niemand erklärt." Bündnis 90/Die Grünen, AfD und BVB Freie Wähler wollen sich mehr Zeit lassen.

Die Brandenburger SPD war am Sonntag mit 31,9 Prozent (-1,1 Punkte) als stärkste Kraft aus der Landtagswahl hervorgegangen. Woidke kann nun weiter mit dem bisherigen Koalitionspartner, der Linken, zusammenarbeiten, die nur noch auf 18,6 Prozent (-8,6 Punkte) der Stimmen kommen - oder ein neues Bündnis mit der CDU eingehen. Die Christdemokraten hatten sich mit 23,0 Prozent (+3,2 Punkte) auf Platz 2 vorgeschoben.

Und in diese Gespräche will Schierack "optimistisch und sehr ernsthaft" gehen. Es dürften aber durchaus harte Verhandlungen werden, sagte er vor Sitzungen der CDU-Spitzengremien in Berlin. "Unter Wert werden wir uns nicht verkaufen." Die lange zerstrittene Union hat mit 23 Prozent der Stimmen in Brandenburg die bislang mitregierenden Linken überholt. Rot-Schwarz würde "eine deutlich stabilere Regierung werden als mit den Linken", sagte Schierack. Ähnlich äußerte sich Ingo Sentleben, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Landtagskfraktion: Nur mit der CDU sei eine stabile Mehrheit möglich, Rot-Rot sei abgewählt worden, sagte er mit Blick auf die deutlichen Verluste der Linken.

Görke: "Wir werden uns nicht flach hinlegen."

Doch auch die Linken wollen regieren. "Wir haben einen Gestaltungsanspruch für ein soziales Brandenburg", sagte Landesgeschäftsführerin Andrea Johlige - aber sie sagte auch, das schlechte Wahlergebnis habe Einfluss auf einen möglichen Gang in die Regierung.

Spitzenkandidat Christian Görke drückte sich ebenfalls zurückhaltend aus. "Jetzt ist erstmal die Zeit der Sondierungen, da muss man schauen, ob es Schnittmengen gibt", sagte Görke im rbb. "Wir können opponieren, wir können auch regieren", so Görke weiter. "Das Problem war - und das hat sich schon bei den Wahlen in Thüringen und Sachsen gezeigt - dass es immer schwer ist für den kleinen Koalitionspartner die Akzente zu setzen", sagte er mit Blick auf die hohen Einbußen seiner Partei. Abstriche an ihre Bedingungen für eine etwaige Fortsetzung der Koalition will die Linke aber nicht machen. "Wir werden uns da nicht flach hinlegen", sagte Görke am Montag in Berlin. "Wir werden nicht diejenigen sein, die für die CDU den Preis drücken."

Bei den Wählern zeichnet sich keine eindeutige Präferenz für eines der beiden Bündnisse ab: Laut Infratest dimap wünschen sich 46 Prozent eine rot-schwarze Regierung und 45 Prozent eine rot-rote.

Ergebnis, Sitzverteilung und Analysen

Gauland: "Ich glaube nicht, dass wir ein Sammelbecken für die Frustrierten sind"

Wie erwartet ist die Alternative für Deutschland (AfD) neu im Landtag vertreten: Sie holte auf Anhieb 12,2 Prozent der Stimmen (11 Sitze).  "Ich glaube, wir haben ein paar Themen angesprochen, die die Parteien im Landtag nicht mehr thematisieren, weil sie sich davor fürchten und weil sie glauben, dass sie damit die politische Korrektheit verletzen", erklärte Spitzenkandidat Alexander Gauland am Montag im rbb den Wahlerfolg. "Aber die Menschen auf der Straße wollen darauf angesprochen werden und sprechen auch die Politiker darauf an." Gauland nannte konkret die Themen Einwanderung und Asyl, Innere Sicherheit, zu wenig Polizei an der Grenze und in der Fläche.

Im neuen Landtag werden nach seiner Einschätzung die anderen Parteien nicht daran vorbeikommen, sich mit den Themen der AfD zu befassen.  Die AfD habe auch einige Gemeinsamkeiten mit der Linken. Beide Parteien kritisierten, dass 1989/90 vieles in der DDR abgewickelt wurde, was eigentlich gut gewesen sei wie die Ärztehäuser. "Ich glaube nicht, dass wir ein Sammelbecken für die Frustrierten sind, aber es ist richtig, dass ich mich in einem Brief an die linken Wähler gewandt habe, und durchaus an einigen Stellen Gemeinsamkeiten festgestellt habe."

"Lösungen haben sie nicht, aber sie sprechen das aus, was die Leute bewegt", sagte Ministerpräsident Woidke dem rbb über den Wahlerfolg der AfD. "Da haben die demokratischen Parteien sicher auch ein Loch hinterlassen oder sich um bestimmte Probleme nicht so gekümmert, wie es hätte sein müssen. Das müssen wir sehr ernst nehmen." 

Ergebnisse im Detail: Wahlkreise, Landkreise und Bundesland  

Die Grünen mit Spitzenkandidatin Ursula Nonnemacher, die die Forderung nach einem Braunkohle-Ausstieg im Wahlkampf herausstellten, konnten ihr Ergebnis verbessern und kamen auf 6,2 Prozent (+0,5 Punkte). Die FDP verpasste den Einzug in den Landtag – mit einem erwarteten, aber trotzdem bitteren Ergebnis: Nur 1,5 Prozent (-5,7 Punkte) der Stimmen  entfielen auf die Liberalen. Spitzenkandidat und Landes-Vizechef Andreas Büttner und Landeschef Gregor Beyer gaben noch am Wahlabend ihren Rücktritt bekannt.
Überraschend in den Landtag einziehen werden dagegen die BVB/Freie Wähler, auch wenn sie ganz klar unter der Fünf-Prozent-Hürde liegen: Der bekannteste Akteur der Freien Wähler, der frühere SPD-Mann und Flughafen-Rebell Christoph Schulze, gewinnt nach dem vorläufigen Endergebnis das Direktmandat im Wahlkreis 25 (Zossen/Teltow-Fläming). Damit setzt er nach Landeswahlgesetz die Fünf-Prozent-Hürde für die Partei außer Kraft und die BVB/Freien Wähler erhalten drei Mandate.

Wahlbeteiligung auf historischem Tiefstwert

Thema in den nächsten Tagen dürfte neben der Regierungsbildung auch die Wahlbeteiligung sein: Nur 47,9 Prozent der 2,1 Millionen Stimmberechtigten gingen wählen - ein historischer Tiefstwert. Erstmals durften bei der Landtagswahl in Brandenburg auch gut 38.000 Jugendliche ab 16 Jahren wählen, bundesweit eine Premiere in einem Flächenland.

Reaktionen in Berlin und Brandenburg

  • SPD

Mit Informationen von Alex Krämer

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Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke hat allen Grund zur Freude: Seine SPD hat das Wahlergebnis von 2009 gehalten und kann weiter regieren. Aber mit wem? Die CDU hat den jetzigen Koalitionspartner Linke überholt. Und eine neue Partei mischt im Landtag mit: Die AfD - während die FDP den Einzug nicht schaffte.