AfD Brandenburg kommt nicht zur Ruhe - Intrigantenstadl mit Rechtsaußen-Problem

So 19.10.14 | 21:48 Uhr | Von Sascha Adamek
Video: Brandenburg Aktuell | 20.10.2014 | Sascha Adamek

Neuer Ärger bei der Brandenburger AfD: Nach den Skandalen bei der Fraktionsbildung packt ein Insider über Intrigen in der Partei aus. Außerdem vermutet er eine rechte Seilschaft um den Landtagsabgeordneten Steffen Königer, der in der Vergangenheit mit rechten Artikeln von sich reden machte. Von Sascha Adamek

Der AfD-Fraktions-Chef von Märkisch Oderland, Winfried Dreger, glaubte, mit der AfD endlich die liberal-konservative Heimat gefunden zu haben, auf die er lange gehofft hatte. Im Frühjahr wurde er in den Kreistag Märkisch-Oderland gewählt - und erlebt seither das Gegenteil: Erst sperrte sich Landesparteichef Alexander Gauland dagegen, ehemalige SED-Kader von der politischen Arbeit auszuschließen – für den von der Stasi beobachteten früheren DDR-Republikflüchtling Dreger unerträglich. Dann versuchte die Bundespartei auch noch, auf die Personalauswahl der Kreistagsfraktion in Märkisch-Oderland Einfluss zu nehmen. "Gauland rief mich an und sagte, mein Fraktionskollege sei Alkoholiker. Ich sagte ihm, das sei Unsinn. Eine halbe Stunde später rief Frauke Petry aus Sachsen an uns sagte: Wie kannst du einen Alkoholiker zum Chef machen wollen?" Dreger ist sicher, dass beide Spitzenpolitiker keine Schuld trifft, sie seien einfach einer Intrige aufgesessen. Die AfD entwickelt sich auch in Brandenburg zum Intrigantenstadl.

Landeschef Gauland gibt sich ahnungslos: Er habe keine Kenntnis über die Vorgänge in der AFD-Kreistagsfraktion, ließ er seinen Sprecher auf rbb-Anfrage mitteilen.

Rechte Seilschaft in der AfD Brandenburg

Das Fass zum Überlaufen brachte für Winfried Dreger kurz nach der Landtagswahl der AfD-Landtagsabgeordnete Steffen Königer. Der hatte offenkundig dem rechten Kommunalpolitiker Falk Janke vorgeschlagen, dass dieser doch seine eigene Partei "Freiheit Arbeit Werte" aufgeben und sich zu den drei AfD-Abgeordneten im Kreis gesellen könne. Janke habe sich per Mail bei Dreger gemeldet und auf die Absprache mit Königer verwiesen, "hinter dem Rücken der Fraktion".

Dreger will das nun verhindern, denn er vermutet eine rechte  Seilschaft: "Janke geht nicht, der hat mir selbst stolz erzählt, wie er die zwei ehemaligen DVU-Landtagsabgeordneten in eine Fraktionsgemeinschaft im Kreistag eingebunden habe." Bis zum Mai 2014 hatte Janke gemeinsam mit dem ehemaligen Landtagsabgeordneten der rechtsextremen DVU, Michael Claus und dem ehemaligen DVU-Politiker Roland Schulz, eine Fraktion im Kreistag gebildet. Auf sein Konto geht auch die Gründung einer Liste mit dem Namen "Die Rechte" im Jahr 2005.  Wahlspruch: "Mut zur Wahrheit".

Ihm gegenüber habe Janke die DVU sogar als "gar nicht so schlimm" verniedlicht, kritisiert Dreger. Auch habe Janke in Seelow als einziger für die Beibehaltung eines Straßennamen nach dem hochdekorierten Nazi-U-Bootkommandeur Günther Seibicke gestimmt. "So jemanden brauchen wir in der AfD nicht", sagt Dreger.

Neue Vorwürfe gegen den Landtagsabgeordneten Königer

Der Landtagsabgeordnete Steffen Königer gibt sich diesbezüglich gegenüber dem rbb arglos, dabei kennt er Janke immerhin seit zwölf Jahren persönlich. Das wirft die Frage auf, wie weit rechts der ehemalige Redakteur der Wochenzeitung "Junge Freiheit" wirklich steht. Anders als bislang bekannt, schrieb er noch bis 2011 für die rechte Wochenzeitung "Junge Freiheit".  2005  verfasste Königer eine lange Reportage über die Neonazi-Demo von NPD, REP und DVU in Dresden und beschrieb die Angst der Teilnehmer vor "Repressionen".

In anderen Artikeln wetterte Königer gegen die so genannte "Antisemitismuskeule" und dagegen, dass öffentlich-rechtliche Sender am 8. Mai "ihr Programm fast vollständig auf 1945" einstellen: "Hitler hier, Befreiung dort, Holocaust überall." Die Privatsender lobte  er, weil sie "auf die 435. ausführliche Dokumentation zum Untergang des Tausendjährigen Reiches" verzichteten. Der Abgeordnete Königer selbst wollte sich auf rbb-Anfrage zu den Artikeln nicht detailliert äußern.

Gründungsmythos öffnet Partei für rechtsextremes Gedankengut

Auf Facebook machte sich Königer noch vor kurzem mehrfach über den kritischen Umgang mit dem Nazicode 88 in Werbungen lustig. 88 steht in der Neonazi-Szene für "Heil Hitler". Der Antisemitismus-Forscher Gideon Botsch vom Moses-Mendelssohn-Zentrum in Potsdam hält das Wirken Königers für einen klaren Beleg der "rechtspopulistischen Ausrichtung der AfD". Zum Gründungsmythos der Partei gehöre es, angebliche "Denkverbote und –tabus" aufzubrechen. Damit öffne die Partei die Debatte für extrem rechtes Gedankengut, so der Experte.

Als Beispiel kann dabei auch ein Verweis Königers selbst auf das NSdAP-Buch "Glaube an Deutschland" von 1931 dienen, das er in einem Interview mit den "Potsdamer Neuesten Nachrichten" vor der Landtagswahl erwähnte. Das sei ein "kriegsverherrlichendes Buch", sagt Gideon Botsch. Der Autor Hans Zöberlein war überdies für ein Massaker an Zivilisten in Penzberg bei München, die "Penzberger Blutnacht" kurz vor Kriegsende verantwortlich.

Gideon Botsch mag kaum glauben, dass einer wie Königer aus Naivität öffentlich auf ein NS-Buch verweist. So etwas sei eher ein Signal, meint der Experte: "Die AfD hat Rechtswähler ansprechen wollen, und das war ja auch erfolgreich."

Beitrag von Sascha Adamek

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