Konzertkritik | Gisbert zu Knyphausen - Mitsingen für Eingeweihte

Mo 11.02.19 | 08:48 Uhr | Von Magdalena Bienert
Gisbert zu Knyphausen, live am 12.01.18 in der Berliner Columbia-Halle. (Quelle: dpa/POP-EYE)
Audio: Inforadio | 11.02.2019 | Magdalena Bienert | Bild: dpa/POP-EYE

Wer sich sieben Jahre Zeit lässt für ein neues Album, kann damit getrost länger auf Tour gehen. Sänger Gisbert zu Knyphausen bescherte am Sonntag seinen Fans im Kesselhaus in Berlin einen schönen, warmen Abend - ließ Magdalena Bienert aber etwas ratlos zurück.

Es ist einer dieser Sonntagabende im Februar, die wenig Spaß machen, denn es regnet in Strömen. Für einen Gisbert zu Knyphausen-Abend allerdings sind das perfekte Startbedingungen - und auf den ungeübten Knyphausen-Zuhörer wartet sogar eine echte Herausforderung.

Es gibt Bands und Künstler, die reißen einen mit, auch als Nicht-Fan, die machen aus Fremden während des Konzertes Komplizen, rote Wangen und Schwitzflecken sind Zeugnisse friedlicher Eskalation. Bei Gisbert zu Knyphausen herrscht Konzentration statt Eskalation: Das Publikum ist artig wie selten, quatscht nicht oder raucht gar heimlich, bestellt neues Bier genauso leise an der Bar, wie es Zeilen schüchtern mitsingt.

Stille Einigkeit liegt in der Luft

Wahrscheinlich gibt es im kuschlig-vollen Kesselhaus viele, die Knyphausens Musik in Phasen von Liebeskummer gehört haben. Eine stille Einigkeit liegt in der Luft, dass das hier der tiefsinnigste, poetischste und einfach beste Songwriter des Landes ist.

Knyphausen ist ein melancholischer Geschichtenerzähler, ein genauer Beobachter von Beziehungen und keiner, der Themen scheut. Auf seinem dritten Album "Das Licht dieser Welt", mit dem er seit 2017 unterwegs ist, geht's auch mal ums Sterben. Und draußen regnet es immer noch.

Die Becken leuchten wie Vollmonde

Nach einer Stunde - Halbzeit - kommt kurz Leben in die Bude ... bevor die Band, wieder zurückrudert und das Publikum seine Körperbewegungen wieder auf ein Minimum zurückfährt. Schade, denn die Band, auch wenn sie in der blaustichigen Nebeloptik kaum zu sehen ist, spielt hervorragend: Trompete, Posaune, Vibraphone, Bass, Drums, der Sänger wechselt selbst zwischen Gitarre und Klavier. Zirka zehn senkrecht aufgestellte Becken, also die Instrumente, die angestrahlt so warm und golden leuchten und auf den Handyfotos wie Vollmonde aussehen, sind eine tolle Idee. Es ist stimmungsvoll, keine Frage.

Nach zwei Stunden und viel innerer Freude bei den Fans bleibe ich dennoch etwas ratlos zurück. Ich gehöre nicht zum Inner-Knyphausen-Circle, hab mich nie traurig in seinen Songs gebadet, und für Späteinsteiger ist das also eine wirklich schwierige Nummer. Aber, ich kann damit leben und der Künstler ganz sicher auch.

Sendung: Inforadio, 11.02.2019, 06:55 Uhr

Beitrag von Magdalena Bienert

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