Zu Besuch im Atelier - Prignitzer Bildhauer arbeitet für Potsdamer Garnisonkirche

So 03.03.19 | 17:15 Uhr | Von Sandra Fritsch
18.02.2019, Brandenburg, Potsdam: Die nachgebildete Fassade der ehemaligen Garnisonkirche (M) spiegelt sich vor einer Veranstaltung zum Baustart für den Kirchturm in einer Pfütze. (Quelle: dpa/Hirschberger)
Audio: Antenne Brandenburg | 25.02.2019 | Sandra Fritsch | Bild: dpa/Hirschberger

Die Garnisonkirche soll in Potsdam wiederaufgebaut werden, der Schmuck dafür kommt aus der Prignitz: In seinem Atelier arbeitet der Bildhauer Guntram Kretschmar an einem Riesenpuzzle an Elementen für das Turmportal. Von Sandra Fritsch

Der Wiederaufbau der Garnisonkirche in Potsdam ist ein echtes Mammutprojekt. Derzeit wird fast durchgehend am Turm gemauert. Das Wetter spielt mit, und wenn alles so bleibt, könnte bereits im Mai das erste Stockwerk zu sehen sein.

Während in Potsdam am Grundbau geackert wird, steht der Bildhauer Guntram Kretschmar auf seinem Hof in Mügendorf in der Prignitz und bearbeitet große Gipselemente mit einer Raspel. Fast sechs Meter hoch sind die Gebilde. "Das sind sogenannte Lisenen. Das sind flache, handtuchartige Vorsprünge an Gebäudefassaden und darauf ist dann dieser plastische Schmuck", sagt Kretschmar. Das sind zum Beispiel Waffen wie Säbel und Gewehre aus Gips, sogar ein Teil einer Rüstung ist zu sehen. 

Arbeiten nach Fotos und geretteten Bruchstücken

Alles wird fein aus dem Material herausgearbeitet. Rund ein Jahr lang hat der Bildhauer an diesen Plastiken gearbeitet. Als Grundlage dienten ihm historische Fotos, aber nicht ausschließlich: "Kleinere Teile, Bruchstücke, sind ja nach der Sprengung von wie ich denke mutigen Potsdamern aus dem Schuttberg geklaubt worden. Die tauchen jetzt nach und nach wieder auf. Wenn sie denn zur Verfügung gestellt werden, werden sie auch verarbeitet."

Bildhauer Guntram Kretschmar (Quelle: rbb/Sandra Fritsch)
Bildhauer Guntram Kretschmar arbeitet an einem Schmuckelement. | Bild: rbb/Sandra Fritsch

Experten prüfen die Arbeiten

Zwei Originalteile hat der Prignitzer Bildhauer auch in seinem Modell verbaut. "Das ist schon von Vorteil, wenn man sieht, wie der Hieb der Bildhauer zur damaligen Zeit aussah. Man erkennt die Struktur und kann und muss sich daran anlehnen, um dem Original so nah wie möglich zu kommen", erklärt Guntram Kretschmar

Genau das wurde auch immer und immer wieder kontrolliert. In festen Abständen überprüft eine Expertenkommission, bestehend aus Architekten und Kunstwissenschaftlern, die Arbeiten. Kritiken und Änderungswünsche werden von dem Künstler umgesetzt – für Guntram Kretschmar kein großes Problem. Eine viel größere Herausforderung stellte für den Wahlprignitzer vielmehr der Einstieg in die Arbeit dar. "Ich habe nach Fotos und Skizzen gearbeitet - aber teilweise war es gar nicht so einfach, im Detail zu erkennen, was dort abgebildet war. Ein Beispiel: ein seltsamer Haken direkt am Portal. Erst nachdem ich mich länger damit beschäftigt hatte, wurde mir klar, dass das ein sogenannter Hufpick zum Reinigen der Pferdehufe ist. Das ist schon ungewöhnlich."

Nachgebildete Schmuckelemente von Bildhauer Guntram Kretschmar (Quelle: rbb/Sandra Fritsch)
| Bild: rbb/Sandra Fritsch

Der Gips darf nicht frieren

An den großen Elementen, den sogenannten Armaturen, hat Kretschmar das ganze Jahr über draußen gearbeitet - auch im Winter. "Es ist aber auch schön, an der frischen Luft zu sein. Mit der trockenen Luft in Ateliers hatte ich zeitweise deutlich größere Probleme". Der einzige Frostschutz ist ein Sommerpavillion unter einem Vordach. Der ist auch nötig, damit der Gips nicht komplett durchfrieren und kaputtgehen kann.

Jetzt laufen noch kleine Restarbeiten. Linien werden noch einmal klarer nachgezogen. An einigen Stellen wird noch etwas Gips aufgetragen. Aber schon in den nächsten Tagen sollen die Gipsmodelle von einer Firma abgeholt und per Laser eingescannt werden. Auf dieser Grundlage entstehen dann die fertigen Steinelemente. Aber macht das den Künstler stolz?

Zwei bis drei Jahre noch für den Turm

"Ich weiß nicht, ob ich stolz sein kann. Das wird man dann erst sehen, wenn das Gebäude fertig ist. Es ist eine gewisse Zufriedenheit und eine Bestätigung für das handwerkliche Können", so Kretschmar.

In zwei bis drei Jahren soll der Turm mit seiner Aussichtsplattform fertig sein, wenn der bisherige Zeitplan zu halten ist. Ganz unumstritten ist dieser Wiederaufbau nach wie vor nicht. Kritiker lehnen das Projekt vor allem wegen der Militär- und NS-Geschichte der Barockkirche ab.

Sendung: Antenne Brandenburg, 25.02.2019, 16:40 Uhr

Beitrag von Sandra Fritsch

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