Musik-Party in Berlin - So fett war die Fête de la Musique

Sa 22.06.19 | 14:19 Uhr | Von Clara Ehrmann
ARCHIV: Fete de la Musique 2017 im Mauerpark
Audio: Inforadio | 22.06.2019 | Oliver Soos | Bild: imago images / Votos-Roland Owsnitzki

Berlin ist sowieso Deutschlands Party-Epizentrum. Aber vor allem jedes Jahr am 21. Juni. Denn dann steigt die Fête de la Musique – an diesem Freitag zum 23. Mal. An 150 Orten, in 12 Bezirken wurde musiziert. Clara Ehrmann war vor Ort und fand die Fête richtig "fett". 

Am Freitagabend ist das Ufer der Spree gesäumt mit Bühnen und Boxen, natürlich auch am Holzmarkt 25 in Berlin-Friedrichshain. Mitten im Holzdorf spielt gerade die Band Yubo unter einem Zeltdach. Alles ist in goldenes Sonnenlicht getaucht. Vor der Bühne tanzen etwa fünfzig Leute. Besser als sie haben es nur diejenigen, die sich direkt gechillt ans Ufer gelegt haben: Musik im Rücken, Sonne im Gesicht.

Musiker auf dem Holzmarkt bei der Fête de la Musique (Quelle: rbb/Clara Ehrmann)
Party als Protest auf dem Holzmarkt | Bild: rbb/Clara Ehrmann

Die ganze Veranstaltung ist eine Demonstration, allerdings nicht mit Trillerpfeifen und Bannern, sondern mit Livemusik. Für Party und gegen eine Sperrstunde ab 21 Uhr, die der Bezirk Friedrichshain in den letzten Wochen gefordert hat. "Ich fände es schon schade, wenn der Holzmarkt so reglementiert werden würde", sagt Partybesucherin Lina. Aber trotz des Streits bleibe die Stimmung entspannt.

Mitten auf dem Weg begrüßt ein Typ mit gemustertem Neunzigerjahrehemd eine Bekannte. Lange nicht gesehen, dicke Umarmung. Immer mehr Leute drängeln sich auf den Holzmarkt. Die Location hat gestern wieder einmal gezeigt, wie dankbar die Berliner für diesen Ort sind. Der Holzmarkt war das Festival im Festival.

Fête de la Musique vor dem Konzerthaus (Quelle: rbb/Clara Ehrmann)
Gemeinsames Grölen vorm Konzerthaus | Bild: rbb/Clara Ehrmann

Mitgrölen am Gendarmenmarkt

Drei Kilometer Richtung Westen, ist der Weißwein ein paar Euro teurer, aber es ist mindestens genauso viel los. Am Gendarmenmarkt hat die Fête de la Musique um 20 Uhr zum gemeinsamen Singen eingeladen. Zeitgleich soll in so vielen europäischen Ländern wie möglich die "Ode an die Freude" von Beethoven – Europas Nationalhymne – erklingen. Ein Stück europäischer Zusammenhalt auf der Fête de la Musique, die in zahlreichen Ländern begangen wird.  

Eine Passantin versucht mit ihrer Smartphone-Kamera die Masse einzufangen: "Ist das schön, wenn man wie ich aus Versehen in so etwas reinrauscht. Eine richtig tolle Aktion, aber das ist ja sowieso die ganze Fête de la Musique."

Der Kurator der Veranstaltung, Björn Döring, ist überwältigt von den mehreren Hundert Menschen, die sich auf, vor und neben der Treppe des Konzerthauses aufgestellt haben. Er steht mitten drin, ist aber für viele Leute weder zu sehen noch zu hören. "Ich habe noch nie einen Chor geleitet", ruft er der Menge zu. Großes Gelächter folgt. "Aber ich weiß: Chorsingen ist, wenn man 3, 4 zählt und dann fangen alle gemeinsam an."

Und Chorsingen ist eben auch: Aus dem Takt kommen, wieder neu anfangen, Wiederholungen vergessen. All das passiert beim "Singalong" auf dem Gendarmenmarkt, aber den Leuten ist es herrlich egal. Und deshalb wird nicht nur gemeinsam gesungen, sondern auch gemeinsam gelacht.

Nächster Halt: Dancefloor

Während man vor dem Konzerthaus am Gendarmenmarkt steht, wird anderswo gerannt. Der Tram hinterher, mit Plastikbechern in der Hand, aus dem der Zwei-Euro-Wein schwappt. Denn in dieser Party-Tram wird gefeiert, mit DJ und Turntables. Alle fünf Meter hängt eine Box an den Haltestangen. Organisiert hat das Ganze Fritz vom rbb.

Der Dancefloor ist voll. Zur Musik von DJ Salwa Benz tanzen die Gäste zwischen den hässlich gemusterten BVG-Sitzen. Auch die Tänzer merken: In einer Tram ist alles anders. Beim Hochspringen zum Beat, fliegt der ein oder andere schon mal durch die Bahn und landet auf einem fremden Schoß.

Party-Tram bei der Fête de la Musique 2019 (Quelle: rbb/Clara Ehrmann)
Die Party-Tram nimmt auch ganz normale Fahrgäste mit | Bild: rbb/Clara Ehrmann

Die Party-Tram fährt zwischen Hackeschen, Steinberg und Lichtenberg und sammelt dabei auch ganz normale Fahrgäste ein. Die entscheiden sich an der Haltestelle mit offenem Mund manchmal dazu, doch die nächste Bahn zu nehmen, andere merken erst drinnen, was los ist. Das findet auch Partygast Elias lustig. Er ist seit Haltestelle Nummer eins dabei: "Das ist echt sehr witzig, die Leute gucken immer ziemlich verwundert, wenn sie reinkommen. Wir haben aber auch schon einen Typen gesehen, der hat einfach seine Kopfhörer aufgelassen und weiter seine eigene Musik gehört."

Besucherinnen der Fête de la Musique am Holzmarkt (Quelle: rbb/Clara Ehrmann)
Straßen und Plätze sind noch lange voll | Bild: rbb/Clara Ehrmann

Die Tram fährt noch weiter, bis die Sonne schon untergeht. Und auch an vielen anderen Orten in Berlin ist dann noch lange nicht Schluss. Straßen, Bars, Clubs sind voll – auch als nach zehn das Fête de la Musique offiziell eigentlich beendet ist. Aber in Berlin ist das eben allen herrlich egal. Speerstunde? Ist nicht.

Sendung: Inforadio, 22.06.2019, 10 Uhr

Beitrag von Clara Ehrmann

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