Ausstellung in Berlin - Künstler in den Uferhallen haben "Eigenbedarf"

Sa 24.08.19 | 11:33 Uhr | Von Barbara Wiegand
  1
Die Uferhallen in der Uferstraße 8 in Berlin Wedding / Gesundbrunnen. (Quelle: imago images/Spiekermann-Klaas)
Audio: Inforadio | 22.08.2019 | Barbara Wiegand | Bild: imago images/Spiekermann-Klaas

Eigenbedarf und Immobilienverkauf: Angst davor raubt derzeit vielen Berliner Mietern den Schlaf. Auch die Künstler in den Weddinger Uferhallen haben damit zu tun. Sie ergeifen jetzt die Flucht nach vorn und machen eine Ausstellung zum Thema. Von Barbara Wiegand

Was - Für - Wen? So lautet die im Wind wehende Frage, die der Künstler Peter Dobroschke auf Fahnen gedruckt hat. Denn als Zeichen der prekären Berliner Raum-Situation zeigt man Flagge am Eingangstor der Berliner Uferhallen. Eine neue Ausstellung mit dem Titel "Eigenbedarf" widmet sich hier den Turbulenzen am Immobilienmarkt - ganz allgemein und vor Ort.

Diese drei Flaggen mit je drei Buchstaben seien das Minimum gewesen, um eine wichtige Frage zu stellen, sagt Künstler Dobroschke. Die Frage "Was für wen?" koche "das Hochkomplizierte, womit die extrem Stadt zu kämpfen hat, nämlich welche Räume für wen erschlossen werden, auf ein Minimum runter."

Ironischer geht die Künstlerin Antje Blumenstein diese Frage an. Sie hat in der Durchfahrt zum hinteren Bereich des Uferhallen-Geländes eine Kanzel aufgestellt. Diese ist mit Styropor verkleidet, in das üppige, barocke Ornamente geschnitzt sind. Der Fokus liege auf der Fassadenverkleidung, sagt die Künstlerin, auf der Schaffung einer "schönen neuen Welt".

90 Künstler auf 19.000 Quadratmetern

Dobroschke und Blumenstein sind vor neun Jahren hier ans Weddinger Ufer gekommen – auf das ehemalige Betriebsgelände der BVG, das 2006 von der dazu gegründeten Uferhallen-AG gekauft wurde. Sie sind zwei von 90 Künstlern, die sich auf dem 19.000-Quadratmeter-Areal angesiedelt haben.

Die Idee der Ausstellung ist es, die ganze Bandbreite zu zeigen, die sich hier auf dem Gelände versammelt, sagt Kuratorin Isabelle Meiffert: "Es gibt ganz unterschiedliche Kunstbegriffe hier, es wird mit ganz unterschiedlichen Medien gearbeitet. Es gibt teilweise ganz viel Austausch nach draußen, es gibt auch Künstler, die jahrzehntelang hier arbeiten, ohne Austausch mit der Öffentlichkeit zu haben - die hier ab und zu ihre Arbeiten zeigen, die aber dennoch ein beeindruckendes Werk geschaffen haben."

Diese Vielfalt sieht man jetzt in der Ausstellung mit dem passenden Titel "Eigenbedarf", draußen und drinnen, in der hohen, schlauchförmigen Halle. Ausgestellt sind Performances, Interventionen, Videos und Malerei. Es ist eine Vielfalt, die erhalten werden soll - auch nachdem 2017 eine Investorengruppe die Aktienmehrheit kaufte. Der Gruppe gehört auch einer der mit Internet-Unternehmen groß gewordenen Samwer-Brüder an.

In der Ausstellung gibt es künstlerische Gedankenspiele zur Zukunft der Uferhallen: Zum Beispiel ein Modell der "neuen Uferhallen" von Peter Klare, das mit einem in die alten Bestände eingefügten, kreisrunden Einbau alle einbinden will.

Aber es gibt auch konkrete Ängste - vor einer Verdrängung durch steigende Mieten nach der geplanten umfangreichen Sanierung der Hallen. Der Preis sei derzeit tatsächlich die größte Frage, die im Raum stehe, bestätigt Antje Blumenstein; in anderen Dingen sei man sich bereits näher gekommen.  "Wir sind ja bereit, Veränderungen zuzulassen. Es ist klar, wir sind in Berlin und man kann sich nicht hinstellen und sagen: 'Wir möchten, dass alles so bleibt wie es ist'."

Ende des Jahres wird verhandelt

Arbeitsraum bedeute für die Künstler aber natürlich mehr als ein bloßes Atelier, meint Blumenstein: "Es bedeutet auch das gesamte Umfeld, dass wir Lieferverkehr haben, dass wir zum Teil außen arbeiten, dass wir hier Veranstaltungen machen, so wie jetzt." Das müsse man mit einem Investor, der natürlich ganz andere Interessen habe, diskutieren.

Ende des Jahres soll es konkrete Ergebnisse der Verhandlungen zwischen betroffenen Künstlern, Künstlervertretern, dem Land Berlin und den Investoren geben - und die Frage nach dem "Was für Wen?", die am Eingang des Ufergeländes auf Fahnen im Wind flattert, wird dann zumindest für die Uferhallen vielleicht beantwortet sein.

Beitrag von Barbara Wiegand

1 Kommentar

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 1.

    Die Uferhallen-AG wurde übrigens von Künstlern mitgegründet und wollte auch andere Kleinaktionäre beteiligen, damit kein Großinvestor das Gelände übernehmen kann. Das ist offensichtlich gescheitert.

Nächster Artikel

Das könnte Sie auch interessieren

Archivbild - 21.08.2019, Berlin: Menschen tanzen beim Tango Festival im Hauptbahnhof. (Quelle: dpa/Paul Zinken)
dpa/Paul Zinken

Tanzverbot am Karfreitag - Der Wille zur Stille

Die einen sehen darin eine Gelegenheit zum Innehalten, die anderen eine Bevormundung: Am Karfreitag gilt ein generelles Tanzverbot. Berlin hat die liberalste Regelung - in Brandenburg werden nicht einmal Fußballspiele angepfiffen.