Workshop-Aufruf an Berliner Museum - Schülerplakat löst Streit über angebliche Hetzpropaganda aus

Di 17.09.19 | 17:28 Uhr
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Protestplakat "Mieterhöhung" (Quelle: FHXB Museum)
Bild: FHXB Museum

Nach heftiger Kritik an einem Plakatmotiv hat sich der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg am Dienstag gerechtfertigt. Vorwürfe von Seiten der CDU und FDP, das Motiv stachle zur Hetze auf, seien "absurd".

Hetze, Propaganda, Aufruf zur Gewalt: Harsche Kritik haben Politiker von FDP und CDU an einem Veranstaltungsplakat eines Berliner Bezirksmuseums geäußert. Der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Burkard Dregger, kündigte wegen des Motivs am Montag "Strafanzeige wegen Volksverhetzung gegen die Verantwortlichen des Bezirksamts" an.

"Bereiten Sie sich auf die nächste Mietendemo vor!"

Stein des Anstosses war ein Plakat, das das Museum Friedrichshain-Kreuzberg [FHXB-Museum.de] zu einem Workshop-Aufruf veröffentlicht hat. Es zeigt einen holzschnittartig stilisierten Mann mit Zylinder, der ein Schild mit der Aufschrift "Mieterhöhung € € €" trägt. Hinter ihm sind drei Hochhausblocks zu erkennen. Vor dem Mann steht eine kleine rote Figur mit erhobenen Armen, in denen Schwert und Schild angedeutet sind - darunter der Schriftzug: "Kämpft gegen die Gier!"

Aufgerufen wurde mit dieser Illustration zu dem Workshop "Mach dir (d)ein Protestplakat!", bei dem sich Erwachsene und Jugendliche ab 14 Jahren in der Museumsdruckerei mit Holz- und Linolschnitt "an historischen Pressen" ein Plakat basteln sollten. Provokates Motto: "Bereiten Sie sich auf die nächste Mietendemo vor!"

Das Plakat stachle "zur Gewalt gegen Vermieter" auf und bediene sich dabei "der übelsten Machart der Hetzpropaganda von Nazis und sozialistischen Diktaturen", konstatierte Dregger. "So etwas hat nichts im öffentlichen Raum zu suchen." Es sei "skandalös und widerlich, wie das grüne Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg Jugendliche politisch für Propagandazwecke instrumentalisiert".

Auch Stefan Förster, wohnungspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, sah sich durch die "Hetzkampagne gegen private Vermieter in Gestalt des Plakatworkshops [...] an dunkelste Kapitel deutscher Geschichte" erinnert. "Durch das Bedienen von Stereotypen und eine mehr als undifferenzierte Darstellung der privaten Immobilienwirtschaft werden gezielt Feindbilder geschaffen."

Schülerarbeit bei einer anderen Ausstellung

Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg wies die Vorwürfe als "absurd" zurück. Es sei Aufgabe des Museums, Themen aufzugreifen, die die Bürger beschäftigen - und dazu gehöre schon seit dem 19. Jahrhundert auch das Wohnen und "der Kampf für angemessenen bezahlbaren Wohnraum". Die Bürger in Friedrichshain-Kreuzberg seien darüber hinaus besonders streitbare Geister: "Protest und öffentlicher Diskurs (...) gehört zum Selbstverständnis der Friedrichshain-Kreuzberger*innen", hieß es wörtlich aus dem Bezirksamt.

Das Plakat, so Lühmann, sei im Übrigen im Rahmen einer ganz anderen Ausstellung gefertigt worden. "Frieden, Freiheit, Brot! 100 Jahre Revolution – Friedrichshain und Kreuzberg 1918/19", sei das Thema damals gewesen - und der Künstler ein Schüler.

40 Kommentare

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  1. 40.

    Es geht um Inhalte, nicht um Kunststile.
    CDU, FDP, ....„Wir müssen die Sorgen der Bürger ernst nehmen“...
    Nehmt sie endlich mal ernst. Nach der Wahl ist vor der Wahl!

    Die Jugendlichen machen sich Gedanken, wie sie sich mit einem kleinen Anfangsgehalt eine Wohnung leisten können. Eine Familie gründen usw.
    Ein Politiker, der das nicht versteht, sollte eine alte Bahnhofsansage wörtlich nehmen: "Zürücktreten-Bitte!"

  2. 39.

    Sie haben Recht.. Doch wüsste ich nicht, aus welchem Jahrzehnt das Plakat ist, würde ich doch schwer ins grübeln kommen.... Ich kann mich noch gut an die Plakate von John Heartfield (amerikanischer Kommunist?) aus dem Geschichtsbuch erinnern; besonders die Männer, die das Eisen fraßen... (Kaiser, Hindenburg...?).

  3. 38.

    In Kreuzberg nahe Bergmannst. wird eine 52 m2 Wohnung für 1410 € Miete angeboten. Pro Monat, versteht sich. Das sind mehr als 26€ pro m2 . Da passt das Plakat doch wie die Faust aufs Auge ( der Miethaie).

  4. 36.

    Bei genauem Hinschauen doch eher an George Grosz, finde ich. Wenn es an ein Naziplakat erinnern würden, fehlt da die semitische Nase.

  5. 34.

    Genau dieser Aufruf wäre aber das Gebot der Stunde. Friede den Hütten etc.

  6. 31.

    Es gab zur Nazizeit auch andere Publikationen als den "Stürmer".

  7. 29.

    Dann müssen sie entweder blind sein oder die falschen Plakate angeschaut haben.

  8. 27.

    FDP? Was war das gleich noch?

  9. 26.

    Dregger kommt bestimmt noch auf die Idee bei Durchsicht der Tagespresse die dort veröffentlichenden Karikaturisten verfolgen zu lassen. Nach dem farblosen Henkel-Mann versucht er es jetzt mit einer stramm rechten Ausrichtung der CDU. Opa Gauland lacht sich doch in die gichtigen Fäustchen.

  10. 25.

    Och ... getroffene Hunde bellen, sagt eine alte Redewendung. Die CDU hat scheinbar nicht nur keine Ideen für diese Stadt, sondern auch überhaupt nichts zu tun. Und dass demnächst noch besser bezahlt. Oh je.

  11. 24.

    Haben die Damen und Herren Politiker zuviel Langeweile. Ich habe mich 8 Jahre beruflich mit dem Nationalsozialismus und auch mit den Plakaten von damals beschäftigt.
    Stilistisch hat dieses Plakat damit gar nichts zu tun.
    Aber wir schon jemand schrieb... Getroffene Hunde...

  12. 23.

    Gott, ist das lächerlich, was die CDU hier macht. Aber auch gut. Denn sonst wäre ich darauf nie aufmerksam geworden. Ja, Protest gegen den Mietenirrsinn muss sein!

  13. 22.

    Diese Anschuldigungen von CDU und FDP sind unhaltbar. Selten wurden sensible Begriffe derart missbraucht.

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