Kritik | "Don't be evil" an der Berliner Volksbühne - Schöne neue Videowelt

Do 03.10.19 | 13:16 Uhr
Bühnenbild "Don't be evil" (Quelle: Julian Röder)
Audio: Inforadio | 03.10.2019 | Ute Büsing | Bild: Julian Röder

"Don't be evil", lautete bis vor kurzem das offizielle Credo von Google. Wie böse die Nutzer allerdings im weltweiten Netz miteinander umgehen, davon handelt jetzt die gleichnamige Uraufführung an der Berliner Volksbühne. Von Ute Büsing

Es beginnt mit einem Gähnen in Großaufnahme - einer von vielen Kommentaren zum Cyperspace und der alles überwuchernden Kommunikation im Internet. Regisseur Kay Voges setzt den Overkill technisch brillant auf allen Kanälen in Szene, wie von ihm gewohnt. In sechs Videoboxen sitzen Akteure der Generation Youtube und posaunen Unsinn in die weite Welt, die hier nur ein Theatersaal ist.

Abgebildet werden wenig geistreiche Selbstbespiegelungen von Starlets, Radikalveganern, Greta-Thunberg-Hassern und so weiter.

Ein Mädchen im Matrosenanzug fragt angesichts all der Algorithmen-gesteuerten Love-Hate-Fake-Beballerung entgeistert, was das soll und wie es funktioniert. Das erklärt der zweistündige Abend allerdings nicht. Es wird nur das Übel abgebildet, das auch mäßig medienaffinen Menschen bis zum Überdruss bekannt ist.

Kunterbunt und hohl

Ob Voges an eine sinnvollere Nutzung des Netzes glauben möchte, bleibt in seinem Spiegelkabinett der Scheußlichkeiten offen. 

Da wird die live übertragene Datschen-Besetzung eines russisches Pärchens mit blutigem Ende nachgestellt. Die Folgen eines Aufrufs eines amerikanischen Rechtsaußen, den Koran zu verbrennen, werden erzählt. Und es kommt ein Löwe zu Wort, der von einem Zahnarzt in Zimbabwe erschossen wurde.

Voges schöne neue live gefilmte Videowelt ist kunterbunt, laut und mit ziemlich viel hohlem Pathos aufgeladen. Die mediale Überwältigungsmaschinerie läuft auf Hochtouren. Die Aura bleibt auf der Strecke.

Sendung: Inforadio, 03.10.2019, 08:15 Uhr

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