Interview | Modeprofessorin zur Fashion Week - "Berlin muss sich als Modestadt neu erfinden"

Mo 13.01.20 | 13:29 Uhr
Frau mit Smiley auf den kurzen Haaren (Bild: imago images/UPI Photo)
Sendung: Inforadio | 13.01.2020 | Antonella Giannone | Bild: imago images/UPI Photo

Die Berliner Fashion Week, die am Montag startet, ist zwar gut eingeführt, reicht aber an Modeevents in Mailand oder Paris nicht heran. Muss sie auch nicht, meint Modeprofessorin Antonella Giannone. Berlin sollte sich nur stärker zu ihr bekennen.  

rbb: Wie schwer ist es für den Nachwuchs, Mode aus Berlin zu machen?

Antonella Giannone: Es ist schwer. Berlin ist eine andere Modestadt – sie zieht international sehr viele Studierende an, und hier kann man unter vergleichsweise guten Bedingungen studieren. Es wird dann nur schwierig, weiter hier zu bleiben.

Die finanziellen Bedingungen für Kreative, für das Ausüben kreativer Aktivitäten, wird hier in Berlin im Moment immer schwieriger - durch höhere Mieten und durch insgesamt schwierigere finanzielle Bedingungen. Das war vor einigen Jahren noch nicht der Fall. Damals hatte Berlin viel versprochen, unter diesem Gesichtspunkt, eine andere Modestadt zu werden - gerade für den Nachwuchs und für jüngere Menschen.

Aber die Mieten in New York oder Paris sind doch nicht günstiger?

Ja, aber Berlin ist schon eine andere Modestadt. Es ist eine Stadt, die sich mit dieser Identität als Modestadt neu erfinden muss. Berlin hat nicht wie New York oder wie Paris oder Mailand eine große Textil-Industrie hinter sich. Es ist auch sehr schwierig, in Deutschland zu produzieren, deswegen hat Berlin wirklich andere Bedingungen. Aus diesem Nachteil könnte Berlin als Modestadt etwas Neues hervorbringen. Aber es müssen die Bedingungen dafür geschaffen werden, dass diese Internationalität, diese Interkulturalität und diese Diversität, für die auch Berliner Kreativität steht, hier weiterhin betrieben werden können.

Damit sprechen Sie den Senat an. Was sollte der Ihrer Meinung nach tun?

Ich denke, was in Berlin noch fehlt, ist das Bewusstsein, eine Modestadt sein zu wollen - und zwar indem Mode als kulturelles Produkt, als Teil der kulturellen Identität dieser Stadt verstanden wird. Ich denke, es müssen die Bedingungen geschaffen werden, dass es nicht nur zwei Modewochen im Jahr gibt, sondern dass die Aufmerksamkeit auf die Mode kontinuierlich gewährleistet wird.

Die Aktivitäten von Kreativen sollten beobachtet und unterstützt werden, nicht nur in diesen speziellen Momenten des Jahres, wenn die Fashion Week stattfindet. Die Mode braucht dieses Ritual, aber es muss auch in anderen Momenten des Jahres noch mehr passieren.

Es gibt die Fashion Week ja nicht nur in Berlin, sondern auch in den anderen großen Modestädten. Wie steht Berlin international im Vergleich da?

Ich würde sagen, Berlin steht im Vergleich mit anderen Städten wohl aus finanziellen Gründen nicht auf einer Stufe. Aber ich finde, es gibt schon ein großes Interesse im Ausland für diese besondere Modestadt - für diese Modestadt, die nicht für eine bestimmte nationale Identität steht, sondern für Internationalität, für Experimentieren und für Innovation. Ich würde sagen, auf diese Identität müsste Berlin noch mehr aufbauen, um wirklich etwas Eigenes hervorzubringen. Und der Vergleich mit den anderen Städten, die andere historische Hintergründe haben, bringt im Moment nicht viel. Ich denke, man müsste wirklich auf die eigenen Stärken setzen und daraus was machen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Martin Krebbers, Inforadio. Der Text ist eine gekürzte und redaktionell bearbeitete Version. Das Original-Interview können Sie mit Klick auf das Audiosymbol im Aufmacherbild des Artikels nachhören.

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