Konzertkritik | Charlie Cunningham im Heimathafen Neukölln - Nur zwei Zeilen bei Wikipedia und trotzdem ein Star

Di 03.03.20 | 08:58 Uhr
  1
Archivbild: Charlie Cunningham beim Bergenfest 2019 in Norwegen. (Quelle: dpa/Jarle H. Moe)
Audio: Inforadio | 03.03.2020 | Annette Kufner | Bild: dpa/Jarle H. Moe

Der britische Singer-Songwriter Charlie Cunningham wird in Kritikerkreisen als Supertalent gehandelt. Auch Annette Kufner ist hellauf begeistert - sie war am Montagebend beim Konzert im Heimathafen Neukölln.

Wenn man den Namen Charlie Cunningham bei Wikipedia sucht, dann findet man gerade mal zwei Zeilen Text. Komisch, denn der britische Singer/Songwriter spielt in Deutschland längst ausverkaufte Konzerte. Ein ziemlich prominenter Geheimtipp also, der da am Montag im Berliner Heimathafen Neukölln auftrat.

Tausend Mal gesehen und trotzdem neu

Man stelle sich einen Singer/Songwriter vor, mit allem was dazu gehört: schöne Stimme, emotionale Texte, die Akustikgitarre natürlich. Jetzt denke man sich noch das passende Ambiente dazu: Saal mit Parkettboden, Theater-Flair. Der hübsche Mann, Mitte 30, sitzt ganz bescheiden auf der Bühne aus Holz.

Schon mal gesehen? Klar, das gab ja schon tausend Mal. Und Charlie Cunningham reiht sich ein. Von der Stimme her unterscheidet er sich auch kaum von den anderen Sängern seines Genres: Bon Iver, Patrick Watson und wie sie alle heißen. Aber: Was Charlie Cunningham im Heimathafen zeigt, ist trotzdem besonders.

Nachtschichten im Hostel gegen Flamenco-Stunden

Zum Beispiel wie er sein Instrument spielt: Mit den Fingerspitzen tippt Cunningham rhythmisch gegen den Gitarrenkörper. In Sevilla in Spanien hat er zwei Jahre lang Nachtschichten in einem Hostel geschoben. Seinen Lohn hat er für Flamenco-Gitarrenstunden ausgegeben. Das merkt man.

Und dann ist da das Songwriting: Das ist purer Pop und damit angenehm bescheiden. Charlie Cunninghams Musik ist nicht gezwungen experimentell, sondern harmonisch. Einfach, schön - vielleicht ist das der britische Einfluss.

Dabei wichtig: Cunninghams Musik ist nicht melancholisch, wie bei manch einem seiner zeitgenössischen Kollegen. Stattdessen klingen Cunninghams Songs hoffnungsvoll und treibend. Wie eine Energie, die die Zuhörer an den Schultern packt und schüttelt, weil das Leben nämlich gar nicht schlimm, sondern oft sogar ziemlich schön ist - wenn man nur genau hinsieht.

Das Publikum singt zum Geburtstag, der Sänger stimmt ein

Passenderweise hat an diesem Abend im Heimathafen auch noch Cunninghams Schlagzeuger Geburtstag. Die Stimmung ist so gut, dass das Publikum selbst spontan ein Geburtstagslied rausschmettert. Und zwar zur Überraschung des Sängers - der aber dann aber auch einstimmt.

Dann geht das Set weiter. Und ein bisschen ist Cunninghams Musik an diesem Abend wie eine Decke, die sich um die Seele des Publikums legt und wärmt.

Optimismus, der nicht oberflächlich bleibt

Das ist auch die Stärke, die Cunningham in den Heimathafen mitbringt: ein Optimismus, der nicht oberflächlich bleibt, sondern das Publikum packt und mitnimmt. Ans Meer oder in die Sonne. Egal, jedenfalls irgendwohin, wo die Menschen sich wohl fühlen.

Und obwohl die Zuhörer im Heimathafen an diesem Abend dicht gedrängt stehen, weil das Konzert restlos ausverkauft ist, scheint es, als ob alle Anwesenden irgendwo unterwegs sind. Auf einer kleinen ausgedachten Reise.

Und Charlie Cunningham hat's möglich gemacht.

1 Kommentar

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 1.

    Sehr geehrte Frau Kufner,

    als Journalistin wissen Sie es ganz genau: In Wikipedia findet sich das, wozu sich Freiwillige entschlossen haben ihre Zeit zu investieren - je nach Interesse und schreiblichem Vermögen. Sie wissen ganz genau: Wikipedia arbeitet kollaborativ und erhebt selbst KEINEN Anspruch auf Vollständigkeit etc. in irgendeinem Thema. Schon gar nicht in aktuellen. Es gibt viele Autoren, die sich darum MÜHEN.
    Ist Ihnen nicht aufregend genug?

    Was soll dieses Getöse?
    "dann findet man gerade mal zwei Zeilen Text. KOMISCH, denn der britische Singer/Songwriter spielt in Deutschland längst ausverkaufte Konzerte.“
    Ja, KOMISCH. Hat wohl noch keiner seine Freizeit dafür verwendet.
    Wie wäre es, wenn SIE das tun? Da es Ihnen ja offensichtlich fehlt?

    Wenn unwissende Leute so etwas Gehörntes schreiben, na ja, sie wissen es nicht besser ...
    Aber SIE als (eventuell sogar studierte) Journalistin?
    Pfui Egomanie und Sensationslüsternheit.

    Eine Wikipediaautorin

Nächster Artikel

Das könnte Sie auch interessieren