Bedeutender Literaturpreis - Berliner Autorin Helga Schubert gewinnt Bachmannpreis

So 21.06.20 | 12:27 Uhr
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Die deutsche Schriftstellerin Helga Schubert sitzt während der <<44. Tage der deutschsprachigen Literatur>> in einem Garten. Sie hat am Sonntag, 21. Juni 2020 den renommierten Bachmannpreis gewonnen. (Quelle: dpa/ORF)
Bild: dpa/ORF

Die aus Berlin stammende Autorin Helga Schubert hat den Bachmannpreis gewonnen, eine der wichtigsten Auszeichungen der deutschsprachigen Literatur. Dass sie am Wettbewerb überhaupt teilnehmen konnte, war auch ein Ergebnis der Corona-Beschränkungen.

Die gebürtige Berlinerin Helga Schubert (80) hat am Sonntag den renommierten Bachmannpreis gewonnen. Die mit 25.000 Euro dotierte Auszeichnung gilt als einer der wichtigsten Preise für deutschsprachige Literatur. Schubert setzte sich mit einem Text über eine schwierige Mutter-Tochter-Beziehung gegen 13 andere Kandidatinnen und Kandidaten durch.

Der Triumph kam 40 Jahre nach ihrer ersten Einladung zur Teilnahme bei den "Tagen der deutschsprachigen Literatur". 1980 bekam Schubert, die in der DDR lebte, keine Ausreisegenehmigung von der SED-Kulturbehörde. Von 1987 bis 1990 war sie schließlich Mitglied der Jury.

Die 44. Ausgabe fanden dieses Mal wegen der Corona-Pandemie virtuell statt. Die Lesungen der Autoren waren vorher aufgezeichnet, die Jury diskutierte live vom Homeoffice aus.

Schubert gewinnt mit berührender Mutter-Tochter-Geschichte

Schuberts Text "Vom Aufstehen" berührte die Jury. Sie schreibt darin über die Lebenserfahrungen einer Tochter mit ihrer vom Weltkrieg geprägten Mutter. Sie selbst wurde 1940 geboren, der Vater starb ein Jahr später als Soldat.

Der Jury-Vorsitzende Hubert Winkels sprach nach Schuberts Vortrag von einem berührenden Stoff, der mit Raffinement gewebt sei. Der Text transportiere Empathie und Wärme, sagte Jurorin Insa Wilke. "Ich liebe sie", rief der Schweizer Juror und Schriftsteller Philipp Tingler der per Video zugeschalteten Schubert zu.

Hommage an Ingeborg Bachmann

"Ich bin unglaublich glücklich", sagte Schubert, die live im österreichischen Fernsehen zugeschaltet war. Dass der Wettbewerb diesmal virtuell stattgefunden habe, sei für sie ein Segen gewesen: So habe sie zu Hause bleiben und sich um ihren Mann kümmern können. "Ich war dankbar, dass ich auf diese Weise dabei sein konnte", sagte sie.

Schubert verriet, dass ihr Text "Vom Aufstehen" eine Hommage an die Schriftstellerin Ingeborg Bachmann (1926-1973) gewesen sei, zu deren Ehren der Preis ins Leben gerufen worden war. Ihr Text über eine schwierige Beziehung von einer Tochter zu ihrer vom Krieg geprägten Mutter habe zunächst "Das 80. Jahr" geheißen, angelehnt an Bachmanns Erzählungszyklus "Das dreißigste Jahr". Sie habe sich bei der Jury aber nicht anbiedern wollen. Deshalb habe sie den letzten Satz aus Bachmanns Buch genommen ("Steh auf, dir ist kein Knochen gebrochen") und daraus den Titel "Vom Aufstehen" gemacht.

Schubert war Diplompsychologin und seit 1975 Mitglied im Schriftstellerverband. Sie lebte bis 2008 in Berlin und zog dann mit ihrem Mann, dem Psychologen, Maler und Schriftsteller Johannes Helm, nach Nordwestmecklenburg in das Dorf Neu Meteln. Dort eröffneten die beiden für seine Bilder eine Galerie, in der zahlreiche Kulturveranstaltungen stattfinden. Meist moderiert Schubert sie und liest dort auch aus ihren neuen Erzählungen.

Der Bachmannpreis, der an die in Klagenfurt geborene Lyrikerin Bachmann erinnert, gilt als besonders wichtige Würdigung im deutschsprachigen Literaturbetrieb.

Sendung: Inforadio, 21.06.2020, 12:00 Uhr

1 Kommentar

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  1. 1.

    Erinnert sich noch jemand an die "Weltbühne "? Heute ist ein dürftiger Abklatsch unter dem Titel "das Blättchen " geblieben. Vor gut 42, 43 Jahren brauchte man gute Beziehungen zu seinem Stammkiosk, um Helga Schuberts kurzen Text " Meine alleinstehenden Freundinnen " lesen zu können. Wichtiger noch als der so wunderbar den Zeitgeist beschreibenden Text, war, was er anstieß. Eine muntere Debatte über die Art zu leben. Danke dafür.

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