25. Kunstfestival "Rohkunstbau" - Wie Künstler den maroden Charme von Schloss Lieberose nutzen

Sa 27.06.20 | 15:23 Uhr | Von Barbara Wiegand
Rohkunstbau Preview José Noguero (c) Jan Brockhaus
Audio: Inforadio | 27.06.2020 | Barbara Wiegand | Bild: (c) Jan Brockhaus

Kann Kunst zärtlich sein? Die Ausstellungsreihe "Rohkunstbau" geht dieser Frage auf Schloss Lieberose nach. Zu seinem 25. Jubiläum versammelt das Kunstfestival unter anderem Werke von Alicja Kwade und Via Lewandowsky. Barbara Wiegand hat sie angeschaut.

Idyllisch inmitten eines weitläufigen Parks gelegen empfängt einen Schloss Lieberose. Und wenn man am kleinen Teich vorbei über die Wiese auf den einstigen Sitz derer von der Schulenburg zu läuft, dann könnte es sein, dass man sich beobachtet fühlt: von dem ausgestopften Raben, der oben im ersten Stock im Fenster sitzt und wartet.

Vielleicht auf das Unglück, von dem er in vielen Schauergeschichten kündet - oder aber viel romantischer: auf seine Rabenfrau. Schließlich trägt er einen goldenen Ring am Fuß. Und das Thema der diesjährigen Rohkunstbau-Ausstellung auf Schloss Lieberose lautet: "Zärtlichkeit -vom Zusammenleben".

Das Schloss Lieberose (Quelle: dpa/Patrick Pleul)
Ein Park umgibt Schloss Lieberose. | Bild: dpa/Patrick Pleul

"Corona hat das Thema auf die persönliche Ebene gebracht"

"Das, was wir jetzt alle erlebt haben mit der Pandemie, hat das Thema nochmal verschärft", sagt Kuratorin Heike Fuhlbrügge, "und es auf eine sehr persönliche Ebene gebracht." Es gehe in der Ausstellung um die Frage, wie wir gesellschaftlich umgehen mit Gefühlen, mit der Familie, Mitmenschen, Flüchtlingen.

Zusammen wollten die Initiatoren also ein starkes Zeichen setzen – und konnten eine Reihe namhafter Künstler gewinnen mitzumachen, die alle schon bei vorherigen Ausgaben von "Rohkunstbau" dabei waren. Heike Fuhlbrügge war begeistert von der Resonanz der Teilnehmerinnen und Teilnehmer: "Alle waren unglaublich motiviert und haben tolle Arbeiten beigesteuert" - auch weil ihnen die "Rohkunstbau"-Reihe wichtig sei. "Das war eine schöne Aufbruchsstimmung", erinnert sich die Kuratorin.

Zerfließende Spiegel, verschlungene Absperrgitter

Mal spielerisch, mal voller Ernst, mal ironisch, mal unumwunden nähern sich die 20 teilnehmenden Künstler dem Thema an, mit den verschiedensten Mitteln der Kunst: Gemälde, Video, Skulptur. Alicja Kwade etwa hat im Schlosshof einen Betonsockel postiert, darauf ein ausgehöhlter Granitblock, der ganz eng ein blitzendes Metallrohr umschließt. Zärtlich zerfließt dagegen der Spiegel, den sie in einem der Säle drinnen an die Wand gelehnt hat.

Überhaupt wird vieles, was sonst starr ist, ganz weich in dieser Schau: die Straßenlaterne, die Via Levandowsky mitleiderregend am Boden drapiert hat, die unzertrennbar ineinander verschlungenen Absperrgitter von Bettina Pousttchi. Vielfach machen sich dabei die Künstler die Atmosphäre des Ortes zu nutze - den maroden Charme des Verfalls, der das über Jahre unrestaurierte Schloss prägt.

"Kunst und Kultur müssen ein Gegengewicht bilden"

Nicht jedes ihrer Werke ist für die innerhalb kürzester Zeit auf die Beine gestellte Ausstellung neu entstanden. Aber zusammen mit dem Ort ist diese 25. Ausgabe von "Rohkunstbau" ein starkes Statement: voll Melancholie, voll Witz, vor allem voll Lust an diesem Wiedersehen mit der Kunst.

Für Arvid Boellert, Initiator und Organisator von "Rohkunstbau", ist es ein wichtiges Zeichen, dass die Ausstellung trotz Corona 2020 stattfindet, nachdem die Vorjahresausgabe wegen Finanzierungsproblemen ausfallen musste. "Kunst und Kultur müssen ein Gegengewicht bilden und müssen die Fahne hochhalten", sagt er, "auch wenn man von manchen, die eigentlich unterstützen müssten, nicht mehr wahrgenommen wird."

Sendung: Inforadio, 27.06.2020, 07:55 Uhr

Beitrag von Barbara Wiegand

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