Konzertkritik | Barenboim und die Staatskapelle beim Musikfest - Maske, Mozart und Maestro

So 30.08.20 | 10:31 Uhr | Von Maria Ossowski
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Daniel Barenboim und die Staatskapelle beim Musikfest
Audio: Inforadio | 30.08.2020 | Maria Ossowski | Bild: Maria Ossowski

Corona zum Trotz feiert Berlin wie jedes Jahr zum Beginn der Saison das Musikfest. Es sollten Gäste aus aller Welt kommen. Das ist diesmal anders. Ein Fest ist es trotzdem. Samstagabend hat Daniel Barenboim die drei letzten Mozart-Sinfonien dirigiert. Von Maria Ossowski

Normalerweise gehören sie zu jedem Konzert, die Reisebusse gegenüber vom Haupteingang der Philharmonie. Berlin, die Musikmetropole, ist Ziel der Klassikfans aus aller Welt. Aber was ist schon normal in Coronazeiten? Diesmal schwenken ganz andere Reisende nochmal die Reichsfahne, bevor sie in die Busse einsteigen, und verstauen ihre "Merkel muss weg"- Schilder im Kofferraum. Keiner der Demonstranten trägt eine Maske, die Busse sind voll besetzt.

Absurdes Nebeneinander von Musikfest und Demowahnsinn

Direkt daneben warten maskierte Konzertbesucher zum strengen Regiment der Kontrolleure in gebührendem Abstand auf ihr Zeitfenster, um die Philharmonie, getrennt nach verschiedenen Farbmarkierungen, zu betreten. Im Saal bleibt die Hälfte der Reihen wieder leer, drei Viertel der Plätze, die hochgeklappten Sitze sind festgebunden. Es könnte Fassungslosigkeit aufkommen oder Wut bei diesem absurden Nebeneinander von Musikfest und Demowahnsinn.

Der Staatskapelle und Barenboim sei Dank, der Ärger schwindet. Die drei letzten Sinfonien gehören zum Tiefsinnigsten und Schönsten aus dem Mozartschen Werk, melancholisch und heiter, göttlich und sinnlich, bekannt und doch immer wieder neu zu entdecken

Der Klang der Staatskapelle passt zu Mozart

Als Daniel Barenboim die Staatskapelle vor dreißig Jahren das erste Mal dirigierte, zur Probe, um zu schauen, ob er sich binden möchte, da, so erzählt er gern, verliebte er sich in den deutschen Klang des Staatsopernorchesters. Es war jener Klang, den er aus seiner Jugend von den Emigrantenorchestern in Israel kannte. Dieser Sound, dunkel und schlank mit einer großen Spannweite zwischen laut und leise, hat nichts mit Deutschtümelei zu tun, viele jüdische Musiker prägten ihn. Die Staatskapelle hat ihn herrlich kultiviert, er passt zu Mozart.

Zum ersten Mal seit März gemeinsam

Das Orchester hat zum letzten Mal im März gespielt, Carmen, dann kam die Kurzarbeit, viele Musiker haben in der Stadt Hofkonzerte gegeben. Mit den letzten Mozartsinfonien haben 52 von ihnen erstmals wieder gemeinsam musiziert. Die Abstände der Pulte, der Maestro hat sie auf den Proben ein paar Mal verändert und ein kleines bisschen näher gerückt, stören nicht. Die Tempi sind forsch, Barenboim ist gut gelaunt und energiegeladen, der letzte Satz der Jupitersinfonie klingt zum Jubeln oder Niederknien schön.

Der Zauber hält lange, und nicht einmal die letzten versprengten Anticoronademonstranten rund um die Philharmonie und den Potsdamer Platz schaffen es nach diesem Konzert, Mozart aus dem Kopf zu vertreiben.

Beitrag von Maria Ossowski

3 Kommentare

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  1. 3.

    Ein Bericht sagt mehr als eine Kritik. Der deutsche Klang gehört trotzdem dazu. In Zeiten wie diesen muss man zusammenfassen, was auch außerhalb geschieht.

  2. 2.

    Herrlich, endlich wieder die Berliner und nicht ARD, an einem Wochenende. a Mozart evening -- any day und mit
    Barenboim, hakol beseder.
    Bitte weiter so
    recht vielen Dank allerseits und die Musiker.
    Marina Werner

  3. 1.

    Das soll eine Konzertkritik sein? Bis auf den letzten Satz des vorletzten Absatzes lese ich da eine Betrachtung über den Abend in Berlin; zufällig am Ort des Konzertes.

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