Konzertkritik | Die "Erlkings" im Konzerthaus Berlin - Schuberts Schubadoure

Sa 10.10.20 | 13:51 Uhr | Von Hans Ackermann
"The Erlkings" hauchen alten Texten neues Leben ein (Quelle: The Erlkings/Julia Wesely).
Audio: Inforadio | 10.10.2020 | Hans Ackermann | Bild: The Erlkings/Julia Wesely

In ihren Liedern nähern sich "The Erlkings" der deutschen Geschichte mit Wiener Schmäh und amerikanischem Selbstbewusstsein. Schon der Name des Ensembles verrät, was auf dem Programm steht: Lieder von Franz Schubert auf Englisch. Von Hans Ackermann

Das bedrohliche Bassthema aus Schuberts "Erlkönig" bleibt original, aber im englischen Text zeigen sich feine dichterische Unterschiede: "Wer reitet so spät durch Nacht und Wind", heißt es bei Goethe, "The Erlkings"-Sänger Bryan Benner übersetzt die Textstelle mit "Who rides through the night, so late in the wild".

Bryan Benner, geboren in Orlando, Florida, singt Schubert ausschließlich in seiner Muttersprache, auf Englisch. Die Texte von Goethe und Schiller, Heine und Müller hat er aber nicht einfach nur übersetzt, sondern mit Respekt vor den Originaltexten und eigener poetischer Phantasie nachgedichtet.

An den Mond

Auch in "An den Mond", das "The Erlkings"-Schlagzeuger Thomas Toppler mit einem kurzen Vibraphonvorspiel einleitet, schaut Bryan Benner dann melancholisch verträumt in diesen Mond -ganz so, wie man das hochromantische Lied kennt. Doch "The Erlkings" haben für diesen Freitagabend im Konzerthaus Berlin noch eine zweite Fassung des gleichen Liedes ausgesucht. Wenn dabei dann die Begleitung vom hellen Vibraphon zu Ivan Turkaljs dunklem Cello wechselt, meint man ein völlig anderes Lied zu hören - dabei ist der Text derselbe.

Franz Schubert hat um das Jahr 1820 nicht nur "An den Mond" mehrfach vertont, sondern auch andere Lieder in verschiedenen Fassungen hinterlassen. "The Erlkings", die ihre Ausbildung an staatlichen Musikhochschulen absolviert haben, kennen diese Varianten allesamt und wissen auch sonst alles über ihren "Freund Franzl".

Woher dieses Wissen stammt, erzählt Bryan Benner dem Publikum zwischen den Songs: "Wir wohnen wirklich da, wo Schubert gelebt hat. Wo er vor 200 Jahren die gleichen Gassen und gleichen Gasthäuser besucht hat, wo er Musik geschrieben hat und sich mit seinen Freunden getroffen hat. Das inspiriert uns sehr und dadurch finden wir unseren Zugang zu seiner Musik."

Fortsetzung mit Schumann

Wenig akademisch, dafür umso musikantischer präsentieren die vier Wiener Musiker Schuberts zeitlose Lieder, die eine musikalische Frischzellenkur einschließlich englischer Nachdichtung bestens vertragen. Das gilt auch für Lieder mit Texten von Friedrich Schiller. Sein Gedicht "Der Jüngling am Bache" hat Schubert ganz besonders gemocht, was "The Erlkings" am Ende des Abends mit sogar drei Varianten unter Beweis stellen - eine schöner als die andere.

Mit Franz Schubert haben die vier Musiker ihr Projekt vor Jahren begonnen, mit einem anderen großen Romantiker wird es nun fortgesetzt: "The Erlkings - Schumann" [theerlkings.com] heißt ein mit Crowdfunding aufgenommenes Album, das Ende November erscheint.

Auch dort wird unter anderem das Lieblingsgestirn der Romantiker besungen, in Schumanns "Mondnacht". Und wie im Original von Eichendorff reist auch in Bryan Benners Nachdichtung die Seele "durch die stillen Lande", "Out all alone through quiet landscape, as though returning home" - englischer Schumann, den man dann hoffentlich auch im Konzert hören kann.

Beitrag von Hans Ackermann

Nächster Artikel

Das könnte Sie auch interessieren