Online tanzen lernen - Swing für zu Hause

So 22.11.20 | 20:53 Uhr | Von Anna Pataczek
Eine Frau tanzt in ihrem Flur (Bild: imago images/Jan Tepass)
Audio: Inforadio | 18.11.2020 | Anna Pataczek | Bild: imago images/Jan Tepass

Warum nicht zwischen Esstisch und Sofa tanzen? Die Fabrik Potsdam hat seit dem ersten Shutdown ihre Tanzkurse ins Netz verlegt. Macht das Spaß, so ein Swing-Line-Dance-Kurs per Zoom-Schalte? Von Anna Pataczek

Auf dem Laptopbildschirm vor mir hüpfen fünf Frauen federnd von einem Fuß auf den anderen. Vier erscheinen in kleinen Fenstern, eine in einem großen. Das ist Talea Niesel, die Tanzlehrerin. Alle sind zu Hause. Viel Platz braucht man nicht für diesen Kurs, den ich mir aus dem vielfältigen Programm der Fabrik Potsdam ausgesucht habe: Swing Line Dance tanzt man alleine, nicht als Paar und bei den Schrittfolgen bleibt man oft auf einer Stelle. Trotzdem stoße ich immer wieder ans Bett. Erste Lektion: nächstes Mal Wohnzimmer.

Lektion zwei: Beim Swing lerne ich nicht nur Schritte, sondern Vokabeln. "Fishtail", "Shorty George" oder "Vanilla Charleston" - das sind alles Namen von Tanzelementen, die ich in dieser Zoom-Konferenz zum ersten Mal höre. Es ist eine neue Welt, in die ich innerhalb weniger Minuten eingetaucht bin, dank Talea Niesel vor mir auf dem Rechner.

Und dann klopft der Postbote

Talea ist eine junge Frau mit Headset, wippenden Beinen und schnipsenden Fingern. Plötzlich bricht sie ab und wir Tanzenden sehen sie durch die Webcam, wie sie zur Terrassentür geht.

"Ja, kann ich annehmen", murmelt sie, dreht sich zu uns um und lacht. "Der DHL-Bote! Ein Päckchen für die Nachbarn." Solche Zwischenfälle passieren im Tanzstudio auch nicht, das ist Lektion drei.

Wir tanzen zu einem Swing des amerikanischen Jazzers Fats Waller aus den vierziger Jahren. Ich komme in Schwung beim Kicken der Füße, Schlenkern der Arme und den Drehungen. Rechts? Links? Bald verwechsle ich die Füße. Aber egal, das tut so gut! Die Musik, die kurze Ablenkung vom Alltag…

Nicht alle sind so begeistert wie ich dabei. "Wir haben viel Unterstützung und Lob bekommen von unseren Kursteilnehmern", sagt Franziska Merker, die das Kurs- und Workshop-Programm der Fabrik Potsdam leitet. "Aber was die Nutzung der Online-Angebote angeht, gibt es auch einige, die sagen, dass sei nichts für sie." Weil sie das technische Know-How dafür nicht haben, zu Hause einfach nicht tanzen wollen, weil die Kinder daheim sind oder jemand nebenan im Home Office arbeitet.

Talea Niesel (Bild: privat/Angelique Preau)
Bild: privat / Angelique Preau

Sogar die Karibik tanzt mit

Manche haben Bedenken, den Nachbarn auf dem Kopf herumzutanzen. Andererseits hat die Fabrik Potsdam, die ihre Kurse auch schon im Frühjahr beim ersten Shutdown ins Netz verlegt hatte, neue Teilnehmer dazugewonnen. Sogar aus Martinique. "Das ist total verrückt", sagt Franziska Merker, "aber das läuft eben über die Kanäle unserer Kursleiter."

Mein Fazit: Eine Online-Tanzstunde ist kein Ersatz für das Gemeinschaftserlebnis im Studio und das Tanzen im Gleichtakt als Gruppe. Aber online eine kleine Choreografie zu lernen, ist auch ein Erfolgserlebnis. Das geht auch über kleine Bildschirme und hat richtig Spaß gemacht.

Sendung: Inforadio, 18.11.2020, 08:50 Uhr

Beitrag von Anna Pataczek

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