Dokumentation der Nachkriegszeit -
Das Berliner Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung soll nach mehrjährigen Verzögerungen spätestens bis zum Sommer eröffnet werden. Das Datum werde voraussichtlich noch im Januar festgelegt, sagte Stiftungsdirektorin Gundula Bavendamm dem Evangelischen Pressedienst (EPD).
Erinnerung an Vertreibung der Deutschen aus Osteuropa
Der Start der 2008 vom Bundestag ins Leben gerufenen Vertriebenen-Stiftung war in den vergangenen Jahren immer wieder durch personelle und inhaltliche Querelen verzögert worden. Sitz der Stiftung ist künftig ein Erweiterungsbau des Deutschlandhauses am Anhalter Bahnhof. Im Mittelpunkt der Dauerausstellung steht die Vertreibung von bis zu 14 Millionen Deutschen aus Osteuropa infolge des Zweiten Weltkrieges.
Die Erinnerung an die Vertreibung sei "so zeitgemäß wie nie", betonte Bavendamm: "Zum einen ist unsere Gesellschaft jetzt endlich reif, sich diese Institution zu geben." Dies sei überfällig gewesen, "nach den großen Kämpfen der Vergangenheit über eine adäquate Erinnerung an die Vertreibung der Deutschen". Zum anderen stehe das Thema Flucht spätestens seit 2015 wieder auf der politischen Agenda, "bis in unsere Wohnzimmer und Freundeskreise hinein", betonte die Historikerin: "Das ist der Resonanzraum, in den wir uns stellen."
Kontext der NS-Geschichte
Flucht und Vertreibung der Deutschen am Ende des Zweiten Weltkrieges würden dabei in den Kontext der NS-Geschichte und der Geschichte der Zwangsmigrationen des 20. Jahrhunderts gestellt, sagte Bavendamm und trat damit Befürchtungen einer einseitigen Darstellung entgegen.
Um Flucht und Vertreibung historisch zu erfassen, müsse man auch die Hintergründe kennen und wissen, "was vorher passiert ist", sagte Bavendamm: "Dass es einen NS-Staat gegeben hat mit einer rassistischen Ideologie, einer rassistisch-expansiven Außenpolitik, die in einen verbrecherischen Krieg, in Besatzungsherrschaft und am Ende in den Holocaust mündet - das muss man miterzählen."
Das Besondere an der Zwangsmigration der Deutschen sei deren "schiere Größenordnung", sagte Bavendamm weiter: "Wir sprechen von etwa 14 Millionen Menschen. Das ist die größte Gruppe im 20. Jahrhundert, die in Europa von einer Vertreibung betroffen war." Hinzu komme, dass die Deutschen "in den betroffenen Gebieten, die das Deutsche Reich verliert", keine Minderheit, sondern die Mehrheitsbevölkerung gewesen seien.
Sendung: Inforadio, 02.01.2020, 14:00 Uhr