Festival "48 Stunden Neukölln" - Wenn die Arche auf dem Trockenen steht

Fr 18.06.21 | 15:13 Uhr
Im Heimathafen Neukölln steht eine Arche. Sie wurde während des Lockdowns als Teil der Aktion <<Let’s Panic>> gebaut. (Quelle: heimathafen-neukölln.de)
Audio: rbbKultur | 18.06.2021 | Gespräch mit Inka Löwendorf | Bild: heimathafen-neukölln.de

Der Heimathafen Neukölln öffnet nach dem Lockdown gleich mit einer Kampagne - "Let's panic Arche" heißt die Installation im Rahmen des Kulturfestivals "48 Stunden Neukölln". Ein Gespräch über Klimaschutz und Kunst mit der künstlerischen Leiterin.

rbb: Frau Löwendorf, eigentlich ist die Arche ja ein Sinnbild dafür, wie man eine Sintflut überleben kann. Aber diese Arche, die im Heimathafen während des Lockdowns entstanden ist, die steht dann doch eher für einen Trugschluss. Verstehe ich das richtig?

Inka Löwendorf: Ja, die steht auch sehr auf dem Trockenen, muss man sagen, die steht dann im Saal auf dem Trockenen. Es geht um eien Appell: Die Arche war ja dann das letzte Mittel, was noch zur Verfügung stand, als einem das Wasser bis zum Halse stand. Und der Appell ist die Symbolik, uns allen zu sagen: Leute, wir müssen handeln, und zwar nicht über-über-übermorgen. Ich wünsche mir auch immer, dass so eine Zahl drunterstünde, die rückwärts läuft und verdeutlicht, dass die Zeit naht.

Inka Löwendorf, Schauspielerin und Regisseurin; © Carsten Kampf
Inka Löwendorf, künstlerische Leiterin Heimathafen Neukölln | Bild: Carsten Kampf

Also es muss niemand mehr einen SUV kaufen. Es müssen Leute nicht unbedingt überall mit dem Auto hinfahren. Wir können überlegen, ob wir nicht tatsächlich den Eierkarton noch einmal benutzen und die Eier auf dem Markt holen.

Es ist so ein Ding geworden: saisonal und regional einzukaufen. So haben wir es früher gemacht, und das hieß essen. Leute entdecken jetzt für sich, dass man tatsächlich im Dezember nicht Erdbeeren aus China essen muss.

All das sind Dinge, die zu dieser ganzen Pandemie mitgeführt haben und die zu unserem Klimawandel gerade extrem beitragen. Es ist ein absoluter Nonsens, nach Mallorca fliegen zu wollen für weniger Geld als das Benzin kostet, das man braucht, um in die Uckermark zu fahren. Es kann nicht funktionieren.

Darüber steht "Let's Panic", und das ist ja echt mal ein Aufruf. Mit Panik hatten wir in den letzten Monaten ja schon ein bisschen Erfahrung während der Pandemie. Und die Installation soll jetzt die Panik überhaupt nicht dämpfen – ganz im Gegenteil?

Auch bei der Panik übrigens muss man sich überlegen, was da für Konsequenzen gezogen wurden und ob die alle so sinnreich waren. Wenn als erstes Ikea wieder aufmacht - vor den Schulen – weiß ich nicht, ob das die richtige Entscheidung war. Die Panik und die Schnappatmung sollen uns in eine Energie bringen, was zu tun und endlich ins Handeln zu kommen, weil eben nicht noch Zeit ist bis über-über-übermorgen.

Bei uns kannst Du als Besucherin in den Hof kommen, da sind auf unserer Hofbühne Stühle, da kann man sitzen und verweilen. Man kann reingehen und sich die ganze Installation anhören und anschauen und daran auch teilnehmen. Es ist eine begehbare Arche im Saal, und du kannst dir auch Gedanken und uns auch gern Vorschläge machen – denn das passiert ja nur in unserem Austausch miteinander - und erzählen, welches deine Wünsche wären, worauf du verzichten kannst und wo du sagst: Da könnten wir doch auch noch ansetzen. Es ist unser Wunsch, dass alle gemeinsam die Arche ziehen.

In der Installation sind Texte zu hören, zum Beispiel von Karl Ove Knausgard, auch Interviews mit Klimaaktivisten - wie darf ich mir das vorstellen? Kann ich mir die zu jeder Zeit anhören?

Nein, die Texte hörst Du am Samstag um 18:30 Uhr per Kopfhörer oder aus einem Lautsprecher an der Installation. Das Video mit den Interviews, das wir am 12. Juni aufgenommen haben, als der Karneval der Zukunft war, läuft vorn auf der Leinwand. [Karneval für die Zukunft]. Es überschneiden sich manche Sachen, aber je nachdem, wo du im Saal stehst, kannst Du Dir das gut anhören oder näher betrachten.

Am Montag wird auch die Hofbühne wieder eröffnet. Und der Chorverband in der Nachbarschaft. Passiert dort auch was?

Genau. Wir haben eine Hoföffnung, und der Chorverband hat dann auch seine große Öffnung. Das ist natürlich was Wunderschönes. In den letzten Tage haben die in kleinen Gruppen draußen gesungen, und da war dann wieder dieses Leben: Da stehen Menschen draußen und singen und machen Stimmübungen - ich war völlig beseelt und verschossen.

Am Montag wird dann dieses Draußen-Areal wieder einen neuen Start kriegen. Und dann kann man auch abends unser Programm anschauen, da ist alles Mögliche dabei, von der Zaubershow Siegfried und Joy über die Pop-Poeten, die Mittelmeer-Monologe, der Sommerslam, Konzerte - da kommt alles zusammen. Manches muss man vorher buchen, damit wir wissen, wie viele Leute kommen, denn wir haben nur 50 bis 60 Plätze. Und ansonsten gilt aber das Motto: Kommt spontan und sauft für die Kunst.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Anja Herzog, rbb Kultur. Der Text ist eine redigierte, gekürzte Fassung. Das gesamte Gespräch können Sie hören, wenn Sie auf den Play-Button im Titelbild klicken.

Sendung: rbb Kultur, 18.06.2021, 08:10 Uhr

Nächster Artikel