Konzertkritik | "I Zefirelli" bei Potsdamer Musikfestspielen - Händel im Pub

Fr 18.06.21 | 09:06 Uhr | Von Hans Ackermann
Die Gruppe "I Zefirelli" (Quelle: Markus Catenhusen)
Audio: Inforadio | 18.06.2021 | Hans Ackermann | Bild: Markus Catenhusen

Durch pinke Brillengläser blinzelt der Komponist Georg Friedrich Händel derzeit von den Plakaten der Musikfestspiele Potsdam Sanssouci. Ein Festival, das noch bis Ende Juni die Aktualität der Alten Musik beweist. Von Hans Ackermann

Zur barocken Fuge am Bierkrug nippen, bei Guinness oder Stout polyphonen Kontrapunkt genießen - ganz soweit geht es dann doch nicht im Potsdamer Konzertsaal, wenn dort am Abend die sechs Musikerinnen und Musiker von "I Zefirelli" verschiedene Sonaten von Georg Friedrich Händel, Henry Purcell und Arcangelo Corelli aufführen.

Sonaten und Tänze

Neben solchen Werken der Kunstmusik stehen auch folkloristische Tänze auf dem Programm, englische, schottische und irische Folklore, die manchmal schon allein vom Titel her Vergnügen bereitet. "The Mad Buckgoat" etwa, ein störrischer Ziegenbock, der sicher seinen ganz eigenen Tanz aufgeführt und damit um das Jahr 1700 irgendwo auf der britischen Insel einen anonymen Komponisten inspiriert hat.

Aber auch Händels Sonate - mit der Fuge als Schlusssatz - hat an diesem Abend fünf ganz unterschiedliche Sätze zu bieten. Sie werden teils notengetreu gespielt, dann aber auch mit hinzugefügter Perkussion rhythmisch aufgelockert und bekommen auf diese Weise eine andere klangliche Wirkung.

Jenseits von E und U

Ist all das nun barock oder modern, ernst oder vergnügt - die Musik stammt aus einer Zeit, in der man (noch) nicht in "E und U" unterschieden hat und tänzerische Folkore mit höfischer Musik durchaus ein fröhliches Miteinander feiern durfte. Nach diesem Prinzip verbindet auch das Ensemble in seinen Konzerten einfach und unkompliziert beide Welten.

Die barocke Sonate von Arcangelo Corelli etwa hat man in drei Abschnitte eingeteilt - wie der Cembalist des Ensembles, Tilman Albrecht, dem Publikum erklärt: "Wir machen erst eine Improvisation, geben dann eine kurze rhythmische Vorstellung, wie das in Portugal hätte getanzt werden können und dann kommen wir zu Corellis Meisterwerk."

Gemeint ist "La Folia", ein volktümlicher portugiesischer Tanz, über den der italienische Komponist Corelli kunstvolle Variationen geschrieben hat. Im Konzert hört man sie als Teil der Violinsonate, die María Carrasco Gil als Solistin auf der Barockvioline glänzen lässt. Zuvor wird aber auch das zugrundeliegende Tanzmotiv mit größter Freude am Rhythmus vorgetragen.

Exzellenter Schlagzeuger

Hierbei ist der Schlagzeuger des Ensembles, Jeroen Finke, in seinem Element - und immer, wenn er am Klang beteiligt ist, nimmt das ganze Ensemble besonders viel Fahrt auf. Mit Tambourin und Trommel setzt Finke im Hintergrund rhythmische Akzente, die dann auch die Solistinnen und Solisten des Ensembles beflügeln.

Benannt haben sich "I Zefirelli" nach "Zephyros", dem griechischen Gott der Winde. Und tatsächlich bringt das junge Ensemble um die herausragende Potsdamer Blöckflötistin Luise Catenhusen schon seit einigen Jahren frischen Wind in die Alte Musik.

Preiswürdig

Die sechs Absolventen verschiedener Musikhochschulen sind mit ihrem Programm "Mr. Händel im Pub" auch tatsächlich schon in einem echten Pub aufgetreten. Diese Konzert aus der "richtigen" Kneipe, mit dem schwungvollen "Rocky Road to Dublin" am Schluss, kann man sich im Internet anschauen und bei dieser Gelegenheit im Netz auch gleich noch bei einem aktuellen Voting eine Stimme für das junge Ensemble abgeben.

Denn bei den Potsdamer Musikfestspielen Sanssouci bewerben sich die sechs Musikerinnen und Musiker im Wettbewerb mit anderen Ensembles um den Preis eines Liveauftritts beim Festival im nächsten Jahr. Mit ihrer temperamentvollen Vorstellung gehören "I Zefirelli" nun ganz sicher zu den Favoriten.

Sendung: Inforadio, 18.06.2021, 07.30 Uhr

Beitrag von Hans Ackermann

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