Hansa-Viertel und Karl-Marx-Allee - Berlin bewirbt sich um Welterbe mit 50er-Jahre-Architektur

Wie unterschiedlich Städtebau nach dem Zweiten Weltkrieg in Ost- und West-Berlin gedacht wurde, zeigen das Hansa-Viertel und die Karl-Marx-Allee. Mit der Architektur der Nachkriegsmoderne bewirbt sich Berlin jetzt ums Unesco-Welterbe.
Mit zwei Beispielen städtebaulicher Nachkriegsmoderne - eins aus dem Ost-, eins aus dem Westteil der Stadt - will sich Berlin ums Welterbe bewerben. Die deutsche Hauptstadt will die früheren DDR-Wohngebiete an der Karl-Marx-Allee und das Hansa-Viertel im Westen auf der prestigeträchtigen Liste der Unesco unterbringen.
Mit den seit Jahren diskutierten Plänen befasst sich an diesem Dienstag der Senat. "Karl-Marx-Allee und Interbau 1957 - Architektur und Städtebau der Nachkriegsmoderne" soll ins Verfahren für Deutschlands sogenannte "Tentativliste" für die Unesco. Auf dieser Liste werden bundesweit Kulturgüter gesammelt, mit denen sich Deutschland um den Welterbe-Status bewerben will.
Architektonische Zeugen des Kalten Krieges
Die mächtigen Gebäudeensemble an der gut zwei Kilometer langen, heute nach Karl Marx benannten Allee unweit des Alexanderplatzes sind geprägt von sozialistischem Klassizismus und zeigen Anklänge an preußische Architektur.
Das Hansa-Viertel am Rand des Tiergartens steht dagegen für dezentrale Pläne im West-Berlin der Nachkriegszeit mit von Grün umgebenen Wohnblöcken - entworfen von damaligen Star-Architekten wie Walter Gropius, Max Taut oder Oscar Niemeyer im Rahmen der Internationalen Bauausstellung 1957.
Beide Städtebau-Projekte - die Wohngebiete an der damals noch Stalinallee genannten Prunkstraße und das Hansa-Viertel - wurden nahezu gleichzeitig gebaut - und in Konkurrenz zueinander. Als architektonische Zeugen des Kalten Krieges spiegeln sie das Ringen der politischen Systeme um repräsentatives Bauen.
Berlin hofft auf Welterbe-Status für Karl-Marx-Allee und Hansaviertel
Welterbe-Status kommt frühestens 2024
Die weiteren Vorbereitungen für die Bewerbung bei der Unesco nehmen allein auf deutscher Ebene etwa drei Jahre in Anspruch. Werden die strengen Vorgaben erfüllt, könnten die Projekte 2024 als Vorschläge bei der Welterbe-Kommission landen. Die internationale Kulturorganisation Unesco entscheidet nach Kriterien wie zum Beispiel wetweiter Einmaligkeit.
Schneller als Karl-Marx-Allee und Hansa-Viertel könnte die Waldsiedlung Zehlendorf ins Weltkulturerbe aufgenommen werden. Sie soll den bereits von der Unesco anerkannten Welterbe-Komplex "Siedlungen der Berliner Moderne" erweitern. Die nach einem Ausflugslokal auch "Onkel Toms Hütte" genannte Waldsiedlung Zehlendorf entstand zwischen 1926 und 1932. Sie passt aus Berliner Sicht in den schon bestehenden Welterbe-Komplex - durch ihre Nähe zur Gartenstadt-Bewegung und dem Konzept des gemeinnützigen Wohnungsbaus.
Wo Berlin schon Welterbe-Status hat
Bislang zählen dazu sechs Siedlungen, die zwischen 1913 und 1934 in der Hauptstadt errichtet wurden - und damals besonders innovativ waren:
- die Gartenstadt Falkenberg in Treptow
- die Schillerpark-Siedlung im Wedding
- die Hufeisensiedlung Britz in Neukölln
- die Wohnstadt Carl Legien in Prenzlauer Berg
- die Weiße Stadt in Reinickendorf
- die Großsiedlung Siemensstadt
Auf der Unesco-Liste stehen in Berlin außerdem die Museumsinsel sowie die preußischen Schlösser und Gärten im Südwesten der Stadt - ein Welterbe, an dem auch Brandenburg Teil hat unter anderem mit dem Schloss Sanssouci in Potsdam
Sendung: rbbKultur, Nachrichten, 06.07.2021, 9 Uhr