"The Sun Machine is coming down" - Berliner ICC beherbergt zehn Tage lang Kunst-Festival
Das Kongresszentrum ICC ist eines der größten seiner Art, doch genutzt wird es seit Jahren nicht mehr. Das ändert sich nun für zehn Tage, denn die Berliner Festspiele präsentieren dort das Festival "The Sun Machine Is Coming Down". Von Oliver Kranz
Das Gebäude ist selbst ein Kunstwerk. Von außen sieht das Berliner Kongresszentrum ICC aus wie ein überdimensioniertes Raumschiff. Von innen erinnert es an ein Flughafen-Terminal mit seinen Granitböden, Anzeigetafeln und Rolltreppen. Dazwischen erwarten loungeartige Bereiche und für Tausende Personen gedachte Veranstaltungssäle die Business People.
Nun aber ist dort für elf Tage das Kunstfestival "The Sun Machine Is Coming Down". Es werden etwa Filme gezeigt: Theatermitschnitte aus dem Archiv der Berliner Festspiele und der Stoschek Collection, in der es um das Verhältnis des Menschen zum eigenen Körper und dessen Position in der Gesellschaft geht. Hinzu kommen etwa Installationen, Vorträge und Performances.
Auch wenn das ICC kein Kulturzentrum ist, sei es doch ein "durchaus spannender Spielort" sagt Festspiele-Intendant Thomas Oberender: "Jetzt, wo diese riesige Maschine ihre Funktion verloren hat, kann man sie sich schnappen wie eine leere Industriehalle." Allerdings müssten Macher und Teilnehmer des Kunstfestivals beachten, dass das ICC unter Denkmalschutz steht: Weder außen noch innen dürfen Veränderungen vorgenommen werden.
Das ICC - ein idealer Ort für das Jubiläumsprogramm
Oberender berichtet, dass er sich anderthalb Jahre um diesen neuen Spiele-Ort bemüht habe: "Wir wollen das 70. Jubiläum der Festspiele feiern, aber das können wir nicht in unserem eigenen Theater machen, weil dort gebaut wird. Doch wohin konnten wir gehen? Diese Frage führte uns schließlich zum ICC."
Dort gebe es genügend Platz um darzustellen, was sein Haus seit 70 Jahren mache. Filme, Konzerte und Theater-Performances könnten parallel gezeigt werden. Im Foyer dürfe getanzt werden.
Ein Ticket für je drei Stunden Programm
Der Zugang zum Festival berechtigt die Ticket-Besitzer jeweils für ein Zeitfenster von dreieinhalb Stunden, das Programm zu nutzen und daran teilzunehmen: "Es ist ein bisschen was anderes als das übliche Festival, wo man sein Ticket in der Tasche hat und weiß, was zu welcher Zeit beginnt, und man sich das dann abholt. Hier holt man sich ganz viel Unterschiedliches ab.“
Es gibt Séancen, in denen der Geist des Medientheoretikers Friedrich Kittler beschworen wird, eine Beethoven-Performance mit Tino Seghal und Popmusik mit der Berliner Sängerin Nalan.
Das Programm reicht von Avantgarde bis Unterhaltung – ein ziemlich schräger Mix. Doch es gibt ein übergreifendes Thema: "Man könnte es abstrakt als ein Aufeinandertreffen von Körper und Technik beschreiben", erklärt Oberender. Und das sei genau das, wofür das ICC steht, seit es gebaut wurde: "Das ist eine Hochtechnologiemaschine gewesen. Hier gab es die besten Lautsprecher, die beste Videotechnik. Man hat gedacht: So wird die Zukunft sein. Und zehn Jahre später ist die Geschichte schon darüber hinweg gegangen und keinen Menschen hat es mehr interessiert."
Ein erster Test für das ICC
Oberender blickt hierbei vor allem auf den Bedeutungsverlust des ICC nach dem Fall der Mauer. Inzwischen ist es nun schon wieder sieben Jahre geschlossen und die Messe Berlin sieht nach eigenem Bekunden keine Möglichkeit, es wirtschaftlich zu betreiben.
Doch vielleicht hat das Haus ja eine Zukunft als Kulturzentrum. Das Programm "The Sun Machine Is Coming Down" der Berliner Festspiele ist ein erster Test und ein Achtung-Zeichen für die Berliner Politik: Es kann doch wohl nicht angehen, die Architekturikone ICC jahrelang ungenutzt zu lassen!
Sendung: Radioeins, 06.07.2021, 10:20 Uhr