Everdings "Zauberflöte" - Zum 300. Mal spielt die Staatsoper ihren größten Hit

Mi 22.12.21 | 20:51 Uhr | Von Maria Ossowski
Audio: rbbKultur | 22.12.2021 | Maria Ossowski

August Everdings Inszenierung von Mozarts "Zauberflöte" ist ein absoluter Publikumsliebling in der Berliner Staatsoper. Vor Heiligabend findet die fast immer ausverkaufte Vorstellung zum 300. Mal statt. Was macht sie eigentlich so beliebt? Von Maria Ossowski

 

Zum 300. Mal ist sie fast ausverkauft, 300.000 Zuschauer haben sie gesehen, zum 289. Mal hat Katharina Lang aus Friedrichshain die Abendspielleitung dieser legendären Inszenierung. Sie hält sie frisch. 1994 hat sie die Zauberflöte unter der Regie von August Everding mit erarbeitet. "Die Problematik ist immer: Man kann die Zauberflöte sehr philosophisch angehen, dann bleibt aber das – im theatralischen Sinne – Fröhliche außen vor", erklärt sie. "Das hat aber eigentlich in der Zauberflöte das gleiche Gewicht. Der Everding hat das gekonnt." Der habe eine märchenhafte Sache gemacht, die trotzdem Tiefgang habe. "Und ich denke immer, das ist ein bisschen wie im echten Leben. Das geht ja auch nicht nur in eine Richtung. Das ist Everding gelungen in Bilder umzusetzen."

Unter dem samtblauen Sternenhimmel schwebt die Königin der Nacht mit ihren Koloraturen auf einem Mond nach oben. Regisseur August Everding und sein Bühnenbildner Fred Berndt haben sich 1994 an den Dekorations-Zeichnungen orientiert, die der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel für die erste Aufführung der "Zauberflöte" an der Königlichen Oper entworfen hatte.

"Eines der großen Bilder der Operngeschichte"

Chefdramaturg Detlev Giese erzählt über die Entwürfe von 1816: "Das war damals schon ein großer Erfolg und hat die Leute begeistert. Natürlich einmal die Ikonen der Bühnenbildkunst: der Sternenhimmel der Königin der Nacht, den kennt jeder." Das sei gewissermaßen eines der großen Bilder der Operngeschichte, aber auch die Tempel-Szenen etwa, die Pyramiden, die Zeit der Ägyptenbegeisterung des frühen 19. Jahrhundert, was sich da widergespiegelt habe. "Ein klassisches Werk ganz in einem romantischen Geist", so Giese. Die Zauberflöte sei zwar nicht seine einzige Arbeit für die damalige Hofoper unter den Linden, aber dann doch die Wirkungsmächtigste. "Dank solch einer Inszenierung, wie der von August Everding, sind sie bis in die jetzige Zeit transportiert worden."

Eine riesige Herausforderung für die Technik

Die Prüfungen für Tamino und Pamina, für Papageno und seine Papagena laufen ohne Umbauten ab, hintereinander, das Bühnenbild verändert sich pausenlos. Die Zauberflöte an der Staatsoper ist eine riesige Herausforderung für die Technik, aber auch für alle Mitwirkenden. Es gibt eine spezielle Choreografie hinter der Bühne für jede Sängerin, jeden Chorsänger.

August Everding hat viele Zauberflöten inszeniert, sie habe gerne mit ihm gearbeitet, erzählt Katharina Lang: "Der ist auch ein Theatermann durch und durch gewesen", sagt sie. Sie finde toll, dass er mit dem Bühnenbildner Fred Berndt die Schinkel'schen Entwürfe ins Plastische geholt habe. "Bei Schinkel war noch mehr reine Malerei. Es gibt bei uns gebaute, begehbare Teile, die aus dem Entwurf sind, sodass man in dem Bild spielt."

Zur Premiere 1994 nahm der Jubel für die Regie, die Künstler und den Dirigenten Daniel Barenboim kein Ende. Seither atmet das Haus die Zauberflöte mit, so Katharina Lang, denn die Architektur der Staatsoper ist ein Teil der Inszenierung. Nur auf dem Steg, der Passerelle zwischen Orchestergraben und Publikum, dürfen zwar alle spielen, jedoch nicht singen. Das ist, Corona geschuldet, nur auf der Bühne erlaubt. Aber die zeitlose Faszination der Everding'schen Zauberflöte bleibt bestehen, die neuere Inszenierung von Yuval Sharon hingegen entfaltet diesen Zauber nicht. Also: auf in die nächsten 300 Vorstellungen!

Sendung: rbbKultur, 22.12.2021, 16:10 Uhr

Beitrag von Maria Ossowski

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