Heinrich-Schliemann-Ausstellungen in Berlin - Millionär, Genie und Entdecker von Troja

Zum 200. Geburtstag ehrt Berlin seinen Ehrenbürger Heinrich Schliemann mit zwei großen Ausstellungen. Zu sehen sind Stationen seines Lebens zwischen Kaufmann und Archäologie und herausragende Grabungsfunde. Von Maria Ossowski
Heinrich Schliemann war Archäologe, Kaufmann, Sprachgenie, Kosmopolit, Entdecker, Visionär und PR-Profi. Vor 200 Jahren in ärmliche Verhältnisse Mecklenburgs geboren - sein Vater war ein Säufer, die Mutter früh gestorben - hatte sich Schliemann in Amsterdam zum Kaufmann ausbilden lassen und schnell gemerkt, dass Russland ein riesiger Markt ist, aber niemand die Sprache spricht. Er lernte sie. 20 Jahre lebte er in Russland und verdiente mit Indigo-Farbe und Stoffen ein riesiges Vermögen. "Ich gelte hier und in Moskau als der schlaueste, durchtriebenste und fähigste Kaufmann", schrieb Schliemann seinem Vater aus Sankt Petersburg.
Anton Grass, der das Russland-Kapitel der Ausstellung "Schliemanns Welten" in der James-Simon-Galerie und im Neuen Museum in Berlin kuratiert, rechnet zusammen, dass Schliemann zum Ende seiner Zeit in Russland vielfacher Millionär geworden war: "Wenn man das heute in Euro umrechnet, wären das je nach Forschungsstand zwischen 60 und 90 Millionen Euro, die er in der Tasche hatte und mit denen er aus Russland zurückkehrte. Vor ihm standen neue Wege."

Vom umtriebigen Geschäftsmann zum Archäologen
Eine Weltreise führte Schliemann nach Japan und China. Rechnet man alle seine Reisen zusammen, umrundete er die Erde 14 Mal. Zahllose Aufzeichnungen beweisen, wie präzise er nicht nur beobachten, sondern die Dinge auch beschreiben konnte. In der Goldgräberstadt Sacramento noch einmal reicher geworden, konnte Schliemann sich schließlich seiner Passion hingeben: der Suche nach Homers Troja. Auf Umwegen fand er die sagenumwobene Stadt aus dem Altertum, ohne Vorkenntnisse als Archäologe entwickelte er sich von Schürfer zum Ausgräber. Es gab keine methodischen Vorgänger.
Er ließ einen langen Graben anlegen, um in tieferen Erdreichen zu suchen und zerstörte dabei ganze Schichten verschiedener Zeitalter. Er wusste es noch nicht besser. Aber war er deshalb jener rücksichtslose Schatzsucher, als der Schliemann oft beschrieben wurde?
Matthias Wemhoff, Direktor des Berliner Museums für Vor- und Frühgeschichte und Koordinator der Ausstellungen in der James-Simon-Galerie und im Neuen Museum, mag den Begriff des Schatzgräbers nicht. Schliemann sei kein wüster Typ gewesen, dem es immer nur um Gold und Schnelligkeit ging, sagt Wemhoff: "Ich glaube, man wird sehen, dass er jemand ist, der sich als extrem wandlungsfähig in seinem Leben zeigt, der sich auch extrem verändert. Seine ersten Jahre in Troja sind gar nicht zu vergleichen mit seinen weiteren Arbeiten. Es wird deutlich, dass er für die Wissenschaft unglaublich viel gemacht hat", so Wemhoff.
Teile seiner Schätze inzwischen in Russland
Der "Schatz des Priamos" machte Schliemann weltberühmt. Er prozessierte mit dem osmanischen Reich, um ihn ausführen zu können; er beglich die hohen Strafen gleich mehr als doppelt, um weiter zu graben - schließlich durfte er das Gold mitnehmen. 1881 schenkte er es auf Initiative seines Freundes Rudolf Virchow "dem Deutschen Volke zu ewigem Besitze und ungetrennter Aufbewahrung in der Reichshauptstadt".
Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges befindet sich der Schatz in Russland. Trophäenkunst, so wird der Schatz dort genannt und nicht ausgeliehen, auch nicht für die großen Schliemann-Ausstellungen hier.
Diese jedoch werden nach Berlin in Russland gezeigt. Die Ausstellungen "Schliemanns Welten" werden sein Leben erzählen und die vielen Kunstschätze präsentieren, die er ausgegraben hat und die sich im Besitz der Stiftung preußischer Kulturbesitz befinden: Silber, Keramiken und mehr. Berühmt geworden ist er für das Gold, den Schmuck, den er fand und mit dem er seine zweite Frau, eine schöne Griechin, fotografieren ließ. Für Matthias Wemhoff ein Beweis, wie modern Schliemann mit Medien umgehen konnte: "Natürlich wollte er deutlich machen, dass er tatsächlich das Homerische Troja gefunden hat und dazu hat ihm das Gold die Möglichkeit gegeben, die Aufmerksamkeit darauf zu lenken. Aber er beschäftigt sich mit seinen Schriften und was er danach macht, viel mehr mit anderen Objekten."

"Glaube nicht, dass er ein angenehmer Zeitgenosse war"
Heinrich Schliemann ist eine zwiespältige Persönlichkeit gewesen, anmaßend, genial, weder freundlich zu seinen Arbeitern noch zu seinen Ehefrauen. Jedoch entwickelte er sich in der zweiten Hälfte seines Lebens zum großen Forscher und Wissenschaftler. Museumsdirektor Matthias Wemhoff hätte ihn gerne getroffen - "aber ich glaube nicht, dass er ein angenehmer Zeitgenosse war".
Zu sehen sind die Ausstellungen "Schliemanns Welten" vom 13. Mai bis zum 6. November in der James-Simon-Galerie und im Neuen Museum.
Sendung: rbb24, 05.01.2022, 17 Uhr