Kabarettkritik | "Hader on Ice" im Babylon Mitte - Fantasievoll, verstörend und einfach herrlich

Fr 21.01.22 | 10:57 Uhr | Von Simon Brauer
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Josef Hader während der Premiere von "Hader On Ice" in Salzburg (Bild: imago images/Manfred Siebinger)
Audio: Inforadio | 21.01.2022 | Simon Brauer | Bild: imago images/Manfred Siebinger

Josef Hader hat nach 17 Jahren Pause sein neues Kabarettprogramm in Berlin vorgestellt: In "Hader on Ice" geht es ums Älterwerden und Politik - und um die bevorstehende Weltherrschaft der Bäume. Simon Brauer ist begeistert.

Schwarze Schuhe, schwarzer Anzug, schwarzes Slimfit-Hemd. Josef Hader sieht an diesem Donnerstagabend im Babylon in Berlin-Mitte sehr gut aus in seiner Paraderolle als: Josef Hader. Im neuen Programm "Hader on Ice" geht es ums Älterwerden, um Jugendwahn und Alterswahnsinn.

Die Kunstfigur Hader ist in die Jahre gekommen, hat vorher aber gut verdient und kann es sich jetzt gutgehen lassen. Das bedeutet: Raus aus der Großstadt, denn mit den vollbärtigen Café-Latte-Baristas in den hippen Wiener Cafés habe er so seine Probleme, sagt Hader und imitiert gleich einen dieser Kaffee-Kellner: "Oida, du brauchst mich ned so anfahren. Du trinkst immer nur einen Espresso, liest stundenlang alle Zeitungen und am Schluss steckst du auch noch alle Zuckersackln ein."

Paradiesische Provinz

Entschleunigung auf dem Land ist also angesagt. Hader erzählt vom sanierten barocken Pfarrhof, der jetzt sein Zuhause ist - und von der ungewohnten neuen Umgebung, von winzigen Häusern, gedrungenen Kirchen und kleine Ortschaften. "Du stolperst drüber beim Spazierengehen über diese Dörfer. Die Einwohner sind auch klein: 1,20 Meter höchstens. Ganz kleine Menschen. Vielleicht ein vergessenes Volk aus der Zwischeneiszeit."

Überzeugend spielt Hader den selbstverliebten, überheblichen Angeber mit Alkoholproblem. Die politischen Themen, die er dabei bearbeitet, sind die, die bei anderen Kabarettistinnen und Kabarettisten auch vorkommen: Klimawandel, Rassismus, Flüchtlinge auf dem Mittelmeer. Aber der Österreicher liefert keine Schenkelklopfer-Gags, sondern irre Geschichten, die ihn von einer Assoziation zur nächsten tragen - wie die Verschwörungstheorie von der Weltherrschaft der Bäume.

Mit dem unsichtbaren Wolf zum Regenbogen

"Ich mag keine Bäume", sagt Hader. "Die ganzen Pflanzen sind Arschlöcher, die spielen alle verrückt, die Pflanzen sind komplett durchgedreht in meinem Garten. Die wachsen alles zu. Die Pflanzen wollen die Weltherrschaft zurück. Die ganzen Pflanzen sind unterirdisch durch ihre Wurzeln verbunden. Weltweit!"

In seinem fast zweieinhalbstündigen Soloprogramm verbindet Josef Hader virtuos Kabarett mit Show und Schauspiel. Seine Bühnenfigur schreit und schwitzt, geht auf die Knie und singt am Ende zur Stummfilm-Kinoorgel "Somewhere Over The Rainbow" - und zwar mit seinem unsichtbaren Freund, dem Wolf Rudi. "Hader on Ice" - das neue Programm von Josef Hader ist fantasievoll, verstörend und einfach herrlich.

Sendung: Inforadio, 21.01.2022, 6.55 Uhr

Beitrag von Simon Brauer

1 Kommentar

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  1. 1.

    Ich freu‘ mich schon wenn er im März wiederkommt und ich dran bin. Dann in vertrauter Umgebung am Theo.

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