NFTs im Trend - Technologisierte Kunst

Sa 23.04.22 | 12:16 Uhr | Von Karolin Krämer
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Dicht an dicht stehen am Abend des Karsamstag Kunstinteressierte vor dem EIngang zum Kraftwerk Berlin. (Quelle: dpa/Paul Zinken)
Bild: dpa/Paul Zinken

Bilder, Gifs und sogar Tweets: Produkte aus dem Netz werden auf dem digitalen Kunstmarkt als sogenannte NFTs gehandelt. Einer, der seine Kunst mit dieser Art digitaler Wertmarke handelbar macht, ist Holger Lippmann. Von Karolin Krämer

Elektronische Bässe wabern durch die Halle des alten Heizkraftwerks in der Köpenicker Straße, während kreisrunde, bunte Farbschnipsel auf den Monitoren rotierend die Halle zum Leuchten bringen. "Data-Donuts" heißen die animierten Farbkreise des in Berlin und Brandenburg lebenden Netzkünstlers Holger Lippmann.

Tatsächlich erinnern sie ein wenig an buntes Gebäck. Zu sehen sind Lippmanns "Donuts" im Rahmen der Ausstellung "NFT Art Berlin" [brightmoments.io], die von der US-amerikanischen NFT-Galerie Bright Moments organisiert und kuratiert wurde. Digitale Werke von mehr als 40 internationalen zeitgenössischen Künstler:innen wurden hier in den vergangenen Wochen zu Elektro-Musik präsentiert.

NFT steht für Non-Fungible Token, also zu Deutsch nicht austauschbare Wertmarken – sie funktionieren wie eine Art Vertrag, in dem die Besitzverhältnisse festgehalten sind. Anders als bei konventionellen Kunstwerken ist dieses Echtheitszertifikat nicht bei einer Institution oder einem Anwalt hinterlegt, sondern in einem großen Computernetzwerk. Aufgrund der hohen Anzahl dieser Computer gelten NFTs als nahezu unmanipulierbar.

Tausende Kunstwerke mit einem Algorithmus

Elektronische Musik spielt auch in Holger Lippmanns Leben eine entscheidende Rolle. Der 62-Jährige ist Fan. Lippmann hört elektronische Musik nicht nur gern, sondern macht das Digitale auch seit über 20 Jahren zum Mittelpunkt seiner künstlerischen Arbeit. Zwei Jahre lang lebte der aus dem sächsischen Mittweida stammende Künstler Anfang der 1990er Jahre in New York, wo die Netzkunst schon damals in den Galerien präsent war. "Ich wollte Bilder machen, die in dem ästhetischen Ausdruck dieser computergesteuerten Zeit angesiedelt sind."

Dafür lernte Lippmann das Programmieren. Statt mit Pinsel oder Meißel arbeitet der gelernte Bildhauer und Maler heute mit Entwickler-Codes. "Ich mache kein digitales Bild in Photoshop, sondern ich entwickle eine digitale Software, die wie eine Malmaschine funktioniert. Damit kann ich dann ein Bild generieren – mit vielen Algorithmen und Zufällen." Über ein Jahr lang sitzt Lippmann zum Teil an der Entwicklung seiner Software. "Zum Schluss ist das nicht ein Bild, sondern eine Möglichkeit von vielen Bildern", erklärt er. "Das ist sogenannte generative Kunst, aus der man dann eben mehrere Hunderte oder sogar Tausende Kunstwerke kreiert."

Sicherheit durch Blockchains

Früher sah das anders aus. Limitierung hieß dort das Zauberwort. "Als es noch keine NFTs gab, habe ich die Sachen gedruckt und in limitierten Editionen mit Unterschriften verkauft", erinnert sich Lippmann. Wirklich angenommen fühlte er sich als Bildhauer und Maler von der Kunstwelt jedoch nicht. Doch durch die NFTs hat sich das geändert und mit ihnen die Verkaufsmöglichkeiten. "Mit dem NFT ist es nun möglich, dass ich direkt eine jpeg-Datei oder ein mp4-File verkaufe."

Wie auch Kryptowährungen basieren NFTs auf der sogenannten Blockchain-Technologie. Mithilfe der Blockchain können Informationen durch eine von vielen Teilnehmern gemeinsam genutzte Datenbank fälschungssicher übermittelt werden. Kopien sind damit praktisch ausgeschlossen. Ist das Token in der Blockchain gespeichert, wird es einzigartig, unveränderbar und rückverfolgbar. Damit NFTs erworben werden können, benötigen Käufer:innen eine digitale Brieftasche mit Guthaben in der zur Blockchain passenden Kryptowährung.

In der Hollywood-Szene total hip

Dass vor allem seit dem letzten Jahr in Deutschland die Nachfrage nach NFTs zugenommen hat, merkt auch Holger Lippmann: "Das kenne ich so nicht von Grafiken, die ich früher bei Agenturen editiert habe. Da merke ich schon, dass das eine Energie ist, die heute voll einschlägt." Auch große Institutionen in Deutschland, wie die Deutsche Telekom und die Deutsche Welle, widmen sich mittlerweile der digitalen Kunst und entwickelten 2021 erstmals NFTs. "Die Frage ist immer: Was gefällt den Menschen? Oder in welcher Szene sind sie?", merkt Lippmann an. "Wenn man in L.A. in der Hollywood-Szene ist, dann ist es total hip ein NFT zu haben."

Drei NFTs von anderen Künstlern besitzt Holger Lippmann, allerdings ohne dafür ins Krypto-Wallet gegriffen zu haben. "Wir tauschen NFTs untereinander", sagt er. "Das ist eine schöne Geste, die mich an früher erinnert, als wir als Studenten Bilder getauscht haben – einfach so."

Sendung: rbbKultur, 22.04.2022, 11:40 Uhr

Beitrag von Karolin Krämer

5 Kommentare

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  1. 5.

    @Val

    Genau so ist es. Sollte es eine solche Instanz jemals geben, werden dadurch die NFTs überflüssig, da ja die autoritative Instanz in jedem strittigen Fall das letzte Wort haben wird.

    Nicht umsonst steht das Kürzel NFT u.a. für "Not Financially Tenable".

    Die durch NFTs verursachten Umweltsauereien wurden ja bereits erwähnt. Nur so als Maßstab: Der energetische Aufwand zur Erzeugung von NFTs enspricht ziemlich genau dem Aufwand zur Erzeugung von Bitcoins, da eben auch ein ziemlich gleiches Verfahren zur Anwendung kommt.

  2. 4.

    Ein NFT mag “Fälschungsicher” sein in dem Sinne, dass sich der Eintrag in der Blockchain nicht mehr ändern lässt. Nur sagt das überhaupt nichts über reale Besitzverhältnisse aus. Jeder kann ein NFT erstellen, der den Besitz der Mona Lisa verbrieft (einige Spaßvögel haben das auch schon gemacht). Es ist möglich, Verwertungsrechte vertraglich an einen NFT zu koppeln, aber dazu braucht es immer eine vertrauenswürdige Instanz außerhalb der Blockchain, die von allen anerkannt wird.

  3. 3.

    NFTs sind die Telefonkarten von heute. Erinnert sich noch jemand an die "Airbus-Karte"?

  4. 2.

    Das Schreiben über NFTs ohne Erwähnung der Umweltauswirkungen ist unentschuldbar. NFTs sind ein Pyramiden- oder Ponzi-Schema und tragen zum Wert der Kunst nichts bei. Unterstützen Sie Schöpfer, aber unterstützen Sie kein Netzwerk von Drifts, die ökologische Verwüstung hinterlassen.

  5. 1.

    Wieder so eine nutzlose Blase, die niemand braucht und nur einigen Wenigen wieder die Taschen füllen wird. Hoffentlich in wenigen bereits der Treppenwitz des Jahrzehnts, wenn auch die Letze den Scam erkannt hat.

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