Noten für Berlins Bildungssenatorin - "Wäre das ein Zeugnis, würden wir uns gegen die Versetzung von Frau Busse aussprechen"

Mo 04.07.22 | 07:36 Uhr | Von Kirsten Buchmann
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Astrid-Sabine Busse (SPD), Berliner Senatorin für Bildung, Jugend und Familie (Quelle: dpa/Britta Pedersen)
Video: rbb24 | 04.07.2022 | Tobias Schmutzler | Bild: dpa/Britta Pedersen

Willkommensklassen, steigende Schülerzahlen, Pandemie: große Herausforderungen für Berlins Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD). Wie sie jetzt im Amt dasteht, dazu haben ihr Eltern-, Lehrer- und Schülervertreter Noten gegeben. Von Kirsten Buchmann

Für Astrid-Sabine Busse gab es keine Schonfrist. Seit einem guten halben Jahr ist die ehemalige Neuköllner Grundschulleiterin Berlins Bildungssenatorin. Die Corona-Pandemie bleibt eine Daueraufgabe, doch seit Februar muss sich die SPD-Politikerin auch noch darum kümmern, geflüchtete ukrainische Kinder und Jugendliche in den Berliner Schulen unterzubringen.

Mit Blick auf die Willkommensklassen geschafft? "Nicht mal eine Drei" bekomme Busse dafür von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, eine "Drei" vom Landeselternausschuss sowie dem Sprecher des Landesschülerausschusses, Antonio Rosenberger. Er begründet das so: "Es wurde eigentlich auf die Probleme, die es gegeben hat und extrem waren, und auf die kurzfristige Situation angemessen reagiert."

Genügend Schulplätze?

Wie gelingt es der Bildungssenatorin, angesichts der insgesamt steigenden Schülerzahlen genügend Schulplätze bereitzustellen? Wieder erhält sie ein "befriedigend" von Seiten des Schüler- sowie des Elternvertreters.

Kritischer sieht das der GEW-Vorsitzende Tom Erdmann: "Nun hat ja, Frau Busse hat einen ziemlich dicken Berg an Problemen bei der Schulbauoffensive geerbt. Sie kommt leider nicht so in Fahrt, wie wir das gerne hätten. Dieses nur ein, zwei Jahre auf Sicht fahren, daran hat offenbar auch Frau Busse wenig geändert." Seine Note für sie lautet daher, "wahrscheinlich nicht mal mehr 'ausreichend'".

Neue Transparenz

Geht es um die Lehrkräfteausstattung an den Schulen, klaffen die Bewertungen auseinander, wie die Bildungssenatorin politisch agiert. "Ausreichend", sagt der Landesschülerausschuss, "mangelhaft" die GEW. Denn aus ihrer Sicht setze Busse allein auf die Lehrkräfteverbeamtung, um den Mangel zu beheben.

Der Landeselternausschussvorsitzende Norman Heise dagegen schätzt es, dass die Bildungssenatorin im Mai selbst bekannt gab, dass Prognosen zufolge im neuen Schuljahr 920 Stellen unbesetzt bleiben könnten: "Hier sind wir positiv überrascht von der neuen Transparenz, die die Senatsbildungsverwaltung an den Tag legt. Das würden wir gut bewerten, mit einer soliden 'Zwei', auch wenn man natürlich noch mehr tun muss."

Beim Stichwort Schuldigitalisierung hat die Bildungssenatorin aus Schülersicht noch viel aufzuholen. Der Landesschülerausschuss erteilt der Senatorin die Note "fünf", unter anderem weil die digitale Ausstattung je nach Schule sehr unterschiedlich sei. Der Landeselternausschuss vergibt eine "Drei minus", die GEW "maximal eine Vier".

Landesschülerausschuss: nicht versetzen

Auseinander gehen die Bewertungen bei den Stichworten Kommunikation, Fleiß und Durchsetzungsfähigkeit. Mit drei Sechsen bewertet das der Landesschülerausschuss. Elternvertreter Norman Heise sieht Busse auf einer "Drei" bei der Kommunikation und einer Drei plus", was ihren Fleiß als politische Quereinsteigerin angeht. Kein Kommentar kommt von ihm zu ihrer Durchsetzungsfähigkeit. Wie sieht das die Gewerkschaft? "Fünf", lautet die Note der GEW für Kommunikation, Zwei plus" für Fleiß, "nicht mal ausreichend" für Durchsetzungsfähigkeit.

Beim Fazit ist der Landesschülerausschuss am strengsten: "Wir würden uns, wenn das jetzt ein Schulzeugnis wäre, gegen die Versetzung von Frau Busse aussprechen." Der Landeselternausschuss möchte sich erst in einem halben oder in einem Jahr äußern, um zu sehen, wie sich die Senatorin weiterentwickelt. Die GEW findet, über Versetzung oder Nicht-Versetzung müsse der Senat entscheiden.

Audio: rbb24 inforadio, 04.07.2022, 06:40 Uhr

 

Beitrag von Kirsten Buchmann

27 Kommentare

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  1. 27.

    Gebe ich Ihnen Recht, das Niveau ist gesunken und bekannt.
    Liegt aber meiner Meinung auch am Unterricht. Nur noch Projektarbeit, wurde von der Industrie scheinbar angefordert... schreiben lernen sie damit nicht. Kaum Diktate usw.
    Und zum Artikel. Schließe mich vielen hier an. 20 Jahre Misswirtschaft kann Frau Busse nicht in 6 Monaten reparieren.
    Sie tut mir nur leid, genauso wie Herr Habeck. Seit 20 Jahren wollten die Grünen erneuerbare Energien hochfahren, aber nein CDU und FDP fuhren alles runter was ging. Nun jammert die Industrie. Aber sie haben die Gaspolitik bestimmt. Anderes Thema, sorry.

  2. 26.

    In all meinen Jahren die ich bei uns im Betrieb als Ausbilder tätig war, habe ich eines feststellen können, dass bei der überwiegenden Zahl der Azubis von Jahr zu Jahr sowohl in Mathe, Deutsch und in im Bereich der Allgemeinbildung die Kompetenzen immer weiter zurückgingen, teils bei Abiturienten auf einem Niveau der 5./6. Klasse. Das Desaster des Niveaus von Schülern in Berlin ist schon mehr als über zwanzig Jahre bekannt!

  3. 25.

    Anscheinend reicht das in Berlin um als Senatorin "arbeiten" zu können.
    Gut, was erwarten wir nach einer solchen "Wahl" in Berlin, die eine Doktorarbeitkopierende auf den Stuhl der Regierenden Bürgermeisters zu spühlte?
    Letztlich ist es seit Jahren/Jahrzehnten Usus, dass Berlin von Unfähigkeit, Selbstverliebtheit, Arroganz, Geltungssucht regiert wird. Das hat Müller (SPD) etabliert.

  4. 24.

    Jesus ... Was soll denn dieses voreilige mega Bashing gegen diese offensichtlich ganz ehrliche Dame ?! … Ja, ja, ehrlich reicht Euch nicht … Aber kann man ihr mal bitte 6 Monate Einarbeitung und dann noch mal 3 Monate Umsetzungen zubilligen, bevor man permanent auf sie eindrischt … Sie muss ein wichtiges und hochsensibles (es geht um Kinder und Eltern die fast immer nur enttäuscht sind) Amt von den Vorgängern erben, verstehen und dann entwickeln … Das ist nicht profan ... Die leitet und entwickelt nicht den kleinen Kindergarten von nebenan ... Und selbst das ist nicht profan !

  5. 22.

    Wohl dem, der sich dies leisten kann.
    Es ist ein Segen für die Kinder, deren Eltern oder/und Großeltern es finanzieren können.
    SCHADE ist es nur für jene Kinder, deren Familien nicht dazu in der Lage sind.
    Denn die Bildung der Kinder in Berlin ist grottenschlecht.

  6. 21.

    Ich finde nicht, dass Frau Busse besser als ihre Vorgängerin ist.
    Sie schwafelt genauso viel und macht auch NICHTS.

  7. 20.

    … und dem Landesschülerrat würde ich eine 6 in PW geben. Hätten die Knaben im Politikunterricht wirklich etwas gelernt, wüssten sie, daß der Verwaltungstanker Berlin und die Politikerkaste in diesem Land nicht innerhalb eines halben Jahres zu bewegen sind.
    Zur GEW sage ich als Lehrerin gar nichts, weil die Truppe selbst nichts nach vorne bringt. (Die Mitgliederzahlen sprechen dem das Wort.)
    Allein der Landeselternausschuss scheint ein wenig realistischer zu agieren.
    Allen dreien ist gemeinsam, daß sie -wie so oft- die Hau-Drauf-Taktik fahren. Aber wem hilft das?

  8. 19.

    Frau Busse hat sicherlich in den ersten Monaten ihres neues Amtes einige Fehler gemacht, da gibt es kein Vertun. Und sicherlich hat sie völlig unterschätzt, wie wenig Gnadenfrist es für Menschen ohne politische Vorerfahrung in solchen Ämtern gibt. Es fehlt ihr ggf auch Fingerspitzengefühl für politische Fragen, das mag sein. Aber keine Frau Busse oder irgendjemand Anderes kann in wenigen Monaten an den unfassbar vielen Stellen die Weichen wieder korrigieren, die in den letzten zwei Jahrzehnten in der Berliner Bildungspolitik falsch gestellt wurden. Da müssten vielmehr alle Parteien, die in 20 Jahren an Regierungen in Berlin beteiligt waren, mit rotem Kopf auf der Versetzungsbank sitzen. Aber leider wie immer: es war ja irgendwie keiner beteiligt, immer waren es die anderen. Zum Leid unserer Kinder. Setzen - 6!

  9. 18.

    Ich kann Ihnen nicht zustimmen. Die Schulverwaltung meldet einen Finanzbedarf an und der Finanzminister kürzt dieses massiv zusammen. Wenn der staatliche Grundauftrag Bildung ernst genommen werden würde, dürfte dort keine Streichung erfolgen. Was dies nun mit dem Steuerzahler zu tun hat erklären Sie mir.

  10. 17.

    Das größte Berliner Problem heißt "Verwaltung"... Der ist es egal, wer unter ihr regiert und was so versucht wird.
    Das bürokratische Monster, das wir uns zu Westberliner Zeiten als Versorgungseinrichtung geschaffen haben, das beherrscht heute alle Ebenen, das merkt man halt auch in den Schulen.

  11. 16.

    Die ganzen Missstände, die sich im Laufe der letzten Jahre angesammelt haben, kann Frau Busse auch nicht von jetzt auf gleich beheben. Auch kann sie nicht fürs nächste Schuljahr Lehrer nach Berlin locken, weil es diese einfach nicht gibt. Berlin ist nicht das einzige Bundesland mit Lehrermangel.
    Ob der Lehrerberuf attraktiver wird, wage ich zu bezweifeln, denn viele Eltern sehen in der Schule mehr eine Bewahranstalt als eine Bildungseinrichtung.

  12. 15.

    Das stimmt wohl.Besonders merkt man das in der Berliner Abendschau,wobei da die Fragen der Journalisten auch nicht besonders brisant gestellt werden.Dort wird ja eh immer alles etwas weichgespült und der Zuschauer bleibt ratlos zurück.Bitte mehr Biss gegenüber ach so verehrten Senatoreinnen und Senatoren.

  13. 14.

    Ich äußerte schon im Frühjahr/Sommer 2021 meine Skepsis, ob der/die künftige Schulsenator* es besser macht. Natürlich hat Frau Busse ein schweres Erbe übernommen, aber sie war damals eben auch eine der größten/lautesten Kritikerin.
    Nun ist sie " am Hebel" - und nun ... ?! Jetzt merkt sie, daß ihre Praxis ihr leider nicht hilft und gegen den Filz/Machtkämpfe des Berliner Senats nicht ankommt. Schade.
    Bin gespannt auf ihr Statement bei der "Zeugnisübergabe" heute Abend in der rbb24-Abendschau...

  14. 13.

    Hier wird eigentlich nur das zur Verfügung stehende Geld bewertet. Ohne Moos nix los!

  15. 12.

    "Sie" als "wir Bürger" haben einen größeren Einfluss als der Finanzsenator. Der stellt nur bereit... wenn eine Mehrheit einen bestimmten Prozentsatz das will. Wollen Sie dies genau zu Ende denken?

  16. 11.

    "gut lesen, schreiben, rechnen" - wird sich bei Vergleichsarbeiten zeigen...
    "gute Lern-Konzepte" - Wie haben Sie das ermittelt? Bisher konnten keine "Konzepte", wie auch immer geartet, den Anforderungen in Abschluss-Prüfungen mithalten. Nicht mal ansatzweise.
    Richtig ist, dass in kleineren Klassen dem Einzelnen mehr Rechnung getragen werden kann.

    Im Artikel kommen die Schulen selbst nicht zu Wort. Da würde Frau Busse punkten können, wenn Sie der "Verwaltung das Laufen beibringt": Pandemievorbereitung, Zensus lesen und danach planen, digitale Unterrichtsmaterialien zentral einkaufen, Digitalisierung nicht den Schulen überlassen sondern Konzepte erarbeiten, Bürokratieabbau, Wertschätzung und Umgangston usw.

  17. 10.

    Wer eine massive Mitschuld an dem desolaten Zustand der Schulen trägt ist der Finanzsenator. Dort wird einfach nicht mehr Geld zur Verfügung gestellt. Wie stellen sich denn die ganzen Kritiker die Möglichen Optionen ohne Geld vor? Es funktioniert nunmal nicht ohne Investitionen. Aber das ist dem Land Berlin egal.

  18. 9.
    Antwort auf [Marcus] vom 04.07.2022 um 08:37

    Zu wenig Gymnasialplätze. Man kann auch die Starken gezielt schwächen.

  19. 8.

    Wo darf man den LEA bewerten? 6, (ab)setzen!
    Die kleine Elternblase der Fraktion Angst fordert Dinge von der Politik, die die Mehrheit der echten Eltern nicht wollen, unterscheidet nicht zwischen Ober- und Grundschulen (FFP2-/Maskenforderungen) und leugnet den immensen Schaden in der Bildung und psych. Gesundheit der SuS, den die Maßnahmen hinterlassen haben. Zudem kein Blick ins Ausland, das ewige Argument der Nicht-Vergleichbarkeit. Deutsche Überheblichkeit.

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