Noten für Berlins Bildungssenatorin - "Wäre das ein Zeugnis, würden wir uns gegen die Versetzung von Frau Busse aussprechen"

Willkommensklassen, steigende Schülerzahlen, Pandemie: große Herausforderungen für Berlins Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD). Wie sie jetzt im Amt dasteht, dazu haben ihr Eltern-, Lehrer- und Schülervertreter Noten gegeben. Von Kirsten Buchmann
Für Astrid-Sabine Busse gab es keine Schonfrist. Seit einem guten halben Jahr ist die ehemalige Neuköllner Grundschulleiterin Berlins Bildungssenatorin. Die Corona-Pandemie bleibt eine Daueraufgabe, doch seit Februar muss sich die SPD-Politikerin auch noch darum kümmern, geflüchtete ukrainische Kinder und Jugendliche in den Berliner Schulen unterzubringen.
Mit Blick auf die Willkommensklassen geschafft? "Nicht mal eine Drei" bekomme Busse dafür von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, eine "Drei" vom Landeselternausschuss sowie dem Sprecher des Landesschülerausschusses, Antonio Rosenberger. Er begründet das so: "Es wurde eigentlich auf die Probleme, die es gegeben hat und extrem waren, und auf die kurzfristige Situation angemessen reagiert."
Genügend Schulplätze?
Wie gelingt es der Bildungssenatorin, angesichts der insgesamt steigenden Schülerzahlen genügend Schulplätze bereitzustellen? Wieder erhält sie ein "befriedigend" von Seiten des Schüler- sowie des Elternvertreters.
Kritischer sieht das der GEW-Vorsitzende Tom Erdmann: "Nun hat ja, Frau Busse hat einen ziemlich dicken Berg an Problemen bei der Schulbauoffensive geerbt. Sie kommt leider nicht so in Fahrt, wie wir das gerne hätten. Dieses nur ein, zwei Jahre auf Sicht fahren, daran hat offenbar auch Frau Busse wenig geändert." Seine Note für sie lautet daher, "wahrscheinlich nicht mal mehr 'ausreichend'".
Neue Transparenz
Geht es um die Lehrkräfteausstattung an den Schulen, klaffen die Bewertungen auseinander, wie die Bildungssenatorin politisch agiert. "Ausreichend", sagt der Landesschülerausschuss, "mangelhaft" die GEW. Denn aus ihrer Sicht setze Busse allein auf die Lehrkräfteverbeamtung, um den Mangel zu beheben.
Der Landeselternausschussvorsitzende Norman Heise dagegen schätzt es, dass die Bildungssenatorin im Mai selbst bekannt gab, dass Prognosen zufolge im neuen Schuljahr 920 Stellen unbesetzt bleiben könnten: "Hier sind wir positiv überrascht von der neuen Transparenz, die die Senatsbildungsverwaltung an den Tag legt. Das würden wir gut bewerten, mit einer soliden 'Zwei', auch wenn man natürlich noch mehr tun muss."
Beim Stichwort Schuldigitalisierung hat die Bildungssenatorin aus Schülersicht noch viel aufzuholen. Der Landesschülerausschuss erteilt der Senatorin die Note "fünf", unter anderem weil die digitale Ausstattung je nach Schule sehr unterschiedlich sei. Der Landeselternausschuss vergibt eine "Drei minus", die GEW "maximal eine Vier".
Landesschülerausschuss: nicht versetzen
Auseinander gehen die Bewertungen bei den Stichworten Kommunikation, Fleiß und Durchsetzungsfähigkeit. Mit drei Sechsen bewertet das der Landesschülerausschuss. Elternvertreter Norman Heise sieht Busse auf einer "Drei" bei der Kommunikation und einer Drei plus", was ihren Fleiß als politische Quereinsteigerin angeht. Kein Kommentar kommt von ihm zu ihrer Durchsetzungsfähigkeit. Wie sieht das die Gewerkschaft? "Fünf", lautet die Note der GEW für Kommunikation, Zwei plus" für Fleiß, "nicht mal ausreichend" für Durchsetzungsfähigkeit.
Beim Fazit ist der Landesschülerausschuss am strengsten: "Wir würden uns, wenn das jetzt ein Schulzeugnis wäre, gegen die Versetzung von Frau Busse aussprechen." Der Landeselternausschuss möchte sich erst in einem halben oder in einem Jahr äußern, um zu sehen, wie sich die Senatorin weiterentwickelt. Die GEW findet, über Versetzung oder Nicht-Versetzung müsse der Senat entscheiden.
Audio: rbb24 inforadio, 04.07.2022, 06:40 Uhr