Fashionweek im Jahr der Krisen - Erstaunlich zuversichtlich

Fr 09.09.22 | 05:55 Uhr | Von Julia Vissmann
  3
Ein Model präsentiert bei der Show "Aspiring Designers" eine Kreation des Labels Sveason auf der Modemesse Neo.Fashion in den Reinbeckhallen anlässlich der Berlin Fashion Week. (Quelle: dpa/Jens Kalaene)
Audio: rbb Kultur | 09.09.2022 | Torsten Foeste | Bild: dpa/Jens Kalaene

Noch bis Samstag ist Fashionweek in Berlin. Neben Modeschauen befassen sich Talks und Konferenzen mit der Zukunft der Mode. Außerdem wurden über 30 ukrainische Modedesigner:innen eingeladen, um ihre Entwürfe zu präsentieren. Von Julia Vissmann

Seit über 20 Jahren ist Kristina Bobkova erfolgreiche Modedesignerin in Kiew. Olena Selenska, die Frau des ukrainischen Präsidenten trägt Bobkovas edle Hemdkleider bei öffentlichen Auftritten.

Am Anfang des Krieges ist die 47-jährige Designerin mit ihren Kindern nach Marburg geflüchtet. Jetzt hat sie ihre neue Kollektion auf der Berlin Fashionweek gezeigt. Nächste Woche geht es für sie weiter nach New York, danach zur Paris Fashionweek.

Zeichen der Freiheit

In Berlin hat sie mit ihrer Show die neue Location eingeweiht, im gerade frisch renovierten Hotel "Telegrafenamt" in Mitte. Bobkova zeigt ihre lässigen, overseized Hosenanzüge in hellblau und dunkelgrün, dazu lange naturfarbene Strickkleider aus einem Baumwolle- und Seidegemisch. Sie läßt ihre Entwürfe in der Ukraine produzieren, Accessoires wie große goldene Kugeln sind von einem Künstler aus Kiew gestaltet worden, erzählt sie im Interview.

In der Kollektion gehe es um Freiheit, sagt Krisitna Bobkova. "Wir wollen zeigen, dass die Ukraine eine freie Nation ist und wir unsere eigene Kultur und Tradition haben, die wir als Designer schützen müssen", sagt die ukrainische Designerin.

Mode als Waffe gegen den Krieg

Auch der ukrainische Designer Jean Gritsfeldt ist bei der Berliner Fashionweek eingeladen Teile seiner Kollektion zu zeigen. Im Frühjahr hat er mit seiner Modenschau gegen den Krieg demonstriert. Kleider mit einfachen Schnitten hat er mit Wörtern wie "Friede", "Unabhängigkeit" und "Freundlichkeit" bedrucken lassen. Seine Show hat er aus dem Bunker in Kiev verfolgt, da er nicht aus dem Land durfte.

Diesen Sommer ist der 32-Jährige nach Berlin geflüchtet. Mitgebracht hat er eine Party-Kollektion. Schwarze Anzüge mit Glitzersteinen besetzt, an den Ärmeln Fransen aus Lackleder. Er selbst trägt eine Art Glitzer-Netzhemd dazu einen Baumwoll-Einkaufsbeutel mit einem seiner neuen Slogans darauf: "Die Ukraine ist das Schutzschild Europas". Die Taschen könnten auf Demonstrationen gegen den Krieg gleich als Plakate hochgehalten werden, schlägt Jean Gritsfeldt vor.

"Ja sogar meine Taschen schreien laut. Diese Slogantasche ist so eine einfache Idee, aber sie ist so ein gutes Instrument um Menschen daran zu erinnern, auch wenn sie gerade Party machen, dass wir immer daran denken, dass es da jemanden gibt, der deine Hilfe braucht", erklärt Jean Gritsfeldt.

Mode in der Krise

Trotz Krieg und Krise wirken die Modedesigner auf der Fashionweek erstaunlich zuversichtlich. Die Sehnsucht endlich wieder ihre Mode zeigen zu können, überwiegt. Der Berliner Designer William Fan hat seine Sommerkollektion für 2023 in der Partylocation "Tunnel" unter dem Potsdamer Platz präsentiert. Ein langer Mantel aus neongrünem glitzernderden Stoff, ein poppiger pinker Hosenanzug aus Samt mit den Hosentaschen auf der Vorderseite, es erinnert an die 90er Jahre. "Eternity" nennt William Fan seinen neue Kollektion.

Mit dem Begriff Ewigkeit meint er den Moment beim Tanzen, wenn man sich vollkommen frei fühlt. Bis Mitternacht tanzen seine Gäste auf der Modeparty. Gerade in solchen schwierigen Zeiten sei die Mode ein Träger von Optimismus und Hoffnung, sagt William Fan. "Ich finde gerade jetzt wo die Zeit so kostbar ist und man nicht weiß was morgen ist, umso mehr sollte man ästhetisch zelebrieren und dankbar sein."

Nicht alle Designer wollten oder konnten sich eine Teilnahme bei der Fashionweek leisten. Das Programm ist ausgedünnt, nur wenige Schauen finden statt. Dafür gibt es Studios und Ateliers, die mit kleinen Veranstaltungen in der ganzen Stadt Besucher:innen anlocken, wie zum Beispiel Platte.Berlin, ein Laden und eine Plattform in der mit einer Block-Party der subversive Style von ausgewählten Berliner Designer:innen gefeiert wird.

Mode im Berliner Salon

Es geht um die Wertschätzung der Mode als eine künstlerische Ausdrucksform. Das ist auch das Credo der Gruppenausstellung "Der Berliner Salon" an der William Fan teilnimmt. In einem Museumsraum im Kulturforum werden Kollektionen ausgewählter Designer auf Puppen gezeigt wie wertvolle Schätze. Drapiert, als wären es Gäste auf einer Cocktailparty.

Ein Outfit von Dawid Tomaszewski sticht besonders heraus: ein neongrüner Tüllrock mit einer orangefarbenen Corsage. Sogar Supermodel Toni Garrn hat dem Berliner Salon einen Besuch abgestattet und sich von den mutigen Designs inspirieren lassen.

Vogue Chefin Christiane Arp kuratiert seit 2015 den Berliner Salon. Da sei eine neue Generation von Designer:innen herangewachsen, die ihrem Herzen folge, sagt Arp. "Da ist so eine neue Freiheit im Design", die Arp besonders gut gefalle. Eine nachhaltige und faire Produktion wird dabei immer selbstverständlicher.

Mode recyclen

Recycling alter Kollektionen oder biobasierte abbaubare Stoffe, sind Ansätze für eine nachhaltigere Modebranche, die bei der Berliner Modewoche auf der Konferenz "202030 The Berlin Fashion Summit" im alten Kino Colosseum in Berlin Prenzlauer Berg diskutiert werden.

Im Foyer des Kinos hängt eine Auswahl von Upcycling Design-Stücken z.B. von "Fade Out" eine künstlerisch gestaltete rosagefärbte Jeansjacke mit eingearbeitetem Netzstoff oder auch die Bustiers von Melissa Minca gefertigt aus gebrauchten Skihandschuhen oder Herrenschlipsen. Diese Einzelstücke haben ihren Preis. Doch sie helfen Aufmerksamkeit zu erregen für die Notwendigkeit eines nachhaltigen Wandels in der Modeindustrie, sagt Magdalena Schaffrin, die Mitgründerin des "2202030 The Berlin Fashion Summit". Am Ende könne das aber nicht die Lösung sein, sie sehe in der Überproduktion das größte Problem.

"Es sind zu viele Produkte auf dem Markt. Da ist ein Ansatz, dass man mit Recycling rein geht, aber am Ende geht es auch darum, dass einfach weniger produziert wird." Und da sei dann auch die Politik gefragt, sagt die Expertin für Grüne Mode.

Sendung: rbb24 Inforadio, 08.09.2022, 9:00 Uhr

Beitrag von Julia Vissmann

3 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 2.

    Heute war die Härte in Sachen Maskenversagen in der U7 ! 70 Prozent der Versager Frauen , davon 2 edel gestylte Frauen 20+ und 40+ . Die 40+ holt dann auch noch einen Fächer raus weil es in der erfüllten U Bahn so warm ist. Weniger gelernt haben kann frau in den letzten 3Jahren eigentlich nichts.

  2. 1.

    Soll uns das erste Bild zeigen das wir im Winter mit einer Steppdecke durch die Wohnung laufen um nicht zu frieren?

Nächster Artikel