Jüdische Kulturtage in Berlin - Steak-Riese lädt zur koscheren Sause

Sa 10.09.22 | 08:23 Uhr
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Blick in die Synagoge Rykestrasse in Berlin Prenzlauer Berg. (Quelle: dpa/XAMAX)
Bild: dpa/XAMAX

Bei den 35. Jüdischen Kulturtagen gibt es für eine Woche jüdische Kultur in Konzerten, Filmen, Ausstellungen zu erleben. Das Besondere an diesem Jahr ist der Fokus auf Comedy und das große Street-Food-Festival. Von Miron Tenenberg

Zum Anfang der Jüdischen Kulturtage am Samstagabend wird erst einmal gefeiert: Das Opening übernimmt der erfolgreiche israelische Sänger und Netflix-Star Idan Amedi. Danach bringt der als "DJ Number One" gekürte Drummer und Discjockey Tomer Maizner eine seiner legendären Life Percussion Shows auf das ehrwürdige Parkett von Clärchens Ballhaus.

Ausgestattet mit einer kleinen Drum Machine, also einem elektronischen Mini-Schlagzeug, und einem DJ-Setup hat er bereits von Ibiza bis Johannesburg und von New York bis Rio für extatische Nächte gesorgt.

Schwer zu sagen, wer über wen lachen wird

Gute Laune ist den Menschen hinter den Jüdischen Kulturtagen in diesem Jahr besonders wichtig. Mit dem neuen Intendanten Abraham Toubiana, der nach sechs Jahren auf Gerhard Kämpfe folgt, kommt auch ein humoristischeres Programm: "Ich möchte das anbieten, was ich selber gerne mag!" Das überrascht nicht, wenn man weiß, dass der 45-jährige Kulturmanager neben seinen Berufen als KFZ-Mechaniker und Schauspieler auch bereits als Comedian seine Witze auf der Bühne zum Besten gab.

Der jüdische Humor sei ihm besonders wichtig, betont Toubiana: "Denn wir wollen von dieser Totenkultur weg." Das sieht auch der Gemeindevorsitzende Gideon Joffe so. Er möchte das Jüdische aus dem Scheinwerferlicht von Nahost-Konflikt, Judenhass und permanentem Gedenken rücken: "Das macht einfach keinen Spaß und auch für die Juden ist es sehr müßig. Umso glücklicher sind wir, in diesem Jahr, die lustigsten Kulturtage aller Zeiten präsentieren zu können."

Im Quatsch Comedy Club werden also Sol Bernstein, der wohl älteste jüdische Comedian, und Christian Schulte-Loh auftreten. Außerdem sind die beiden im Rahmen der "English Night" mit Carey Marx und Al Lubel beim "Jewish Comedy Special" auf der Bühne und sorgen für Ironie und spitze Zungen. Schwer zu sagen, wer hier über wen lachen wird. Der Publizist Michael Wuliger übernimmt dafür die Erklärung des jüdischen Humors und liest Teile seiner Kolumnen "Koscher durch die Krisen".

Witze erzählen verboten

Die zwei israelischen Filme (mit englischen Untertiteln) gehen auch das Heitere an. In "Greener Pastures" wird Gras aus dem Altersheim verkauft wird, während bei der Doku "On This Happy Note" die Hinterbliebenen mit der Heiterkeit der Verstorbenen fremdeln.

Kurz tut sich auch Abraham Toubiana in der neuen Rolle als Intendant mit dem proklamierten Humor schwer. Ihm wäre gesagt worden, dass er bloß keine Witze erzählen solle. Doch er entschließt sich, dem Rat nicht zu folgen: "Ich bin hier in Deutschland geboren, bei Düsseldorf, in Erkrath und ich habe einen sehr guten Freund, Matthias. Bei uns findet das Leben nicht im Wohnzimmer statt, sondern in der Küche - es dreht sich immer um das Essen. Meine Oma war da und beschwerte sich: 'Mischpoche! Mischpoche! Mischpoche!' Und dann kommt mein Freund Matthias zu meiner Oma und fragt: 'Sag mal, Mischpoche, ist das was zu Essen?' 'Nein', sagt sie, 'Das ist etwas zum Kotzen!'"

Street-Food-Festival mit musikalischer Begleitung

Etwas zu Essen gibt es dennoch, denn der Tausendsassa Abraham Toubiana betreibt ebenfalls ein koscheres Catering-Unternehmen. Daher wird es ein eigenes Street-Food-Festival in der Synagoge Oranienburger Straße geben. Dieses wird richtig koscher sein, nicht nur "koscherstyle", und von Jumbo Schreiner, dem TV-Essens-Reporter, dem sonst kein Stück (unkoscheres) Fleisch zu groß sein kann, organisiert. Eine unbeschwerte Skurrilität, die jedoch zu Berlin und Schreiner passt. Das Street-Food-Festival hat außerdem ein eigenes künstlerisches Programm mit Musik, Varieté und Kinderprogramm, unter anderem das Puppentheater Bubales, erhalten.

Der letzte rappt das Licht aus

Eine Weltpremiere gibt es auch noch auf den Kulturtagen: Der Jazzmusiker Avishai Cohen wird nur auf Hebräisch singen. Darunter gibt es sogar einige Stücke aus dem Nähkästchen, da er sie mit seiner Band noch nie live vor Publikum performt hat. Den Abschluss am Sonntag bildet das Konzert des Rappers Ravid Plotnik in der Oranienburger Straße. Stilecht thematisiert der Musiker soziale Probleme, wofür er viel Lob und Anerkennung erhielt. Ein Ziel, das Abraham Toubiana mit den erstmals im September stattfindenden Jüdischen Kulturtagen auch erreichen möchte.

Sendung: rbb 88.8, 10.09.2022, 6:00 Uhr

5 Kommentare

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  1. 5.

    Tippe mal auf Jumbo Schreiner.
    Also klein ist der wirklich nicht und leckere Rezepte fürs BBQ hat er auch.

  2. 4.

    Jüdischen Kultur ist eine Bereicherung, das Judentum in Deutschland sollte noch viel sichtbarer sein. Übrigens noch herzlichen Glückwunsch an an Cem Özdemir für den diesjährigen Leo-Baeck-Preis!

    https://www1.wdr.de/kultur/kulturnachrichten/leo-baeck-preis-oezdemir-100.html

  3. 3.

    Ich habe den Artikel mehrmals gelesen, finde aber nicht die Auflösung der Überschrift. Welcher "Steakriese"? Ich hätte erwartet, dass nach dieser Überschrift irgendwo von Block House oder Maredo die Rede sein wird.

  4. 2.

    Ich liebe den jüdischen Humor.
    Er ist hintergründig, ehrlich und oft regt er zum Nachdenken an.

  5. 1.

    Ich wünsche den feiernden viel Spaß dabei,leider kann ich nicht daran teilnehmen aber bestimmt nächstes Jahr.

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