Berliner Verwaltungsgericht - Kaninchen dürfen auf Bühne der Staatsoper bleiben

Do 27.10.22 | 12:16 Uhr
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Archivbild: Bühnenbild mit lebendigen Kaninchen aufgenommen am 29.09.2022 bei Proben zu Das Rheingold aus der Ring-Tetralogie "Der Ring des Nibelungen" von Richard Wagner in der Staatsoper in Berlin Mitte. (Quelle: dpa/Xamax)
Audio: rbb24 Inforadio | 27.10.2022 | Michael Ernst | Bild: dpa/Xamax

Echte Kaninchen auf der Bühne der Berliner Staatsoper: Tierschützer wollten das mit einem Eilantrag stoppen. Das Verwaltungsgericht lehnte diesen nun ab - demnach wurde nicht ausreichend belegt, dass die Tiere leiden.

Die Berliner Staatsoper darf in Richard Wagners "Ring des Nibelungen" weiter lebende Tiere wie Kaninchen und Meerschweinchen auf der Bühne einsetzen. Das Verwaltungsgericht wies am Donnerstag den Eilantrag eines Tierschutzvereins zurück, der den Einsatz der Tiere für tierschutzwidrig hält und dies durch das Veterinäramt unterbinden lassen wollte (Az VG
17 L 245/22).

Nach Auffassung des Gerichts muss zwar die zuständige Behörde nach dem Tierschutzgesetz dafür sorgen, dass Tiere nicht zu einer Filmaufnahme, Schaustellung, Werbung oder ähnlichen Veranstaltung herangezogen werden, sofern damit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind. Der Tierschutzverein habe in seinem Antrag aber nicht in ausreichender Weise glaubhaft gemacht, dass dies tatsächlich der Fall sei.

Lautstärke auf der Bühne leiser als im Zuschauerraum

Es sei durchaus plausibel, dass Kaninchen angesichts der in den Käfigen fehlenden Rückzugsmöglichkeiten besonderem Stress bei den Aufführungen ausgesetzt seien, betonte das Gericht. Das Veterinäramt des Bezirks Mitte habe sich bei den Proben ein eigenes Bild verschafft, hieß es weiter. Aus Sicht der Amtstierärztin sei die Verwendung der Tiere insgesamt akzeptabel, da die Lautstärke auf der Bühne leiser sei als im Zuschauerraum. Außerdem seien die Tiere nur 15 Minuten auf der Bühne und kein Schauspieler dürfe an die Käfige stoßen oder sich dagegenlehnen.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.

Zahl der Tiere nach Protesten reduziert

Richard Wagners "Ring des Nibelungen" gleicht im Original einem Zoo-Gehege. Das Tier-Aufkommen auf der Bühne des in vier Opern rund 16 Stunden umfassenden Werks reicht laut Libretto von Kröte über Waldvogel, Bär, mehrere Rosse bis hin zum Drachen. In seine Inszenierung an der Staatsoper Unter den Linden hatte Regisseur Dmitri Tcherniakov eigentlich mehr als 30 Meerschweinchen und Kaninchen eingebunden.

Nach Protesten der Tierrechtsorganisation Peta Anfang des Monats verringerte die Staatsoper die Zahl der beteiligten Tiere auf 20 Kaninchen. In ihren Käfigen symbolisieren sie im "Rheingold" und in der "Walküre" ein Forschungslabor in einem Zwischengeschoss der Götterburg Walhall.

Staatsoper will künftig auf Kaninchen und Meerschweine verzichten

Peta begrüßte das Umdenken in einer ersten Mitteilung als "ersten Schritt in die richtige Richtung". Die Organisation wollte aber weiter darauf drängen, dass gar keine Tiere mehr eingesetzt werden, hieß es damals. Das hatte nun offenbar schnell Erfolg. Die Organisation verkündete am Donnerstag, dass die Staatsoper "ab der Termin-Serie im April und bei allen künftigen Vorführungen auf Tiere" verzichten werde.

Eine Sprecherin der Staatsoper bestätigte dem rbb auf Nachfrage, dass die Kaninchen nur noch bei den "Ring"-Aufführungen am 29. und 30. Oktober auf der Bühne zu sehen sein werden. Danach wolle man grundlegend auf Kaninchen und auch Meerschweine verzichten. Es sei aber kein genereller Verzicht auf Tiere vereinbart worden. Hunde zum Beispiel könne man künftig durchaus mal auf der Bühne sehen, so die Sprecherin weiter.

Sendung: rbb24 Inforadio, 27.10.2022, 12:40 Uhr

20 Kommentare

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  1. 20.

    Ich würde mal nicht von "gesundem Menschenverstand" reden, sondern von ehrlichen Empfindungen, die aus unserer Kultur herrühren. Davon sind Juristen, deren Hauptaugenmerk auf Gesetzbüchern liegen, meilenweit entfernt.

  2. 19.

    „ Mit Anschauung hat der Juristerei noch nie beigekommen werden können. ;- “
    Und gesunder Menschenverstand stimmt nicht immer mit dem uralten Gesetzbuch überein!

    Ich finde schon allein die Tatsache, lebende Kaninchen nur so als Deko auf die Bühne zu stellen pervers!
    Dann bemüht man auch noch die Justiz zur Rechtfertigung, also dazu fällt mir nix mehr ein.

  3. 18.

    Sie gehen nie in die Oper, sonst wüssten Sie das der Ring auch überteuert stets ausverkauft ist.

  4. 17.

    Mit Anschauung hat der Juristerei noch nie beigekommen werden können. ;-

    Erst einmal ist alles erlaubt, was irgendwie möglich ist und dann liegt es an dem Antragstellenden, dass dies unterbleibt. Wer sein Auto zu einer Diskothek umfunktioniert und nachts lärmend durch die Straßen fährt, kann sich bei nur loser Verdrahtung der Anlage damit herausreden, dass er die Gerätschaften im Auto ja nur transportiere, aber doch im Traum nicht daran denke, den Anlagen irgendeinen Ton zu entlocken.

    Nur bei so bez. ärztlichen Kunstfehlern und bei Clanvermögen ist dies umgedreht. Da muss bewiesen werden, dass alles nach Recht und Gesetz abgelaufen ist. Gleich so bei der Rückverfolgung von Lebensmitteln.

    Das Erstgenannte, so wichtig es ist, schafft Verdruss. Laien können sich die Zähne ausbeißen und Juristen haben unermessliche Möglichkeiten, sich ihre Brötchen zu verdienen.

  5. 16.

    In den RBB-Nachrichten wurde ausreichend begründet, daß die Tiere unzumutbar leiden. Warum das die Richter nicht begreifen, verstehe ich nicht. Jeder Mensch muß ausreichend Allgemeinbildung haben, um das zu wissen. Offensichtlich muß man seine Allgemeinbildung abgeben, um Jurist und insbesondere Richter werden zu können. Es darf nicht sein, daß man den Richtern immer erst alles belegen muß. Denen muß man ja sogar beweisen, daß 1+1=2 ist. Ich erwarte von den Richtern soviel Bildung, daß sie selbst wissen, was ist. @3+4+6+10+11+12+15 stimme ich zu.

  6. 15.

    So gern ich mir Opernvorstellungen in der Staatsoper anschaue und vor allem anhöre, kann nicht nachvollziehen, warum es nötig sein soll, lebendige Tiere in einem Opernhaus "auftreten" zu lassen.

  7. 14.

    Also, das mit den Fluchtmöglichkeiten - geht mir beim Fernsehen auch so. Und jetzt haben Sie sich gegen Mio. von Kaninchen/Hamster/Katzen/Fische-Halter gestellt - hoffentlich haben Sie eine Fluchtmöglichkeit ;-)

  8. 13.

    Ich möchte mir die tierschützerischen Auflagen bei Verwendung eines echten Drachen lieber erst gar nicht vorstellen ; ) der Wow Effekt wäre aber alle mal größer als bei den Kanninchen....

  9. 12.

    Warum soll das die Ticketverkäufe ankurbeln? Openfans gehen nicht wegen der Kaninchen hin und wer Kaninchen sehen möchte, kann das gratis in vielen Berliner Parks oder für wesentlich weniger Eintritt als in der Staatsoper in zahlreichen Heimatzoos rings um Berlin oder in Kinderbauernhöfen in Berlin.
    Dass auf der Bühne lebende Tiere sein müssen, halte ich trotzdem für absolut unnötig. Es gibt viele andere Möglichkeiten, zum Beispiel Film im Hintergrund.

  10. 11.

    Ein Fluchttier bei starker Beleuchtung und ohne eine Rückzugsmöglichkeit willentlich in eine vollkommen unnötige Stresssituation zu bringen - das ist für mich Tierquälerei.
    Kultur ist wichtig und ein hohes Gut, aber für deren Umsetzung braucht es keine lebenden Tiere.

  11. 10.

    Warum müssen da überhaupt echte Kaninchen auf der Bühne sein? Reichen für ein Bühnenbild nicht einfach Plüschtiere?

  12. 9.

    Es gibt ja so reflexhaftes Verhalten, es wird gerne provokant ausgenutzt. Arme, arme Tiere (nein Kaninchen, Spinnen wären in Ordnung) auf die Bühne, Tierschützer und Medien raus aus der Lauerstellung

  13. 7.

    Alles schon mal da gewesen. In den 60ern hatte mein Laubennachbar einige Haustiere, u.a. 1 Ziege. Die Tiere vermietete er an die Oper und an Theater. Das wurde im Premierenbericht erwähnt. Prompt hatte er Ärger mit der Justiz. Am Ende bekam er eine Genehmigung und alles war gut.

  14. 6.

    Ein gebildeter Mensch kann es ebenso wissen. Zumindest, dass Tiere sich wohl kaum lauter Opernmusik freiwillig aussetzen würden. Gerade Kaninchen sind sensible Tiere, die Ruhe wollen und benötigen.
    Und, anbei: Mit Kunst als Wagner hat das nichts gemein. Eher würde sich darüber ein Siegmund Freud freuen. Allerdings würde der sich sicherlich nicht mit den Tieren, und was mit denen nicht richtig läuft, beschäftigen.
    Hurra, wir verblöden!

  15. 5.

    Die vielen großen Hunde in kleinen Berliner Wohnungen leiden bestimmt schlimmer. Hier wäre doch mal ein sinnvoller Aufgabenbereich für die Tierschützer! Aber da legt man sich ja vielleicht mit nicht gerade zimperlichen Besitzern an!

  16. 4.

    Dass die Tiere zumindest gestresst werden, ist offenkundig wie unstreitig. Dass das für eine kulturelle Aufführung notwendig sein soll, begreife ich nicht. Warum bedarf es für die Darstellung eines Forschungslabors zwingend lebender Tiere? Ist das künstlerisch nicht auch anders zu lösen?

  17. 3.

    Wer von der Staatsoper kam denn auf solch eine blöde Idee, lebende Kaninchen als Requisite zu nehmen, man kann sich nur an den Kopf fassen!

  18. 2.

    Hauptsache der Skandal kurbelt die Ticketverkäufe an, denn offenkundig hätte man Theater auch einfach ohne Tiere planen können, nur Theater wie jedes andere Haus langweilt vermutlich so manchen Regisseur ... man kann hoffen, dass derlei Aktionen insgesamt dem Ansehen schaden. Was wäre sonst das nächste? Wenn mit Fäkalien werfen und nackt auftreten nicht mehr das Schlaglicht anwerfen, dann kommen demnächst wohl Frühgeburten in Inkubatoren auf die Bühne ... okay, nur noch 5 statt 10 und auch nur ne halbe Stunde ohne dass ein Schauspieler sich dagegen lehnt ...

  19. 1.

    Wie es ihnen geht, "wissen" wohl nur die Tiere selbst.

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