"Cold War Museum" eröffnet - Den Kalten Krieg mit VR-Brille erleben

Di 22.11.22 | 20:42 Uhr | Von Andrea Handels
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Besucher:innen des Cold War Museum Berlin am 22.11.2022. (Quelle: Cold War Museum/Can Ovalioglu)=
Video: rbb24 Abendschau | 22.11.2022 | Bild: Cold War Museum/Can Ovalioglu

Berlin war bis 1989 eine der Frontlinien des Kalten Krieges. An 1.000 Ecken kann man in der Stadt noch immer die Hinterlassenschaften besichtigen. Jetzt bekommt die Stadt ein Museum, das den Ost-West-Konflikt thematisiert. Von Andrea Handels

Berlin bekommt ein Museum über den Kalten Krieg, und zwar an bester Adresse: Unter den Linden. Dieses "Cold War Museum" eröffnet am Samstag, die Veranstalter kündigen an, eine zeitgeschichtlich-wissenschaftliche Perspektive auf diese Epoche zu geben. Generationenübergreifend soll dort der Kalte Krieg erklärt werden.

Außen marktschreierisch, innen großzügig

Von außen sieht es erst mal marktschreierisch aus: Man kann nicht hineingucken, auf den schreiend blauen und roten Wänden steht mehrfach in großen Lettern neben einem QR-Code: "Don’t scan this code!" Klar aber ist: Man soll es natürlich doch tun.

Drinnen dann wird es schnell besser. Es sind großzügige Räumlichkeiten, 1.600 Quadratmeter insgesamt, über zwei Etagen verteilt. Vorher war hier eine Mercedes-Ausstellungsfläche. Zum Umbau haben sich die Macher des Cold War Museums den berühmten russischen Architekten Sergei Tchoban geholt. Er hat hier in Berlin mit dem Museum für Architekturzeichnungen ein eigenes Ausstellungshaus.

Für Tchoban, wie er erklärt, war das Thema Kalter Krieg passend, denn er bezeichne sich selbst als ein Kind des Kalten Krieges. Der Architekt war wenige Monate nach der Wende, 1991, nach Berlin gezogen.

Das Berliner Cold War Museum im November 2022. (Quelle: rbb/Matthias Bartsch)

Eiserner Vorhang mit Löchern

Ein zerlöcherter Eiserner Vorhang direkt an der Fensterfront ist die erste architektonische Referenz an den Kalten Krieg. Darauf acht Politikergesichter, die im Kalten Krieg eine Rolle gespielt haben: Stalin, Truman, Churchill, Kennedy, Chruschtschow, Reagan, Gorbatschow und Kohl, darunter Menschengruppen , die mit einem Ball, einem Peacezeichen spielen. Diesen Eisernen Vorhang kreierte eine ukrainische Mitarbeiterin aus Tchobans Büro.

An Themeninseln den Kalten Krieg greifbar machen

Wie bekommt man eine solch riesige Zeitspanne mit so immensen globalen Auswirkungen in einem Museum in den Griff? Gar nicht, muss man hier antworten. Das Cold War Museum kann nur einen ersten Einblick geben in Themen wie "Berlin als Hauptstadt des Kalten Krieges", "Spionage", "Blockbildung", "die Bombe", "der Vietnamkrieg", "Abrüstung", "Wettbewerb beim Sport", "Konkurrenz bei der Raumfahrt" - um nur einige zu nennen.

Diese werden mit Videos, Zeitzeugeninterviews, interaktiven Touchscreens und Zeittafeln, die man anklicken und bei denen man Näheres erfahren kann, inszeniert. Besonders in die Tiefe geht es nicht, das allerdings ist auch nicht beabsichtigt.

Objekte gibt es wenige, dafür aber spektakuläre - wie zum Beispiel eine sehr lange S75-Rakete aus Dresden. Sie hängt im Eingangsraum von der Decke. Genau mit solch einer baugleichen Rakete wurde 1961 der amerikanische Pilot und Geheimagent Gary Powers über der UDSSR abgeschossen. Er wurde festgenommen und damit konnte die Sowjetunion beweisen, dass die USA Spionageflüge über ihrem Territorium unternahm, was zu weiteren politischen Konsequenzen führte. Diese Geschichte wird dann auch im Themenblock "Spionage" mit aufgegriffen und auf einer Seite erklärt.

Auch eine Selbstschussanlage, Raumanzüge von Astronauten und Kosmonauten oder ein Fernschreiber für den direkten Draht zwischen Moskau und Washington während der Kubakrise - 1963 in Karl Marx Stadt gebaut - mit kyrillischer und arabischer Schrift, werden sicher den erwünschten Nervenkitzel erzeugen.

Vieles soll über die Smartphones der Besucher laufen

Hinter dem Konzept für das Museum stecken Carsten Kollmeier und Harald Braun. Die beiden haben auch schon das Dalí-Museum gegründet, das es inzwischen nicht mehr gibt, sowie das Spionagemuseum. Und sie haben das Konzept für das Samurai-Museum entwickelt.

Kollmeier und Braun holten sich einen hochkarätigen Beirat zur Seite. Vorsitzender dieses Gremiums ist Bernd Stöver, Professor für Internationale Geschichte an der Uni Potsdam. Er ist Autor mehrerer Bücher über den Kalten Krieg und hat die Ausstellung beratend begleitet. Stöver schätzt, wie er sagt, an der nun fertigen Ausstellung besonders, dass man hier in die Geschichte des Kalten Krieges barrierefrei einsteigen kann, ohne Vorwissen.

Besonders Jugendliche, Schulklassen und Menschen, die den Kalten Krieg nicht miterlebt haben, können hier erste Einblicke in die Zeit zwischen 1945 und 1991 bekommen. Vieles wird über Smartphones laufen. Man kann sich direkt mit den Mediastationen vernetzen, zum Beispiel die Zeitzeugengespräche anhören, und außerdem soll einiges an augmented reality angeboten werden.

Das besondere Extra: Der Sprung

So können Besucherinnen mithilfe einer VR Brille den berühmten Sprung nacherleben - die Flucht des DDR-Grenzsoldaten, der kurz vor dem Mauerbau mit einem beherzten Sprung über den Stacheldraht in den Westen floh, festgehalten auf einem weltbekannten Foto. Diese Flucht wurde mit Schauspielern reinszeniert und wird aus verschiedenen Perspektiven gezeigt, auch aus der des erfolgreich geflohenen Grenzsoldaten.

 

Sendung: rbb24 Abendschau, 22.11.2022, 19:30 Uhr

Beitrag von Andrea Handels

5 Kommentare

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  1. 5.

    "Besucherinnen" und "Schauspieler" im selben Absatz.... Gendern will eben gelernt oder bleiben gelassen werden. Stimmts lieber rbb? Ich bin ja fürs bleiben lassen, das spart Zeit:innen und Nerv:innen oder so.... *kicher

  2. 4.

    Blöd, wenn die Auto-Korrektur das Gendern zunichte macht. "Besuchende" wäre korrekt, klingt aber grauselig.

  3. 3.

    Weiß nicht - wir haben damals auch meistens anderes im Kopf gehabt, als über die „Mauer“ zu springen.

    Aber nach Westlesart hatte der gute Ossi wohl nur an der Flucht zu basteln.
    Kann man so darstellen, die Realität wird man nicht treffen.

  4. 2.

    Für mich waren Rocky & Rambo kalter Krieg. hatte was...

  5. 1.

    Nur Besucherinnen? Schade aber auch

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