73. Deutscher Filmpreis - "Im Westen nichts Neues" geht als Favorit ins Lola-Rennen

Fr 12.05.23 | 18:11 Uhr | Von Ula Brunner
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Standbild aus dem Film "Im Westen nichts Neues" (Quelle: dpa/Netflix/PA Media)
Audio: rbb|24 Inforadio | 12.05.2023 | Christoph Kober/Alexander Soyez | Bild: dpa/Netflix/PA Media

Mit zwölf Nominierungen hat Edward Bergers "Im Westen nichts Neues" größte Chancen bei der Lola-Preisverleihung am Freitag. Doch die Auswahl der Deutschen Filmakademie führte schon vorab zu Kritik. Der Abend könnte spannend werden. Von Ula Brunner

Wirklich überraschend ist es nicht: Bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises an diesem Freitagabend in Berlin dominiert der Kriegsfilm "Im Westen nichts Neues" die Nominierungen. In zwölf Kategorien ist die Romanadaption für die Lolas vorgeschlagen, unter anderem als bester Spielfilm, für die beste Regie und die Darstellerrollen (Felix Kammerer und Albrecht Schuch).

Zuvor hatte Edward Bergers Film über Soldaten im Ersten Weltkrieg schon in Hollywood vier Oscars abgeräumt (Bester internationaler Film, Kamera, Filmmusik, Szenenbild). Auch bei den diesjährigen British Academy Film Awards (BAFTA) wurde er vielfach ausgezeichnet.

"Im Westen nichts Neues" ist nach Angaben der Filmakademie die erste Produktion eines Streaming-Anbieters, die für den Deutschen Filmpreis nominiert ist.

Konkurrenz um die goldene Lola "Bester Spielfilm"

Fünf weitere Produktionen sind in der Königskategorie Bester Spielfilm aufgestellt. Das Drama "Das Lehrerzimmer" mit Leonie Benesch in der Hauptrolle kommt auf insgesamt sieben Nominierungen. Regisseur Ilker Çatak erzählt darin vom Streit an einer Schule, der außer Kontrolle gerät. Leonie Bensche wurde in diesem Jahr bereits als Berlinale-Shooting-Star ausgezeichnet und hat auch gute Chancen auf eine Lola als beste Hauptdarstellerin.

"Sonne und Beton" von David Wnendt erzählt eine raue Geschichte über Jugendliche in Berlin-Gropiusstadt, ein Milieu, das man sonst im deutschen Kino selten sieht. Für die Verfilmung seines gleichnamigen autobiografisch geprägten Romans schrieb Autor Felix Lobrecht mit David Wnendt das Drehbuch, dafür sind sie ebenfalls für eine Lola nominiert.

Das sind die Gewinner der Lolas

Die Gangsterstory "Rheingold" von Fatih Akin, Ali Abbasis Thriller "Holy Spider" über einen Frauenmörder im Iran und die Verfilmung "Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war" (Regie: Sonja Heiss) nach einem Buch von Joachim Meyerhoff komplettieren die Kandidaten für den besten Spielfilm.

Fest steht bereits, dass Regisseur Volker Schlöndorff mit dem Ehrenpreis und "Die Schule der magischen Tiere 2" von Sven Unterwaldt als besucherstärkster Film ausgezeichnet werden.

Kritik an Auswahlverfahren

Mit insgesamt drei Millionen Euro sind die Lolas der höchstdotierte Kulturförderpreis, den Deutschland zu vergeben hat. Alleine die Spitzenklasse Bester Spielfilm bringt jeder nominierten Produktion 250.000 Euro. Der Gewinnerfilm bekommt noch einmal die gleiche Summe on top dazu, erhält also eine halbe Million Euro. Auch deswegen führen die Entscheidungen der Filmakademie häufig zu erbitterten Debatten.

Vor der diesjährigen Preisverleihung kritisierte unter anderen die AG Kino, der Verband deutscher Programmkinos, die intransparenten Auswahlpraktiken der Filmakademie. Mit "Im Westen nichts Neues" sei eine originäre Produktion des Streaming-Anbieters Netflix vielfach nominiert worden. Christian Petzolds neuer Kinofilm "Roter Himmel" hingegen, der bei der diesjährigen Berlinale mit dem Großen Preis der Jury geehrt wurde, sei in keiner einzigen Kategorie vertreten.

Fehlt der Akademie ein "Kompass"?

"Während die Filmfestivals in Berlin und Cannes immer wieder Haltung zeigen und sich klar zum Kinofilm und den unabhängigen Filmschaffenden bekennen, fehlt der Deutschen Filmakademie bei der Vergabe des höchstdotierten deutschen Kulturpreises ein klarer Kompass", so die AG Kino. Regisseur Petzold nannte im Februar in der "B.Z." [www.bz-berlin.de] die Filmakademie "eine Katastrophe" und kritisierte, sie verteile Mittel der kulturellen Filmförderung, "also Geld von uns allen", als privater Verein.

Das Führungsduo der Deutschen Filmakademie, Alexandra Maria Lara und Florian Gallenberger, kündigten derweil an, das Wahlverfahren für den Deutschen Filmpreis zu überarbeiten und es dem Haus von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) vorzulegen, denn dort liege das letzte Wort.

Derzeit gibt es ein mehrstufiges Auswahlverfahren. Zunächst trifft eine kleinere Kommission eine Vorauswahl, daraus werden dann die offiziellen Nominierungen bestimmt. Die rund 2.200 Akademiemitglieder können dann über die Gewinnerinnen und Gewinner abstimmen.

Der deutsche Filmpreis im ZDF

Der 72. Deutsche Filmpreis wird am 12. Mai um 19 Uhr im Theater am Potsdamer Platz in Berlin verliehen, Moderatorin ist die Musikerin und Schauspielerin Jamin Shakeri. Das ZDF überträgt die Gala um 19 Uhr Live in der Mediathek und ab 21 Uhr im Fernsehen.

Machtmissbrauch und Arbeitsbedingungen am Set

Ein weiteres Thema dürfte bei der Lola-Verleihung ebenfalls nicht unerwähnt bleiben: Machtmissbrauch und Arbeitsbedingungen in der Filmbranche. Mehrere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Filmbranche hatten in einem "Spiegel"-Bericht anonym Vorwürfe erhoben mit Blick auf mögliche Vorfälle bei Dreharbeiten. Dabei ging es vor allem um den Film "Manta Manta -Zwoter Teil" von Regisseur Til Schweiger. Von einem "Klima der Angst" war die Rede. Nun will die Produktionsfirma Constantin mögliche Vorfälle am Set aufklären lassen. Es sei "unumgänglich, dass wir das Thema Machtmissbrauch in der Kulturbranche offen und gemeinsam angehen", sagte Constantin-Chef Martin Moszkowicz der "FAZ" [Artikel hinter Bezahlschranke].

Die Deutsche Filmakademie hat sich zum Ziel gesetzt, den deutschen Kinofilm zu fördern, "sich für den Filmnachwuchs einzusetzen sowie sich film- und gesellschaftspolitisch zu engagieren". Man darf also gespannt sein, wie sich der Verband auch zu diesen Vorwürfen bei der Gala im Theater am Potsdamer Platz positioniert.

Für Diskussionsstoff werden bei dieser 73. Filmpreis-Verleihung wohl nicht nur die Lolas sorgen.

Sendung: rbb24 Abendschau, 12.05.2023, 19:30 Uhr

Alle Nominierungen im Überblick

  • Bester Spielfilm

  • Bester Dokumentarfilm

  • Bester Kinderfilm

  • Beste Regie

  • Bestes Drehbuch

  • Beste weibliche Hauptrolle

  • Beste männliche Hauptrolle

  • Beste weibliche Nebenrolle

  • Beste männliche Nebenrolle

  • Beste Kamera/Bildgestaltung

  • Bester Schnitt

  • Beste Tongestaltung

  • Beste Filmmusik

  • Bestes Szenenbild

  • Bestes Kostümbild

  • Bestes Maskenbild

  • Beste visuelle Effekte

  • Weitere Preise

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10 Kommentare

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  1. 10.

    "Lola rennt" war ein internationaler Erfolg, ich fand den Film blöd samt Lola.

  2. 9.

    Krieg geht immer in Deutschland. Entweder als Entfessler, Mitmacher oder als Finanzierer.
    Daran kann man sich nicht genug satt sehen.

  3. 8.

    Schauspieler O.K.Handlung Langatmig.Wiederholungen von Bildern.Reduzierte Version hätte auch gereicht.Es ist schwer einen Vergleich zu ziehen.Dieser Stoff wurde schon Verfilmt.Der alte Film war nicht Besser aber vom Thema,besser Behandelt.Wie die Brücke von Wickie.Gesehen und gut ist.Drama gibt es nur noch bei älteren mit Geschichtsverständnis.Der Jugend ist es Egal.Krieg ist für sie Rapp und Gewalt,Geschichte..Kenn ich nicht. Interessiert mich nicht.Ein Slogan ,verlorene Seelen ohne Intresse.

  4. 7.

    Ich habe den Film eher zufällig gesehen. Ich glaube, Erich Maria Remarque wäre stinksauer und würde den Titel für diesen Film verbieten lassen.

  5. 6.

    Genau das ist der Grund.
    Die fesche Marlene Dietrich alias Lola...

  6. 5.

    >"Wer das Buch kennt, erwartet ein sauberes Remake und kein netflixgerechtes Eventkino mit erfundenen Erzählsträngen."
    Ich sach ihnen... einige Handlungen oder besser Nichthandlungen ziehen sich bei diesem Film wirklich wie Kaugummi.
    Sicher muss sich ein Remake immer am Original messen. Ich bin da völlig ungezwungen mal rangegangen.
    Und was mir bei diesem Film auch noch aufgefallen ist, dass dieser auch so typisch Netflix nen Ambientfilter verwendet. Der passte in einigen Szenen nicht so richtig. So wie früher Technicolor bei den alten Hollywoodfilmen.

  7. 4.

    Als Franzose frage ich mich warum der Preis "Lola" heisst? Die fesche (freche?)Lola? Hat einer/eine von Euch eine oder die Erklärung? Vielen Dank!
    MfG aus Paris

  8. 3.

    "Also wer sich den Film reinziehen will, sollte keinen dieser typischen Kriegsfilme erwarten."

    Wer das Buch kennt, erwartet ein sauberes Remake und kein netflixgerechtes Eventkino mit erfundenen Erzählsträngen.

  9. 2.

    Ging eigentlich, bis auf diese Langatmingkeit. Es ist halt kein klassischer Kriegsfilm mit Kanonengedröhne 3 Stunden lang. Auf mich machte der Film eher den Eindruck einer Zeitdokumentation. Die Szenerie spielt die Zeit und die Kamera hält einfach drauf. Für einen klassischen Hollywood Kriegsfilm fehlt diesem Film der heroische Pathos, was ich wieder sehr sympathisch finde.
    Also wer sich den Film reinziehen will, sollte keinen dieser typischen Kriegsfilme erwarten.
    Richtig gut bei dem Film ist die Ausstattung. Da stimmt bis ins kleinste Detail und bis zur Bierflasche alles an Zeitcolorit.

  10. 1.

    Absolut schlechter Film, den man nicht mal als Remake durchgehen lassen kann. Die schriftstellerischen Vorlagen und frühere Filme sind um Welten besser.

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