Flexibler Eintritt im Museum Neuruppin - "Was willst du zahlen?"

Di 09.05.23 | 17:29 Uhr | Von Björn Haase-Wendt
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Archivbild: Museum Neuruppin. (Quelle: dpa/R. Hirschberger)
Audio: Antenne Brandenburg | 09.05.2023 | Britta Streiter | Bild: dpa/R. Hirschberger

Kostenlos ins Museum: In Berlin geht das etwa jeden ersten Sonntag im Monat. Auch das Museum Neuruppin will die Hürden für einen Besuch senken - mit einem flexiblen Eintritt. Von Björn Haase-Wendt

An der Kasse im modernen Anbau des Neuruppiner Museums heißt es bald "Was willst du zahlen?". Das Museum, das zur Geschichte des Ruppiner Landes sowie der Neuruppiner Stadtgeschichte informiert, verabschiedet sich von einem festen Eintrittspreis.

Stattdessen gilt ab Juli ein flexibles System, darauf haben sich die Stadtverordneten einstimmig verständigt. Besucher können nun selbst entscheiden, was ihnen der Museumsbesuch wert ist. Der Eintritt kann zwischen 0 und 10 Euro liegen. "Natürlich sind auch höhere Summen möglich, die werden dann aber als Spende verbucht", sagt Neuruppins Bürgermeister Nico Ruhle (SPD).

Teilhabe ermöglichen

Die Stadt will mit dem neuen Preissystem die Hürden für einen Museumsbesuch senken. Zwar gebe es ein gutes Stammpublikum, trotzdem könnten die Besucherzahlen besser sein. So gab es im letzten Jahr gut 6.200 Besucher, in den beiden Coronajahren waren es um die 3.000.

"Es gibt eben auch viele, bei denen der Eintrittspreis eine Barriere ist, die eben nicht so viel Geld haben", erklärt Kulturamtsleiter Mario Zetzsche. Dabei habe Museum viel zu bieten, ist sich der Kulturamtsleiter sicher, mit den Themenschwerpunkten zu Neuruppiner Persönlichkeiten wie Theodor Fontane oder Karl Friedrich Schinkel oder mit der kommenden neuen Sonderausstellung zum bekannten Orientmaler Wilhelm Gentz.

"Vielleicht gibt es auch Gäste, die nur eine halbe Stunde kurz reinkommen wollen und sich etwas Spezielles anschauen wollen. Vielleicht können wir sie überzeugen, dann nochmal wieder zu kommen und länger zu bleiben", sagt Mario Zetzsche. Mit dem neuen Preissystem hofft Neuruppin nun auf jährlich um die 8.000 Besucher.

Vorbild Lindenstraße

Sorge, dass mit dem flexiblen Preisen die Einnahmen aus den Ticketverkäufen sinken, hat die Stadt aber nicht und baut auf Erfahrungen aus anderen Orten. So bietet etwa die Gedenkstätte Lindenstraße in Potsdam bereits einen flexiblen Eintrittspreis an und habe gute Erfahrungen damit gemacht, so die Neuruppiner Stadtverwaltung.

"Die Rückmeldung von dort ist, dass die Gäste bereit sind, einen Eintritt zu zahlen. Wenn man sich das im Jahresschnitt anschaut, dann pendelt sich das bei fünf, sechs Euro ein", sagt der Neuruppiner Kulturamtsleiter. Damit liegt der durchschnittliche Eintritt sogar über den vorherigen Festpreisen. "Und damit sind auch alle eingepreist, die nichts zahlen wollen", fügt Mario Zetzsche hinzu.

Eintritt deckt Kosten nicht

Allerdings: ohnehin decken die Ticket-Einnahmen nicht im Geringsten die Kosten für den Museumsbetrieb ab. So brachte der Ticketverkauf im letzten Jahr gut 22.400 Euro in die Kasse, bei Kosten von über einer Million Euro.

Neuruppin hat also nichts zu verlieren und hofft, dass nun mehr Besucher ins Museum kommen. Der flexible Eintritt gilt ab dem 1. Juli, Ende 2024 soll geprüft werden, ob das neue Preissystem angenommen wurde.

Sendung: Antenne Brandeburg, 09.05.2023, 16:30 Uhr

Beitrag von Björn Haase-Wendt

6 Kommentare

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  1. 6.

    Ich empfinde das nicht als Ausspielen. Wer die Augen offen hält, kommt an derartigen Tendenzen nicht vorbei. Selber kann ich das aus eigener Erfahrung und als "Angehöriger" der erstgenannten Gruppe nur bestätigen.

    Die Wertschätzung für Geschichte wächst mit dem Lebensalter, eigentlich eine simple, nachvollziehbare Angelegenheit. Dies deswegen, weil Diejenigen, die vier Fünftel ihres Lebens noch vor sich haben, weniger stark zurückblicken wollen als jene, bei denen das statistisch gesehen umgekehrt ist.

  2. 5.

    Ein Lob und Pluspunkt für Neuruppin!
    Möge das Konzept aufgehen.
    Ich wünschte mir das für viele Bereiche mehr.
    Und ein bisschen mache ich es selber auch so, merke aber, wie überfordert manche Mensch ist, wenn er darüber nachdenken muss, was ihm was wert ist.
    Gut so, das hat nämlich auch einen hohen Lernefffekt (z.B., wie schwer Preise machen sein kann :)....

  3. 4.

    Tolle Idee und ich wünsche ehrlich viel Erfolg damit.
    Ein Restaurant Besitzer der genügend Platz hatte für einen Bandauftritt, hat mal in den 80er Jahren den Versuch gemacht den Konzertbesuchern es zu überlassen ob diese erst nach dem Auftritt ihr Eintrittsgeld bezahlen. Dieser Versuch ging mächtig nach hinten los. Nur ein Drittel bezahlte.

  4. 3.

    >"Vermute, dass es zu Ihrer Überraschung keine klare Tendenz geben würde. "
    Deswegen mein hoffnungsvoller Endsatz: "Dieser Versuch wirds zeigen." ;-))
    Meine bisherigen Erfahrungen sind auf dem Gebiet der Volksunterhaltung gesammelt. Für Museen, deren Besucher sich mit einem absoluten Informationsvorsatz dorthin begeben, ist dies dann vielleicht anders. Dieser Versuch wirds zeigen...

  5. 2.

    Ich finde Ihre Einschätzung und eigene Erfahrung ganz gut dargestellt. Was allerdings nervt ist dass mal wieder Generationen gegeneinander ausgespielt werden. Warum setzt die Generation 30- alles als kostenlos voraus und die 50+ sind mal wieder die Macher. Woher nehmen Sie diese Binse? Vermute, dass es zu Ihrer Überraschung keine klare Tendenz geben würde.

  6. 1.

    Ich finde das cool! Selber war ich im Museum Neuruppin in den letzten 20 Jahren in 3 Sonderausstellungen. Und ehrlich: Ich fand den Eintritt von 6 EUR für diese Informationen, Zusammenstellungen, den Aufwand und für meine Erwartungen fast schon marginal wenig und haben nen 10er für die Kaffeekasse hinterlassen. Aus meiner Erfahrung mit ehrenamtlich organisierten Veranstaltungen weiß ich, dass die Leute es schon sehr gut honorieren in Form von Spendenbox, wenns richtig gut passt. Am Ende der Kassensturz zeigt dann, wie gut es passte und gefallen hat. Beim honorieren gibts natürlich auch einen Unterschied beim Lebensalter. Generation 50+ kann gut einschätzen, welcher Aufwand welchen Wert hat. Generation 30- setzt kostenlos als gegeben voraus.
    Dieser Versuch wirds zeigen.

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