Konzertkritik | Queens of the Stone Age in Berlin - Eine Band wie ein Baum
Harte Riffs, hohes Hit-Potenzial, coole Attitüde: Die Queens of the Stone Age prägten den Gitarrenrock der 00er Jahre wie kaum eine andere Band. Bei ihrem Auftritt in der Berliner Max-Schmeling-Halle sorgten sie von Anfang an für Feuer in der Halle. Von Hendrik Schröder
Die Queens of the Stone Age lassen schon am Anfang überhaupt nichts anbrennen und beginnen das Set mit zwei echten Knallern. Bei "Regular John" vom allerersten Album mumpft und bollert der Sound zwar noch ein bisschen und die Leute sind wohl auch etwas sehr überrascht, gleich am Anfang so einen Kracher zu hören.
Als aber dann als zweite Nummer DER Song kommt, der Über-Song, das Lied, was damals, als es 2002 auf der Platte "Songs For The Deaf" herauskam, für intensivste, fast ungläubige Gespräche unter Gitarrenjüngern gesorgt hatte. Was machen die da, versuchte man zu begreifen. Denn die Queens of the Stone Age hatten mit dem Song "No One Knows" den Gitarrenrock neu erfunden. Und das ist nicht übertrieben.
Die magischen Hände an der Gitarre
21 Jahre später tobt die Halle schon beim groovigen Intro. Bierbecher fliegen durch die Luft, Sitzplätze werden obsolet, weil alles wackelt und schreit und bangt. Sänger, Gitarrist, Kopf der Band und einziges verbliebenes Gründungsmitglied ist Josh Homme. Er steht da wie ein Baum in einem Soundmassiv. Drei Tage Bart, Amulett um den Hals, zur Pyramide gestapelte Lichter zuckend über ihm, immer wieder zoomt die Kamera auf seine schwer tätowierten Hände, wie sie stoisch und unbeirrt diese Riffbrocken aus der Gitarre herauszerren. Riesengroß sind diese magischen Hände auf den Videowänden zu sehen. "Dankeschön Berlin", ruft er auf Deutsch: "Let's dance". Jubelnd kommt die knackvolle Max-Schmeling-Halle dem Befehl des rothaarigen Hünen gerne nach.
Wir haben's noch drauf - und ihr?
Und auch wenn es lange nicht mehr die Originalbesetzung ist, die aktuellen Mitglieder der Band kennen sich lange genug, um da wie eine längst zusammengeschweißte Maschine zu stehen. Drummer Jon, der auch schon zehn Jahre dabei ist, spielt in seinen kurzen Hosen und in Tennissocken, als führe er einen Kampf und wolle ihn unbedingt gewinnen. Gitarrist Troy Van Leuwwen (seit über 20 Jahren in der Band) Basser Mikey Shoes (15 Jahre dabei) im Feinripp Unterhemd, bläht die Backen, tritt in die Luft, schaut provozierend ins Publikum: "Na, wir haben's noch drauf, was mit euch", will er damit vielleicht sagen?
Das Publikum allerdings ist mit der Band in die Jahre gekommen, 70 Prozent Männer stehen da, Vollbärte, Band T-Shirts, Tattoos. Jung und wild waren die meisten vor 20 Jahren, als eben dieses eine Überalbum der Queens of the Stoneage rauskam. Entsprechend wird es zwischendurch auch mal ein bisschen ruhiger im Rund, wenn die neueren Songs kommen. So ganz lässt sich die Energie vom Anfang nicht das Konzert über halten und kommt erst kurz vor den Zugaben zurück.
Die letzten Raucher
Die Queens of the Stone Age haben auch nach "Songs For The Deaf" noch ein paar gute Platten gemacht, das aktuelle Album "In Times New Roman", in der Presse als Josh Hommes Befreiungsschlag nach Krebserkrankung, Todesfällen und Scheidungskrieg beschrieben, ist top. Aber an die eine Platte sind sie nie wieder rangekommen. Umso schöner zu sehen, zu spüren, zu hören, wie gut, tight und voller Freude die Band live noch immer abliefert. Außerdem sind Josh Homme und sein Basser eventuell die letzten Amerikaner der Welt, die man auf der Bühne noch rauchen sieht. Echte Rock Dinosaurier.
Sendung: rbb24 Inforadio, 10.11.2023, 7 Uhr