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Kulturschaffende fordern in einer Bundestagspetition einen anderen Umgang mit der rekonstruierten Schlossfassade des Berliner Humboldt Forums. Die Petition fordert vom Bundestag, "die einseitige Preußenverherrlichung zu beenden, indem ausgelöschte Spuren der Geschichte des Ortes wieder veranschaulicht" werden, hieß es in einer Mitteilung der Initiatoren, darunter Journalistinnen, Historiker und Architekten.
Die Petition war laut Angaben einer Sprecherin vom Montag bereits im April erstellt worden und wurde jetzt zugelassen. Bis zum 7. November kann sie unterschrieben werden, bislang haben sie 192 Personen unterzeichnet [epetitionen.bundestag.de]. Das nötige Quorum sind 50.000 Unterzeichnerinnen oder Unterzeichner.
"Idealisierte Deckerinnerung an imperialistische Monarchie"
"Die Architektur (...) formuliert ein gesellschaftliches Selbstbild, das sich ungebrochen auf Preußen und das Deutsche Kaiserreich bis 1918 bezieht", heißt es im Text zur Petition. Dies sei in Zeiten eines erstarkenden Rechtspopulismus und -radikalismus fatal. Der Bau habe die Spuren "an die deutsche Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts im Straßenraum ausradiert und durch eine idealisierte Deckerinnerung an eine imperialistische Monarchie abgelöst", schrieb die Initiative "Schlossaneignung" weiter.
Nach Spenden aus umstrittenen Quellen fordert sie zudem eine umfassende Aufklärung. Die Rekonstruktion der Barock-Fassade des Ausstellungs- und Kulturzentrums war mit mehr als 100 Millionen Euro aus privaten Spenden finanziert worden, die der private Förderverein Berliner Schloss eingeworben hatte. Diese Geldbeschaffung hatte dem Humboldt-Forum immer wieder negative Schlagzeilen eingebracht.
Stiftung wehrt sich gegen Kritik
Die Stiftung Humboldt-Forum erklärte zu der Kritik, dass die Vorgängerbauten an mehreren Standorten in dem Gebäude thematisiert würden. "Diverse Kunstwerke, die im Ergebnis der Kunst-am-Bau-Wettbewerbe entstanden, setzen sich ebenfalls differenziert mit der Geschichte des Ortes auseinander", heißt es in einer Stellungnahme. Zu Spenden aus umstrittenen Quellen teilte die Stiftung mit, dass sie vor zwei Jahren ihre Spendenrichtlinie überarbeitet habe. Die Stiftung nehme keine anonymen Spenden mehr an und behalte sich vor, im Einzelfall zu prüfen, ob Spender im Einklang mit den in der Spendenrichtlinie festgelegten Werten stehen.
So funktionieren Petitionen
Die Möglichkeit, Petitionen zu starten soll mehr Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern am politischen Prozess ermöglichen. Bei öffentlichen Petitionen gilt ein Quorum von 50.000 Unterschriften innerhalb von vier Wochen. Wird dies erreicht, erhalten Petitions-Startende Rederecht vor dem Petitionsausschuss in einer Anhörung.
Jeder Mensch, unabhängig von Wohnsitz und Staatsangehörigkeit, kann eine Petition einreichen, auch Kinder und Jugendliche, solange ihr Anliegen verständlich formuliert ist. Die Petition muss auf dem Postweg oder via Online-Formular erfolgen - und die Bundesregierung muss für das Anliegen überhaupt zuständig sein. Der Bundestag ist verpflichtet, sich mit jeder formal korrekten Petition zu befassen, unabhängig von der Anzahl der Unterschriften oder der Art der Petition.
Im Jahr 2023 wurden insgesamt 11.410 Petitionen beim Petitionsausschuss eingereicht - durchschnittlich 46 pro Arbeitstag. Petitionen mit vielen Unterstützern lenken die Aufmerksamkeit auf Themen, können Diskussionen im Bundestag und in seinen Ausschüssen anstoßen. Eine Petition zur Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens für wirtschaftlich geschädigte Personen der Corona-Pandemie erreichte 2023 mit 176.170 Mitzeichnungen die höchste Unterstützung. Obwohl nicht direkt umgesetzt, führte dies zu verstärkten Diskussionen über das Thema. Der Petitionsausschuss hilft außerdem festzustellen, ob beschlossene Gesetze das beabsichtigte Ziel erreichen oder zu neuen Problemen führen.
Sendung: Fritz, 30.09.2024, 22 Uhr