Sorbische Subkultur in Cottbus - Künstlerkollektiv bringt die erste queere Vogelhochzeit auf die Bühne

Fr 24.01.25 | 11:20 Uhr
Ein Teil des Kollektivs Wakuum beim Beginn des sorbischen Sprachprogramms ZORJA 2023. (Quelle: kolektiw wakuum)
Bild: kolektiw wakuum

Das Künstler und Kulturaktivisten inszenieren in Cottbus am Samstag erstmalig eine queere Vogelhochzeit - mit Dragshow und Drama. Ziel des Kollektivs ist nach eigenen Angaben, queeren Elementen in der sorbischen Identität Raum zu geben.

In Cottbus laufen im Begegnungsort Rosa die Vorbereitungen für eine Vogelhochzeit der besonderen Art. Am 25. Januar bringt das Kollektiv Wakuum dort eine queere Neuinterpretation des traditionellen sorbischen Brauchs auf die Bühne.

Die Vogelhochzeit wird von den Sorben alljährlich am 25. Januar gefeiert. Traditionell verkleiden sich dabei Kinder als Vögel oder tragen sorbische Hochzeitstrachten. Zudem sammeln sie Süßigkeiten, mit denen sich die Vögel der Sage nach für die Fütterung im Winter bedanken.

In der traditionellen Inszenierung ist die Hochzeit des Raben und der Elster ein fester Bestandteil. Dabei spielen die Kinder eine Szene mit einem Brautpaar nach und steigen dafür in die Rolle der Braut oder des Bräutigams. "Uns war wichtig, diese heteronormative Geschichte der Elster und des Raben nicht noch einmal so zu reproduzieren", sagte Hella Stoletzki. Mitglied von Wakuum. Bei der queeren Vogelhochzeit werde es um eine gleichgeschlechtliche Ehe gehen und es würden neue Rollen eingeführt - wie einen Kakadu.

Zur Motivation des Kollektivs erklärte Stoletzki, es brauche Räume, "in denen wir offen sorbisch und queer sein können. Dass das jetzt eine queere Vogelhochzeit geworden ist, hängt auch damit zusammen, dass man Feste feiern soll, wie sie fallen", so Stoletzki gegenüber dem rbb am Donnerstag.

Wakuum beim Konzert der Neue Bühnen Senftenberg / Zły Komorow. (Quelle: kolektiw wakuum)
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Das Kollektiv Wakuum

...hat sich 2020 gegründet und zu einem der wichtigsten Ansprechpartner für sorbische Subkultur entwickelt. 2024 waren sie Teil des SubSorb-Festivals in Hoyerswerda - dem ersten Festival der sorbischen Subkultur. 2024 nahmen sie mit dem Film "Som Doma" am Internationalen Short Film Festival Dresden teil.

Auftritt einer sorbischen Dragqueen

Das Programm von Wakuum umfasst eine Show mit der sorbischen Dragqueen Angel van Hell (Janźel van Hell), verschiedene Performances sowie ein DJ-Set. Im Mittelpunkt stehen Fragen zur sorbischen Identität und wie sie heute gelebt und weitergegeben wird. "Minderheiten, denen es gelingt, mit der Zeit zu gehen, überleben", erklärte Rahel Selnack.

Tradition könne nur dann authentisch gelebt werden, wenn man sich von ihr wirklich repräsentiert fühle, führte Luka Golinski, ein weiteres Mitglied des Kollektivs aus. "Queerness an sich ist nichts Neues oder Gegenwärtiges. Wir leben nur das erste Mal in einer Zeit, wo sie auch im sorbischen Raum ausgedrückt werden kann."

Wakuum besteht aus elf Künstlern und Kulturaktivisten mit sorbisch-deutschem Hintergrund, darunter befinden sich Annelie Ćemjerec, Rahel Selnack, Luka Golinski, Karoline Schneider und Hella Stoletzki.

Ihre Arbeiten sind interdisziplinär und umfassen unter anderem Malerei, Film und Musik. Das Kollektiv produziert Kurzfilme, Musikstücke, kuratiert Kunstausstellungen mit Werken sorbischer Künstler und veranstaltet Workshops.

Auch die Vernetzung mit anderen sorbischen Initiativen in der Ober- und Niederlausitz sei ein wichtiger Teil ihrer Arbeit, so Stoletzki.

"Lücken füllen"

In seinen Projekten setzt sich Wakuum mit unterschiedlichen Formen und Konzepten sorbischer Identität auseinander. Dabei geht es dem Kollektiv nach eigenen Angaben nicht nur darum, die Vergangenheit sorbischer Kultur zu bewahren, sondern auch queeren und feministischen Elementen in ihr Raum zu geben. Es gehe auch um "die Frage, womit wir die Lücken füllen können, die vor uns liegen: Lücken, die die Kohle in unserer Kultur hinterlassen hat und die Lücken an sorbischer Jugend- und Subkultur", erklärte Stoletzki.

Ein weiteres Anliegen des Kollektivs ist die Sichtbarkeit der sorbischen Sprache im Alltag. Wakuum setzt sich dafür ein, die sorbische Sprache stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken und die kulturellen Entwicklungen der Lausitz neu zu denken.

Mit rund 60.000 Menschen bilden die Sorben die einzige slwaische Minderheit und gehören zu einer der vier anerkannten nationalen Minderheiten in Deutschland - neben den Dänen, Friesen und Sinti und Roma.

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 25.01.2025, 19:30 Uhr

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