Kruder & Dorfmeister in der Philharmonie - Ekstase in Relation zum Spielort
Das österreichische DJ- und Produzenten-Duo Kruder & Dorfmeister hat in den 90er Jahren mit seiner Musik eine ganze Generation geprägt. Am Dienstagabend spielten sie mal nicht in einem Berliner Club, sondern in der Philharmonie. Ein ungewöhnlicher Konzertabend. Von Magdalena Bienert
Während das Publikum größtenteils leger, also im Alltags-Look, in die Philharmonie gekommen ist, erscheinen Peter Kruder und Richard Dorfmeister in schwarzen Anzügen auf der Bühne– dem Anlass gebührend.
Die Beiden haben nämlich 26 Jahre nach der Veröffentlichung ihres berühmtesten Albums "The K&D Sessions" dieses wieder neu veröffentlicht und spielen es
erstmals komplett live auf Bühnen. Und das auch noch mit weiteren Musikern. Weil das so besonders ist, haben sie sich dafür vom Wiener Konzerthaus, über die Alte Oper in Frankfurt
a.M. bis hin zur Elbphilharmonie in Hamburg die schönsten Konzerthäuser ausgesucht.
Blumen & Anzüge
Zusammen mit ihren vier Mitmusikern lassen sie es wabern, tickeln, zischen, drücken und bouncen. Ihr für die 90er Jahre typischer Sound aus Trip Hop, Dub-Step, und Electro weckt
gute Erinnerungen. Und nicht zu vergessen die gefragten Remixe für unter anderem Depeche Mode ́s "Useless".
Auf der großen Bühne, wo sonst ein ganzes Orchester Platz hat, könnten lediglich sechs Musiker etwas verloren wirken, doch man hat dafür eine gute Lösung gefunden: Während Peter Kruder und Richard Dorfmeister frontal zum Publikum hinter ihren schweren Pulten stehen, sind jeweils zwei der live Musiker rechts und links von ihnen im Halbkreis verortet. In der dadurch eigentlich leeren Mitte und darüber hinaus hat man unzählige Sonnenblumen aufgestellt, die wie aus dem Boden wachsen. In Kombination mit der dunklen, clubbigen Lichtstimmung ein toller Effekt. Nach einer halben Stunde bedanken sie sich für das ausverkaufte Haus. "Danke Berlin, wir haben eine lange Liebesbeziehung zu Berlin...man merkt, hier lebt der Tanz!"
Intim & Nerdig
Das Publikum ist eine bunte Mischung aus Clubgängern und Klassik-Fans, es herrscht außerdem ein Foto-und Filmverbot, was eine ungewohnt konzentrierte und intime Stimmung
zulässt. Dennoch: es ist durchaus auch ein bisschen nerdig ein Album von vorne bis hinten durchzuspielen -eine echte Fanveranstaltung. Aber schon bei den Franzosen von Air hat
das im letzten Jahr für volle Theaterhäuser gesorgt und das könnte doch durchaus eine neue Art von Konzerterlebnis werden: sich die Alben der Lieblingsbands live vorspielen lassen.
Eigentlich machen Kruder&Dorfmeister nicht unbedingt Musik, bei der man still sitzen mag, auch noch ohne ein Getränk in der Hand, oder ein gutes Gespräch über alte Zeiten. Das ist durchaus gewöhnungsbedürftig. Ein paar Menschen stehen am Ende dann doch auch auf und tanzen vorsichtig. Ansonsten aber wippen die Füße, nicken die Köpfe, jemand pfeift auf zwei Fingern. Also Ekstase in Relation zum Spielort.
Sendung: rbb24 Inforadio, 05.02.2025, 06:55 Uhr