Konzert | Skunk Anansie in Berlin - Rock ohne Ablaufdatum

In den 1990er Jahren war Skunk Anansie eine der prägenden Bands der Alternative-Rock-Szene. Beim Konzert am Dienstagabend in der ausverkauften Columbiahalle hat die Band um Frontfrau Skin gezeigt, dass sie auch 30 Jahre später noch überzeugt. Von Jakob Bauer
Mit einer Mischung aus rockigen Gitarren und radiofreundlichen Melodien sind Skunk Anansie in den 1990ern bekannt geworden. Zwei Songs der Briten hat wohl jeder schonmal irgendwo gehört: "Weak" und vor allem "Hedonism (Just Because You Feel Good)". Und natürlich spielen Skunk Anansie an diesem Abend in der Berliner Columbiahalle auch diese beiden Songs, die man mittlerweile als Radio-Klassiker bezeichnen kann. Aber ein Konzert zum beiläufigen Zuhören ist das trotzdem nicht. Im Gegenteil: Skunk Anansie drücken das Gaspedal von Anfang an richtig durch.
Gas geben im Bade-Boxer-Mönchsmantel
Schwer wie ein 7,5-Tonnen-LKW wälzen die ersten Gitarren-Riffs in die Halle hinein und Sängerin Skin entert – das ist in diesem Fall wirklich der richtige Begriff – die Bühne. Sie nimmt die Halle und das Publikum mit wenigen Bewegungen für sich ein. Entschlossen stapft sie auf die Bühne, eine Mischung aus Mönchskutte, Bade- oder Boxermantel um sich geschlungen, und dann lässt sie die Töne wuchtig strahlen.
Skin und ihr extrovertiertes Auftreten waren immer Markenzeichen der Band. Bekannt geworden ist sie mit ihrer hohen und trotzdem souligen Sopranstimme, optisch war sie einfach immer auffällig wegen ihrer Glatze und inhaltlich wegen klar feministischer und antirassistischer Positionierungen. Schon in den 1990ern, als queer sein auf der großen Bühne noch komplizierter war als heute, lebte sie offen lesbisch. Und die Kraft, mit der sie für ihre Themen eintritt und im wahrsten Sinne des Wortes die Stimme erhebt, die hat sie in den 30 Jahren auf den Bühnen dieser Welt bis heute nicht verloren. In jeder Bewegung und in jedem Ton von Skin liegt diese Kraft. Und an diesem Abend in der Columbiahalle bewegt sie sich wirklich viel, reißt in den ersten zehn Minuten schon mehr Kilometer ab, als andere in ihre Gesundheitsapp als Monatsziel eingetragen haben.
Live schlägt Platte
Richtig politisch konkret wird Skin an diesem Abend aber nur einmal, als sie alle Arten von religiösem Fundamentalismus verurteilt und die Faschisten der Welt gleich mit. Ansonsten schiebt sie ihre Kraft lieber über die Musik in die Menschen hinein. Die sind ziemlich angefixt, ob 35 oder 65, von den ersten Sekunden an wird hier ordentlich getanzt, gesprungen und auch mit dem Kopf gebangt. Denn Skunk Anansie ist eine dieser Bands, die live deutlich besser funktionieren als auf Platte. Dort tröpfeln vor allem die Mid-Tempo-Rock-Songs manchmal etwas beliebig vor sich hin. Aber wenn Bass und Schlagzeug hier live so richtig drücken und die Gitarre und Skin schreien, singen, jaulen, dann könnte man dafür den alten Begriff der ehrlichen Stromgitarrenmusik aus der Mottenkiste holen. Und so wird aus eher klassischen Rock-Nummern ein echtes Live-Erlebnis.
Zwischen altbekannter Show und echter Nähe
Auch die Rockstarposen sind eher klassisch, man kennt diese Ansagen: "Berlin seid ihr bereit?", "Wollt ihr tanzen?", "Jetzt mitklatschen!". Aber es kommt einfach alles sehr ehrlich rüber, auch wenn Skin sagt, Berlin sei bisher ihr Lieblings-Tourstopp, wenn sie sich von der Menge tragen lässt und nach Ende der Show nochmal auf die Bühne kommt und so ästhetisch ansprechend, wie das eben geht, ein halbes Glas Wein ext. Wenn sie vor mehreren Songs sagt "This is For You" und dann den Menschen ihr breitestes Lächeln schenkt, dann nimmt man das gerne an und nimmt ihn gerne mit: Diesen überzeugenden, kraftvollen Abend, den Skunk Anansie hier mit ihren Fans geteilt haben.
Sendung: rbb24 Inforadio, 19.03.2025, 6:55 Uhr