Rechenzentrum - Potsdamer Kultur- und Kreativhaus muss für grüne Wiese weichen

So. 20.04.25 | 12:49 Uhr | Von Felix Moniac
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Eröffnung des Garnisonkirchturms Potsdam, Rechenzentrum Potsdam, fotografiert am 19.08.2024 in Potsdam.
Bild: IMAGO / Funke Foto Services

Der Nutzungszeitraum für das Potsdamer Rechenzentrum läuft Ende Januar 2026 aus. Danach könnte das Gebäude abgerissen werden. Der gültige Bebauungsplan sieht dort, im Schatten des neugebauten Turms der Garnisonkirche, eine grüne Wiese vor. Von Felix Moniac

Das Rechenzentrum in Potsdam, zwischen 1969 und 1971 als Datenverarbeitungszentrum errichtet, wird nun schon rund zehn Jahre als Kunst- und Kreativhaus genutzt - mehr als 200 Kreative arbeiten darin auf fünf Etagen. Mittlerweile steht es im Schatten des neugebauten Turms der Garnisonkirche.

Für Hans-Jürgen Scharfenberg vom Potsdamer BSW-Ableger steht außer Frage, dass das Gebäude erhalten bleiben kann. Und das, obwohl Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) am 9. April im Hauptausschuss deutlich gemacht hat, dass - zu seinem Bedauern - der DDR-Bau aus Sicht der Stadt über die bisherige Nutzungszeit hinaus nicht fortbestehen könne. Das bisherige Enddatum ist der 31. Januar 2026, vereinbart im Jahr 2023. Danach könnte das Rechenzentrum abgerissen werden.

Künstler sollen in neues Quartiers im Langen Stall ziehen

Es gebe keine weitere Möglichkeit zur Verlängerung, so Schubert. Das liege an dem gescheiterten Versuch, weitere Kompromissgespräche zwischen der Stadt Potsdam und der Stiftung Garnisonkirche zur Zukunft des Rechenzentrums zu führen. Der Stiftung gehört ein Fünftel der Fläche, auf der das Gebäude steht. Und deshalb müsse sie gefragt werden, wenn die Stadt den Fortbestand des Rechenzentrums verstetigen wolle, so die Interpretation des Oberbürgermeisters.

Die Nutzungsdauer ist an die Fertigstellung des neuen Potsdamer Künstlerquartiers im Langen Stall geknüpft. Die Bauarbeiten enden dort bald. Mit dem möglichen Umzug der Künstlerinnen und Künstler aus dem Rechenzentrum in das nahegelegene, neue Quartier gebe es keinen Grund mehr, das Rechenzentrum weiter zu nutzen, argumentiert die Stiftung. Konkrete Pläne, ein Kirchenschiff zu bauen, hat sie derzeit aber nicht.

Scharfenberg sagt, es müsse hinterfragt werden, welchen Zugriff die Stiftung Garnisonkirche auf ihr Fünftel "im Ernstfall" habe. Und darauf gebe es auch eine konkrete Antwort. Im Grundstücksüberlassungsvertrag zwischen der Stadt Potsdam und der Stiftung sei geregelt, so Scharfenberg, dass die Stiftung ihr Veto zum Erhalt des Rechenzentrums einlegen könne, wenn sie denn konkrete Bauabsichten verfolge.

Dass das geschieht, ist zuletzt aber noch unwahrscheinlicher geworden. Denn die Stiftung steckt in Finanznot. Die Einnahmen decken derzeit nicht ihre Ausgaben. Gerade hat sie die Landeskirche um einen Aufschub beim Abzahlen des Kredits gebeten, der für den Turmbau bewilligt worden war.

Auch Steinmeier sprach sich für Erhalt des Rechenzentrums aus

Außerdem solle eine Art Grundfinanzierung aus Steuergeldern gezahlt werden, wünscht sich Stiftungsvorstand Peter Leinemann im Gespräch mit dem rbb: "Fast alle anderen vergleichbaren Orte in der Bundesrepublik haben eine Grundsicherung aus Steuermitteln. Und wir können eigentlich nicht verstehen, auch aus der inhaltlichen Arbeit und aus den Erfahrungen der ersten sechs Monate, warum das hier anders sein sollte."

Der Bau des mit etwa 150 Millionen Euro Kosten veranschlagten Kirchenschiffs ist Stand jetzt unrealistisch und ohnhin nicht in Planung. Dafür ein bestehendes, funktionierendes Gebäude für Künstlerinnen und Künstler abzuwickeln und womöglich abzureißen, erscheint absurd. Sogar Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich für den Erhalt des Rechenzentrums ausgesprochen.

Auch deshalb stellt sich manchen mit dem Thema vertrauten Potsdamern und auch verschiedenen Stadtverordneten mittlerweile die Frage: Was wollen die Akteure mit einem Abriss des Rechenzentrums wirklich erreichen? Der mögliche Bau eines Kirchenschiffs wurde bereits bei dem Bau des neuen Kirchturms der Garnisonkirche künftigen Generationen anheim gestellt. Der derzeitig gültige Bebauungsplan sieht stattdessen Folgendes vor: eine grüne Wiese.

Beitrag von Felix Moniac

55 Kommentare

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  1. 55.

    Es war vollkommen richtig die Ruine (!) zu sprengen. Und weil sie gerade die privaten Spender ansprechen, die von einem rechtsextremen ehemaligen Berufsoffizier eingesammelt wurden, warum möchte manche Spender nicht namentlich genannt werden?

    Und warum spendet ein Hohenzoller, ein Jauch, ein Vorsitzender eines Immobilenkonzern und andere illustere Herrschaften? Unser Dorf soll schöner werden oder weil deren Immobilien in Potsdam dann an Wert gewinnen?

    Außerdem unterschlagen sie, dass rund 25 Millionen Euro an Steuergelder für den ideologisch motivierten Neubau geflossen sind und Spenden steuerlich absetzbar sind.

    Ein Wiederaufbau ist das nämlich nicht.

  2. 54.

    Wiese des Volkes 2.0 ist wohl da geplant. Wiese des Volkes 1.0 zu finden in der Mediathek des Norddeutscher Rundfunks.

  3. 53.

    Sie haben offensichtlich nicht ihren eigen Vergleich verstanden. Falsch es wurde keine Kirche gesprengt. Eine verfallene Ruine wurde gesprengt, welche die Kirche selber aus ideologischen Gründen nicht aufbauen wollte. Der Protzbau wurde versprochen sollte ohne Steuermittel errichtet werden. Jetzt werden von denen sogar dauerhaft Steuermittel eingefordert. Gelder welche dann bei echten Denkmälern wie Sanssouci fehlen. Demokratie ist sicher nicht so was gegen den Willen der Mehrheit der Potsdamer zu errichten.

  4. 52.

    Falsch, im Gegensatz zur Garnisonkirche, die aus ideologischen Gründen zu DDR Zeiten gesprengt wurde, blieben die Schlösser im Krieg verschont. Im übrigen wurde der Turm der Garnisonkirche nicht nur aus Steuermitteln finanziert, sondern auch mit zahlreichen Spenden

  5. 51.

    Potsdam ist voll mit originalen Bauten wie Schlössern und alten Wohnhäusern. Dann ist nach ihrer Logik der Aufbau der Garnisonskirche aus Steuergeldern doch auch gar nicht nötig.

  6. 49.

    Als typischer Zweckbau der DDR-Zeit ist es ein Zeugnis der Architekturgeschichte. Es können doch nicht nur architektonisch herausragende Bauwerke erhalten bleiben, auch der Standard sollte dokumentiert werden.

  7. 48.

    "Mal ein zwei Beispiele: Olympiastadion, Detlef Rohwedder Haus, Haupthalle des Messegeländes , die japanische Botschaft , usw "

    Nicht alles was hinkt ist ein Vergleich. Oder wurden das Olympiastadion, Detlef Rohwedder Haus, Haupthalle des Messegeländes, die japanische Botschaft usw. " WIEDERerrichtet um einen Wallfahrtsort für rechte Kreise zu schaffen, die den "Geist von Potsdam" wiederbeleben zu versuchen?

    Der "Geist von Potsdam" steht im krassen Widerspruch zum "Geist von Weimar", auch heute noch und ist eine "Kampfansage an die Demokratie".

  8. 47.

    Nicht sein sollte, sie ist insolvent, siehe Bericht des rbb vom 5.4.24 "Stiftung Garnisonkirche bittet erneut um Stundung von Schulden".

    "Immer wieder nur diese Links-Stuss-Stanzen! "

    Und damit haben sie sich endgültig geoutet um was es ihnen und dieser Stiftung eigentlich geht. Einen Wallfahrtsort aller rechten Kreise die sich den "Geist von Potsdam" sehnlichst zurückwünschen.

    So wie sich seinerzeit die Stiftung mit den Inschriften an den Glocken des Glockenspiels geoutet hatten.

  9. 46.

    Mit ihren Vorurteilen zeigen Sie nur, dass Sie sich überhaupt nicht mir den inhaltlichen Aufgaben der Bildungsarbeit in der Stiftung beschäftigt haben. Hier geht es nämlich u.a um Demokratie und Antisemitismus. Für Rechte Kräfte ist kein Raum in der Garnisonkirche

  10. 45.

    Diese Stiftung kann aber dafür, dass Millionen an Steuergeldern dafür verschwendet wurden den "Geist von Potsdam" wiederzubeleben um gewissen Kreisen einen symbolhaften Wallfahrtsort zu finantieren.

    Mit dem gleichen Geld hätte man auch das RZ sanieren oder neubauen können.

  11. 44.

    So ein Humbug. Unbedingt stehen lassen. Diese fiese Kirche braucht Kontrast.

  12. 43.

    Die üppige Entschädigung wurde zurückgezahlt? In einem Land wo über 100 Kirchen marode sind finden sehr viel es dreist sich einen Protzbau von Steuergeldern bezahlen zu lassen.

  13. 42.

    Wenn die Stiftung insolvent sein sollte, dann fällt das Grundstück der GK laut Satzung an den Kirchenkreis Potsdam. Es fällt nicht mehr an die Stadt zurück, und es wird auch nicht zwangsversteigert werden. Das Unwissen der Kommentatoren über die Rechtslagen und Sachverhalte hier ist horrend. Immer wieder nur diese Links-Stuss-Stanzen! Und auch der nächste Eigentümer muss den Turm und die ganze Kulturarbeit da drinnen, also die Museumsetage und die Fortbildungsarbeit zum Demokratie-Building im Turm weiter machen oder 25 Mio. Fördergelder an den Bund zurückzahlen. Dieses Geld hätte Potsdam auch nicht; auch nicht, das Personal im Turm zu bezahlen! Statt dass man sich wünscht, die Stiftung bekäme den Betrieb in den Griff, immer nur blödsinniger Unfug! Es geschieht sehr viel an guter Kulturarbeit auch im Turm! Da ist so eine kleine evangelische Akademie am Netz, die sich um Geschichtsvermittlung mit der Orientierung auf Rechtsstaatlichkeit und Demokratie kümmert. Und das sehr gut macht!

  14. 41.

    Diese Stiftung tut dem heutigen Potsdam nicht gut, da sie in unpassender Form an die schon umfänglich beleuchtete Vergangenheit erinnern will und dabei nur sich selbst im Blick hat. Und natürlich das Geld der anderen Bürgerinnen und Bürger!

  15. 40.

    Die Stiftung kann über ihr Fünftel aber nur verfügen, wenn sie genug Eigenmittel für den Neubau aufbringt. Da diese nie wirklich gut finanziell aufgestellt war, kann hier nur der Steuerzahler helfen.

    Ich als Teil der Steuerzahler jedenfalls muss nach den ganzen Abrissen im Zentrum sagen, dass ich im Zentrum lieber ein bisschen DDR Totalitarismus erhalte als preußischen Feudalpaternalismus hinterherzubauen. Auch wenn ich die alte FH bevorzugt hätte, mit dieser war der Alte Markt nicht gar so leblos.

    Ein Staat der nach kameralistischer Wirtschaftsvorstellung einem Kaffeeschnüffler hinterhergesendet hat und in schöner Regelmäßigkeit in Kabinettskriegen sich Territorien aneignete, ist kein deut besser als die DDR. Der technische Fortschritt sorgte schlicht dafür, dass Mielke und Co. Überwachungsmöglichkeiten hatten, von denen der "große" Kurfürst, der erste König in Preußen, der Soldatenkönig und der Alte Fritz usw. nur träumen konnten.

  16. 39.

    >“ Ja auch das Fake-Landtagsschloss ist so ein Ärgernis.“
    Wissen Sie, ich bin Brandenburger, aber kein Potsdamer Bürger. Ich weiß nicht, ob die Potsdamer dem damaligen Vorschlag einer Fassadenreplik für einen benötigten Parlamentsbau mehrheitlich positiv gegenüberstanden. Ich war anfangs so als Brandenburger auch skeptisch. Daher habe ich mir mal einen Tag Zeit genommen und das ganze von innen angeschaut und auch das Enseble drumherum. Für mich passt das schon ganz gut so im Vergleich zu dem mir bekannten Zustand des Areals as DDR Zeiten.
    Sie aus Berlin mögen das mergwürdig finden, ich als Nicht-Potsdamer wie ein Tourist nett anzuschauen. Die eigentliche Beurteilung überlasse ich aber hier mal den Potsdamer Bürgern und ihrem Lebensgefühl für ihre Stadt.

  17. 38.

    Ich verstehen den ein oder anderen hier nicht. Es wird doch kein Künstler vertrieben, es wird doch aktuell ein Ausweichquartier ertüchtigt oder umgebaut (so steht es zumindest im Text), nach aktuellen Standart! Also was soll das hier mit „die Künstler werden vertrieben?“

    Natürlich kann man über die Kirche gern streiten gerade zum Thema der NS zeit aber dann bitte offen über alle Gebäude ! und wo hört man auf wo fängt man an???

    Mal ein zwei Beispiele: Olympiastadion, Detlef Rohwedder Haus, Haupthalle des Messegeländes , die japanische Botschaft , usw

    Das macht keiner , warum auch ? Die Geschichte dieser Gebäude gehört nun mal zu unserer Vergangenheit, vielleicht ist auch diese Kirche einfach irgendwann mal ein Ort der Versöhnung mit diesen Taten und dieser Zeit ?

  18. 37.

    Nee, die Stiftung Garnisonkirche hat es nicht zu verantworten, dass der Stadt Potsdam einfach die vielen Millionen fehlen, um das RZ so zu sanieren und zu ertüchtigen, dass es dem Baurecht und den gesetzlich vorgeschriebenen Baunormen entspricht. Potsdam kann sich den Erhalt des RZ einfach nicht leisten! Deshalb wird es abgerissen werden. Was auch gar nicht schlimm ist, denn es gibt doch genügend Ersatzraum in der nächsten Nachbarschaft, dem Kreativquartier, extra für die RZler gebaut!!

  19. 36.

    Warum das RZ nicht erhalten? Die Stiftung Garnisonkirche drängt doch gar nicht auf Abriss. Andere machen es vor: ein Kreativhaus kann selbst die eigene Sanierung finanzieren, in dem die Kosten über die Miete umgelegt werden- Im Kreativquartier wird das schließlich auch gemacht. Nur reicht der dort entstehende Platz bei weitem nicht aus, alle Kreativschaffenden aus dem RZ aufzunehmen. Viele möchten auch gerne im RZ bleiben, weil ein lebendiges Miteinander entstanden ist, was mit Ausstellungen, Aktionen, Konzerten und Veranstaltungen die Stadt bereichert. Eine Menge gemeinnütziger Vereine haben sich hier angesiedelt und leisten wichtiges Ehrenamt in Potsdam. Heutzutage sollte man auch aus ökologischen Gründen immer erst Erhalt statt Abriss erwägen. Ich sehe noch Chancen für den Erhalt des RZ neben dem Turm, wenn alle wieder miteinander ins Gespräch kommen.

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