Konzert | Anna B Savage in Berlin - Ein Konzert als emotionale Arbeit

Do. 17.04.25 | 09:09 Uhr | Von Hendrik Schröder
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Archicbild:Anna B Savage am 16.11.2024.(Quelle:picture alliance/Sipa USA/SOPA Images)
Audio: rbb24 Inforadio | 17.04.2025 | Hendrik Schröder | Bild: picture alliance/Sipa USA/SOPA Images

Mit 16 Jahren brachte die britische Musikerin Anna B Savage ihre ersten Songs raus - und hatte gleich Erfolg. Zehn Jahre später tourt sie mit ihrem dritten Album durch Europa und berührt die Zuschauer - und sich selbst. Von Hendrik Schröder

Irgendwas stimmt doch nicht, denkt man am Anfang. Anna B Savage spielt die ersten Akkorde auf ihrer Westerngitarre, schließt die Augen, singt - und fängt nach ein paar Takten an, den Kopf und ihre langen blonden Haare hin und her zu schütteln, als würde sie sagen: "Nein, Nein, Nein, so geht das nicht". Aber was ist los? Der Sound ist zumindest im Saal top. Er ist klar, warm, transparent. Der Frannz-Club in der Kulturbrauerei ist auch echt gut voll mit ein paar hundert Leuten, viel mehr würden nicht reingehen. Und die sind auch noch leise, lauschen, tuscheln nicht, filmen nicht, sind echt da und hören zu. Also was passt ihr nicht?

Weise, zart und lebenserfahren

Aber dann löst sich die Frage auf. Das Schlagzeug steigt ein, der Sound schwillt an und Annas Kopfschütteln wird immer ekstatischer. Und siehe da: Das ist einfach ihre sehr unkonventionelle Art, ihr Ausdruck, wenn sie sich in die Musik fallen lässt.

Spielt Anna B Savage nicht Gitarre und singt nur, dann tanzt ihre rechte Hand durch die Luft, als würde sie sich selbst dirigieren, dazu diese eben geschlossenen Augen und ein Gesichtsausdruck, der sie viel reifer, weiser und lebenserfahrener aussehen lässt, als man es bei einer Mittzwanzigerin vermuten würde. Ihre Körperhaltung verrät dabei, dass diese Performance schon auch emotionale Arbeit ist. Als wollten die Songs raus, als müssten sie auch raus, aber so ganz von selbst tun sie es nicht. Das wirkt aber nicht angespannt, sondern im Gegenteil einfach 100 Prozent involviert.

Wir sind alle eins

Drei Alben hat Anna B Savage mittlerweile veröffentlicht (zwei, wie sie selbst sagt, über das Single-Dasein, eins darüber, wie es ist, ein Paar zu sein). Ihre erst EP kam, da war sie noch minderjährig. In ihrer Heimat in Großbritannien und in ihrer Wahlheimat Dublin ist sie durchaus noch ein paar Nummern größer als in Deutschland, das Internet ist voll mit positiven Kritiken größerer und kleinere Gazetten.

Bei ihren Konzerten aber steht Anna B Savage nicht in der Mitte der Bühne, sondern am Rand. Aufgereiht neben ihrer Band. Als wolle sie sagen: Das ist hier keine Ego-Show, nur weil mein Name draufsteht. Und tatsächlich wirkt sie mit ihrer ungemein sympathischen dreiköpfigen Band wie zusammengewachsen. Keyboarderin, Schlagzeuger, Basser, alle haben ständig Blickkontakt, nicken sich die Einsätze zu und sehen in ihrer Neohippiehaftigkeit ein bisschen aus wie eine Version der Kelly Family in britisch und gut.

Leise besser als laut

Der Bassist streicht seinen - E-Bass wohlgemerkt - ab und an mit dem Bogen, der Drummer macht keinen Schlag zu viel, aber wenn es mal jazzig und heftig wird neben den vielen fast ätherischen Balladen, dann langt er ordentlich zu. Wobei man sagen muss, dass Anna und ihre Crew bei den ruhigen Stücken deutlich stärker sind als bei den selteneren lauten Nummern. Bei den vielen folkigen, zarten Balladen wirkt das alles so romantisch fragil, so deep, so bedeutungsvoll. Zwar klingen viele Songs live ein bisschen ähnlich, aber das macht nichts. Es ist mehr eine Gesamtstimmung, in die sich das schwer begeisterte Publikum hineinziehen lässt. So andächtig hören die Leute teilweise zu, dass jedes Eiswürfelklirren von der Bar schon stört.

Und dann wird es auch noch witzig

Zwischen den Songs stimmt Anna B Savage manchmal sehr lange ihre Gitarre und sagt einfach gar nichts. Keine Mätzchen, keine Show, nur Musik. Später wird sie dann aber doch etwas redseliger, witzig sogar. Ein Mal wird die Stille in einer Stimmpause so laut, dass sie mitten hinein fragt: "Und, hat jemand bis hierher Fragen?". Alle lachen.

Und politisch wird es auch. Gerade der Umgang Londons mit Irland mache ihr viele Gedanken, sagt sie, seitdem sie nach Irland gezogen sei. Und spielt einen Song eben darüber. Mit vielen ur-irischen Redewendungen darin. Alles in allem ein sehr gelungenes Konzert einer außergewöhnlichen Künstlerin.

Sendung: rbb24 Inforadio, 17.04.2025, 7:55 Uhr

Beitrag von Hendrik Schröder

1 Kommentar

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  1. 1.

    Ich hab mir grad eine Platte von ihr gekauft! Das ist sowas von sauschöööönnn!!!

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