Konzert | Bear McCreary in Berlin - Filmmusik, die keine Leinwand braucht

Der US-Amerikaner Bear McCreary nutzt für seine Filmmusik vor allem tief gestimmte Gitarren und brachiale Drumbeats - zum Beispiel für die "Herr der Ringe"-Serie oder "God Of War". Im Berliner Metropol spielte er inklusive Band mit voller Metal-Wucht. Von Jakob Bauer
In Filmmusik-Konzerten sitzen meistens Orchester vorne auf der Bühne, auf einer Leinwand laufen dazu Szenen aus den Filmen. Bear McCreary hat im Berliner Metropol kein Orchester dabei, stattdessen eine sechsköpfige Band. Und die drückt mit brachialer Lautstärke und amtlicher Metal-Wucht gleich mal die Luft aus dem Metropol heraus.
Brachiale Beats statt Bratsche
Denn Bear McCreary ist kein John Williams und auch kein James Newton Howard. Er nutzt für seine Filmmusik zwar Orchester-Klänge, aber vor allem tief-gestimmte Gitarren und brachiale Drumbeats. Zumindest in diesem Konzert, in dem der Fokus erstmal nicht auf seinen großen Erfolgs-Kompositionen zu Produktionen wie "Battlestar Galactica", "God Of War" oder "The Walking Dead", sondern auf seinem Solo-Projekt liegt. Das aktuelle Solo-Album von McCreary heißt "The Singularity", aufgenommen hat es der 46-jährige US-Amerikaner mit Musik-Größen wie Serj Tankian von System Of A Down, Rufus Wainwright, Slash oder auch Corey Taylor von Slipknot. Das Album verbindet Metal, Rock, Opern-Dramatik und gesprochene Parts und zeigt so ziemlich gut den eklektischen Ansatz von Bear McCreary, der mit seiner Musik immer auf ganz vielen Ebenen ganz viele Emotionen anrühren will.
Nicht viel los – und zu hell
Und auch wenn die sieben Männer auf der Bühne mächtig loslegen, ist man anfangs eher unsicher, ob das so ein cooler Abend wird, denn: Es sind nur geschätzt 150 bis 200 Leute da, die sich im weitläufigen Raum verlieren. Zudem ist das Licht ist zu hell und es gibt zwar eine Leinwand, aber die ist klein und hängt viel zu hoch über der Bühne. Der 46-jährige Bear McCreary spielt anfangs auch nur Gitarre und gibt nicht den Frontmann. Das macht ein Sänger mit hervorragender, sehr variabler Stimme – er muss ja die ganzen Feature-Gäste, die McCreary auf den Original-Aufnahmen unterstützen, live ersetzen – aber der ist ja eigentlich nicht der Star des Abends.
Intimität im Riff-Gewitter
Aber diese Zweifel sind so schnell weggewischt, wie die Finger der Gitarristen über ihre Saiten fliegen. Die Musik ist aufregend facettenreich. Komplex. Virtuos. Harmonien, Rhythmen, Tempi, ständig im Wandel. Trotzdem sind da auch immer diese großen filmischen Gesten und die tonnenschweren, erdenden Riffs, die einem die Hose nach unten ziehen. Auch die Instrumente ändern sich dauernd, McCreary spielt mal Akkordeon, mal Kinderklavier und sogar eine Drehleier. Manchmal singt der Bassist, dann der Keyboarder, mal sechs Leute gleichzeitig, es ist ein großes Sammelsurium an Sounds, das trotzdem einen reichen Gesamtklang ergibt. Nach anfänglichem Abtasten versprühen Band und Publikum daher schnell ganz viel gemeinsame Freude und es wird tatsächlich ein bisschen intim.
Denn diese Musik hat für viele einen emotionalen Wert, über die Songs hinaus. McCreary und Band spielen viele seiner "Hits" – Lieder aus Serien, die Menschen seit Jahren Alltag begleiten, wie die "Ringe der Macht", "Outlander" oder "The Walking Dead". Dass nur wenige gekommen sind, ist plötzlich von Vorteil. Jeder nimmt sich seinen Platz, findet seine Art, diese geliebten Klänge in sich aufzunehmen. Ein Paar tanzt völlig losgelöst zu einem Song aus dem Spiel "God Of War".
Ohne Helden cooler
Es ist ja immer die Gretchen-Frage: Kann die Filmmusik auch ohne Film funktionieren oder verliert sie an Substanz? Bei Bear McCreary und Band passiert das Gegenteil: Wenn das alles in Kombination mit den epischen Super- und Fantasy-Helden auf der Leinwand, zu denen McCreary oft die Musik schreibt, manchmal etwas pathetisch drüber wirkt, trifft die Musik live genau den richtigen Ton. Gewaltig, durchaus berührend, aber nicht kitschig. Und trotz der eher düsteren und harten Songs verlässt man hier überraschend vergnügt das Metropol.
Sendung: rbb24 Inforadio, 24.04.2025, 7:55 Uhr