Großer Gewinner, großer Anspruch: "September 5" von Tim Fehlbaum hat alle wichtigen Preise mit nach Hause nehmen können. Der 75. Deutsche Filmpreis war ein Abend voller Glanz - aber auch politischer Zwischentöne. Von Ula Brunner
Es war der große Abend von "September 5": Tim Fehlbaums Thriller über das Olympia-Attentat von 1972 räumte beim Deutschen Filmpreis 2025 ab – neun Lolas, darunter die Goldene für den Besten Spielfilm, sowie Auszeichnungen für Regie, Drehbuch, Schnitt, Kamera und Nebendarstellerin Leonie Benesch. Der mit zehn Nominierungen gestartete Film setzte sich gegen starke Konkurrenz durch und bestätigte seinen Favoritenstatus.
Fehlbaums Werk erzählt die Geschehnisse jenes schicksalhaften 5. September 1972 konsequent aus Sicht eines US-Fernsehteams – als intensives Kammerspiel, das Medienethik, politische Ohnmacht und globale Aufmerksamkeit in der Krise reflektiert. Schon bei den Oscars war "September 5" für das beste Originaldrehbuch nominiert – nun folgte der nationale Triumph.
"Uns war wichtig, die Rolle der Medien kritisch zu hinterfragen", sagte Regisseur Fehlbaum. "Aber gerade in Zeiten von 'Lügenpresse' und 'Fake News' sind unabhängige Medien ein Grundpfeiler der Demokratie. Bei aller Kritik ist es wichtig, Medien zu unterstützen. Wir haben vor Augen, was passiert, wenn diese nicht mehr unabhängig berichten können."
So war die Lola-Gala: Preisträger und Highlights
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Oha, Helena Zengel - der Kinderstar ist fast 17 Jahre alt. Mit "Systemsprenger" wurde sie auch international bekannt. Seither hat sie mit Tom Hanks, Emily Watson oder Willem Dafoe gedreht. Auf dem roten Teppich vor dem Berilinale-Palalst zieht sie viele Blicke auf sich.
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Auch in diesem Jahr moderiert wieder Schauspieler Christian Friedel die glanzvolle Lola-Gala. Manchmal sogar musikalisch.
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"In Liebe, eure Hilde" - Andreas Dresen mit seiner langjährigen Drehbuchautorin Laila Stieler. Der Film gehört zu den Favoriten bei der diesjährigen Preisverleihung.
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Roter Teppich für das Team von "In Liebe, eure Hilde" von Andreas Dresen. Siebenfach ist das Porträt der NS-Widerstandskämpferin Hilde Coppi nominiert.
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Er ist einer der vielseitigsten deutschen Schauspieler: Alexander Scheer. Zweifach ist er als bester Nebendarsteller nominiert - aber am Ende geht er leer aus.
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Leonie Benesch gehört zur exklusiven Riege der Berlinale-Shooting-Stars. Die sensible Darstellerin erhält in diesem Jahr eine Lola für "September 5".
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Überraschung für Schauspieler Godehard Giese: Er freut sich über die Lola für die beste männliche Nebenrolle in "Sad Jokes".
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Mit der Filmdoku über Petra Kelly - "Act Now!" gewinnen Birgit Schulz und Doris Metz die Lola für den besten Dokumentarfilm.
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Politikerinnen unter sich: Claudia Roth und Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) auf dem roten Teppich.
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Während der Preisverleihung erreichte den Saal die Nachricht, Margot Friedländer sei im Alter von 103 Jahren verstorben. Erschüttert gedenkt der Musiker Igor Levit der Holocaust-Zeitzeugin.
Die Damen in Blau in der Mitte wird gefeiert von Schauspielern, deren Karriere sie an den Start gebracht wird: Besetzungschefin Dorthe Braker ist die diesjährige Ehrenpreisträgerin beim Deutschen Filmpreis. Von Li-re: Jan-Josef Liefers, Heino Ferch, Dorthe Braker, Meret Becker und Heike Makatsch. | Bild: picture alliance/dpa | Christoph Soeder
Sie schwenkt ihre Trophäe: Schauspielerin Liv Lisa Fries mit der Lola als beste Hauptdarstellerin in Dresens "In Liebe, Eure Hilde". | Bild: picture alliance/dpa | Christoph Soeder
Aus dem Iran zugeschaltet, bedankt sich Misagh Zare für seine Auszeichnung als beste männliche Hauptrolle in dem Film "Die Saat des heiligen Feigenbaums". | Bild: picture alliance/dpa | Christoph Soeder
Tim Fehlbaum, Regisseur von "September 5" wird auch für seine Regiearbeit geehrt. | Bild: picture alliance/dpa | Christoph Soeder
Das Produzententeam von "In Liebe, eure Hilde" freut sich über die Lola für den besten Spielfilm Bronze. | Bild: IMAGO / Eventpress
Regisseur Mohammad Rasoulof erinnert an die Repressionen im Iran. Das ist auch Thema seines Films "Die Saat des heiligen Feigenbaums". Er gewinnt die Lola für den besten Spielfilm Silber. | Bild: picture alliance / Eventpress Fuhr
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Der unbestrittene Gewinner des Abends: "September 5" nimmt neun Lolas nach Hause - und den Hauptpreis: die Lola für den besten Spielfilm Gold. Zum Artikel
Silber und Bronze für zwei Filme gegen Repressionen
Die Lola in Silber ging an Mohammad Rasoulofs "Die Saat des heiligen Feigenbaums", ein mutiger Film über die Repression im Iran. Hauptdarsteller Misagh Zare wurde für seine Verkörperung eines innerlich zerrissenen Imam ebenfalls ausgezeichnet. Regisseur Rasoulof, selbst im Exil lebend, erinnerte in seiner Dankesrede eindringlich an den Freiheitskampf in seiner Heimat.
Bronze erhielt Andreas Dresens "In Liebe, Eure Hilde" – das bewegende Porträt der NS-Widerstandskämpferin Hilde Coppi. Liv Lisa Fries wurde für ihre Rolle als beste Hauptdarstellerin geehrt. "Ich habe bei Andreas Dresen vor allem Präzision gelernt", sagte die 34-Jährige. Und ergänzte schmunzelnd: "Gewinnen ist nicht wichtig – aber trotzdem schön."
Liv Lisa Fries mit ihrer Lola für die Darstellung der Hilde Coppi in Dresens "In Liebe, eure Hilde" | Bild: picture alliance/dpa | Christoph Soeder
Von den drei weiteren Kandidaten im Rennen um den Besten Spielfilm wurde nur "Islands" ausgezeichnet: Dascha Dauenhauer erhielt eine Lola für die Filmmusik in Jan-Ole Gersters Psychothriller. Ido Fluks Musikfilm "Köln 75" über das legendäre Konzert des Jazz-Pianisten Keith Jarrett, sowie "Vena", eine Milieustudie der Nachwuchsregisseurin Chiara Fleischhacker gingen leer aus.
Giese: "Der Film existiert nur, weil wir Kino lieben"
Überraschend entschied Godehard Giese das Rennen um die beste Nebenrolle für sich – für seine Darstellung in dem Low-Budget-Film "Sad Jokes". "Dieser Preis bedeutet mir viel. Der Film existiert nur, weil wir Kino lieben", sagte er sichtlich bewegt. Alexander Scheer, der gleich mit zwei Filmen konkurrierte, musste Giese unerwartet das Feld überlassen.
Als bester Dokumentarfilm setzte sich die rbb/Arte Koproduktion "Petra Kelly – Act Now!" ein Porträt der Grünen-Ikone, gegen "Hollywoodgate" und "Riefenstahl" von Andres Veiel durch.
Margot Friedländer ist tot. Die Holocaust-Überlebende starb am Freitag im Alter von 103 Jahren in Berlin. An diesem Tag hätte sie eigentlich das Große Bundesverdienstkreuz entgegennehmen sollen.
Emotionales Gedenken an Margot Friedländer
Zu einem der emotionalsten Momente des Abends wurde das Gedenken an die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer, die am Freitag im Alter von 103 Jahren starb. Pianist Igor Levit würdigte sie unter Tränen: "Ihr Leben ist eine Aufforderung, ihr gerecht zu werden." Das Publikum erhob sich zu einer Schweigeminute – ein stiller Höhepunkt der Gala. Friedländer war 2024 noch als Ehrengästin beim Filmpreis anwesend.
Auch Wolf Biermann erinnerte bei seinem Gastauftritt an die Kraft von Margot Friedländer und mahnte gegen antidemokratische Kräfte und Parteien.
Systemwechsel mit Symbolkraft
Es ist ein Abend, an dem sich das deutsche Kino jedes Jahr selbst in Szene setzte - die glanzvolle Lola-Gala im Berlinale-Palast am Potsdamer Platz. Doch hinter der Glitzerfassade des Abends steckt nun ein Umbruch: Zum ersten Mal wurde der Deutsche Filmpreis ohne Preisgeld vergeben. Rund drei Millionen Euro, die bislang direkt an die Preisträger:innen flossen, wandern künftig in die kulturelle Filmförderung des Bundes. Wer gewinnt, profitiert nur noch indirekt – über bessere Chancen bei zukünftigen Förderentscheidungen. Parallel trat ein reformiertes Filmförderungsgesetz in Kraft, das Nachhaltigkeit, Diversität und gesellschaftliche Relevanz stärker gewichten will. Bis zu 30 Prozent der Produktionskosten können künftig erstattet werden – ein Schritt hin zu internationaler Wettbewerbsfähigkeit.
Tiefes Durchschnaufen bei Filmschaffenden im Land: Der Bund hat kurz vor Ultimo ein neues Gesetz zur Filmförderung auf den Weg gebracht. Seit Jahresbeginn ist es nun in Kraft. Von Antje Bonhage
Filmförderung im Umbau: Hoffnung mit Hürden
Vielleicht steht "September 5" auch sinnbildlich für ein Kino, das Haltung zeigt, formal überzeugt und international mitspielen will. Doch sein Erfolg fällt in eine Phase der Verunsicherung: Wie sehr wird sich das neue Fördersystem tatsächlich auf Qualität und Vielfalt auswirken?
Können Filme wie "September 5" oder auch "Die Saat des heiligen Feigenbaums", die politisch brisant und aufwendig produziert sind, künftig leichter entstehen? Immerhin: Die Lolas zeigen, was möglich ist wenn Mut, Handwerk und Förderung zusammenkommen. Es liegt auch an der Politik, diesen Anspruch nicht nur auszuzeichnen – sondern dauerhaft zu ermöglichen.
Der Deutsche Filmpreis gehört zu den wichtigsten Auszeichnungen der Branche. Zur Verleihung waren rund 1.700 Gäste in das Theater am Potsdamer Platz in Berlin eingeladen, darunter auch der neue Kulturstaatsminister Wolfram Weimer. Moderiert wurde die Gala von Christian Friedel.
Die Nominierungen im Überblick
Bester Spielfilm
Lola in Gold: "September 5"
Lola in Silber: "Die Saat des heiligen Feigenbaums" (Produzent:innen: Mohammad Rasoulof, Mani Tilgner, Rozita Hendijanian)
Lola in Bronze: "In Liebe, eure Hilde" ((Produzent:innen: "Ein ganzes Leben" (Produzenten: Timm Oberwelland, Theodor Gringel, Dieter Pochlatko)
Ebenfalls nominiert:
"Islands" (Produzent: Sam Riley)
"Köln 75" (Produzent:innen: Sol Bondy, Fred Burle)
"Vena" (Produzenten: Dietmar Güntsche, Martin Rohé)
Beste Regie
"September 5" (Tim Fehlbaum)
Ebenfalls nominiert
"Die Saat des heiligen Feigenbaums" (Mohammad Rasoulof)
"In Liebe, eure Hilde" (Andreas Dresen)
Beste männliche Hauptrolle
Misagh Zare in "Die Saat des heiligen Feigenbaums"
Ebenfalls nominiert:
Sam Riley: "Cranko"
Sam Riley: "Islands"
Beste weibliche Hauptrolle
Liv Lisa Fries: "In Liebe, eure Hilde"
Ebenfalls nominiert:
Mala Emde: "Köln 75"
Emma Nove: "Vena"
Bestes Drehbuch
"September 5" (Tim Fehlbaum, Moritz Binder)
Ebenfalls nominiert:
"Die Saat des heiligen Feigenbaums" (Mohammad Rasoulof)
"In Liebe, eure Hilde" (Laila Stieler)
Bestes Maskenbild
Sabine Schumann für "September 5"
Ebenfalls nominiert:
Jeanette Latzelsberger, Gregor Eckstein für "Hagen - Im Tal der Nibelungen"
Grit Kosse, Uta Spikermann, Monika Münnich für "In Liebe, eure Hilde"
Bestes Kostümbild
Juliane Maier, Christian Röhrs für "Cranko"
Ebenfalls nominiert:
Pierre-Yves Gayraud für "Hagen - Im Tal der Nibelungen"
Birgitt Kilian für "In Liebe, eure Hilde"
Bestes Szenenbild
Julian R. Wagner, Melanie Raab für "September 5"
Ebenfalls nominiert:
Matthias Müsse, Nancy Vogel für "Hagen - Im Tal der Nibelungen"
Astrid Poeschke für "Cranko"
Beste Tongestaltung
Lars Ginzel, Frank Kruse, Marc Parisotto, Marco Hanelt für "September 5"
Ebenfalls nominiert:
Stefan Soltau, Thomas Kalbér, Tobias Fleig für "Islands"
Bernhard Joest-Däberitz, Frank Kruse, Matthias Lempert, Markus Stemler, Alexander Buck für "Das Licht"
Beste Filmmusik
Dascha Dauenhauer für "Islands"
Ebenfalls nominiert:
Dascha Dauenhauer für "Kein Tier. So wild"
Lorenz Dangel für "September 5"
Bester Kinderfilm
"Akiko, der fliegende Affe" (Produzent: Veit Helmer)
Ebenfalls nominiert:
"Woodwalkers" (Produzentinnen: Corinna Mehner, Carolin Dassel)
Beste visuelle Effekte
Jan Stoltz, Franzisca Puppe für "Hagen - Im Tal der Nibelungen"
Ebenfalls nominiert:
Robert Pinnow für "Das Licht"
Max Riess, Sven Martin, Bernie Kimbacher für "Woodwalkers"
Ebenfalls nominiert:
"Hollywoodgate" (Produzent:innen: Talal Derki, Shane Boris, Odessa Rae)
"Riefenstahl" (Produzent:innen: Sandra Maischberger, Andres Veiel)
Beste Kamera/Bildgestaltung
Markus Förderer für: "September 5"
Ebenfalls nomiminiert:
Philipp Sichler für: "Cranko"
Lisa Jilg für "Vena"
Bester Schnitt
Hansjörg Weißbrich für "September 5"
Ebenfalls nominiert:
Andrew Bird für "Die Saat des heiligen Feigenbaums"
Anja Siemens für "Köln 75"
Beste männliche Nebenrolle
Godehard Giese: "Sad Jokes"
Ebenfalls nominiert:
Alexander Scheer: "In Liebe, eure Hilde"
Alexander Scheer: "Köln 75"
Beste weibliche Nebenrolle
Leonie Benesch: "September 5"
Nominiert
Anne Ratte-Polle: "Bad Director"
Niousha Akhshi: "Die Saat des heiligen Feigenbaums"
Weitere Preise
Ehrenpreis: Dorthe Braker
Besucherstärkster Film der Saison: "Die Schule der magischen Tiere - Teil drei" (Regie: Sven Unterwaldt, Produzentinnen: Meike und Alexandra Kordes)
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5.
Eine Branche, die man bis auf wenige Ausnahmen nur verachten kann. Na, Hauptsache, bei der wunderbaren Frau Friedländer wird wieder geheuchelt.
4.
Starker filmjahrgang mit starken Frauenrollen. Bei den Männern - naja. Die Kategorie der Hauptdarsteller sagt alles aus, wenn eine Performance wie die von Sam Reiley als Cranko nominiert wird. Und von den Feigenbaum-Damen hat es leider nur die unscheinbarste Performance in die Endauswahl geschafft. Schade. Die Sieger waren vorhersehbar, auch wenn ich es Anne Ratte Polle wirklich mehr gewünscht hätte. Sie hat die Rolle zerlegt, wie es in der Laudatio treffend hieß. Die Show wie so häufig eher mau, besonders unangenehm einige Herrschaften, die sich in ihrem Betroffenheitsgeplänkel gegenseitig überbieten wollten. Dass man Frau Friedländer mit so einem lähmenden Trauerduktus honoriert , ist falsch verstandene Ehrerweisung, aber sehr gut, sich dahinter mit dem eigenen Tun zu verstecken. Leider mal wieder sehr scheinheilig deutsch.
Was ist ihr Problem ? Was war denn groß politisiert ?? Manche Leute haben Meinungen, sogar eigene und ehrenwerte !
2.
Auch wieder wie die Berlinale politisiert - Ekelhaft.
1.
"das Nachhaltigkeit, Diversität und gesellschaftliche Relevanz stärker gewichten will"
Genau das sind die Kriterien, die die meisten Zuschauer vor Augen haben, wenn es darum geht, einen Film auszusuchen.
Dann werden sicher zukünftig die Kinosäle, bei deutschen Filmen wieder voll sein.