Berlinale in Präsenz - Das Publikum ist zurück

Nach zwei Jahren Berlinale "remote" ist das Publikum ohne Pandemie-Einschränkungen zurück in den Festivalkinos der Hauptstadt. Erste Zahlen zu den Ticketverkäufe zeigen: Die Berlinale läuft fast wieder wie vor Corona. Von Chiara Kempers
Überall in der Stadt hängen zurzeit die Berlinale-Plakate. Das Motiv der Berliner Grafikerin Claudia Schramke zeigt stilisierte Menschenbilder - mit Hut, Zopf oder Bart. "Das Plakatmotiv der 73. Berlinale lenkt die Aufmerksamkeit auf das unverzichtbare Zentrum eines Filmfestivals in einer Metropole: das Publikum", sagt Berlinale-Geschäftsführerin Mariëtte Rissenbeek dazu.

Ja, das Publikum ist zurück. Die Tickets für Präsenzveranstaltungen waren innerhalb von Minuten ausverkauft. Dieses Jahr konnte man die Tickets allerdings zum ersten Mal ausschließlich online kaufen. Bisher übliche Berlinale-Phänomene wie das Übernachten vor Ticketschaltern und lange Schlangen fielen daher weg.

Tickets auch in diesem Jahr schwer zu bekommen
Die Besucher:innen konnten theoretisch bequem vom Handy oder PC auf der Arbeit buchen, sobald die Tickets morgens um 10 Uhr freigeschaltet wurden. Das hieß aber nicht, das alle, die wollten, ein Ticket bekommen.
Es sei wie immer schwer, an die Tickets zu kommen, berichtete beispielweise eine Besucherin vor dem Berlinale-Palast am Potsdamer Platz - während sie und eine Handvoll anderer Filmfans Schilder hochhalten, auf denen "Suche Karte" steht.
Ticket-Verkäufe fast wie vor Corona
Am Mittwoch zogen die Berlinale-Chefs Mariëtte Rissenbeek und Carlo Chatrian eine erste Bilanz: 267.000 Tickets wurden bis dahin verkauft. Damit sei der Vor-Pandemie-Durchschnitt schon fast wieder erreicht. Vor 2021 wurden im Durchschnitt 300.000 Berlinale-Tickets verkauft.
Der Potsdamer Platz, normalerweise das Herz der Berlinale, ist in diesem Jahr nur eine von vielen Spielstätten. Sowohl Cinestar als auch Cinemaxx sind baustellenbedingt geschlossen oder nur für die Pressevorführungen geöffnet. Dafür gibt es im Berliner Osten eine neue Location: die Verti-Music-Hall. Auch die werde vom Publikum gut angenommen, hieß es von der Berlinale-Leitung.
"Die Sitze sind wahnsinnig unbequem"
Die Verti-Music-Hall, die neue Berlinale-Location an der Warschauer Straße, ruft bei Besuchern und Besucherinnen jedoch teils gemischte Gefühle hervor. Auf dem tristen Betonplatz direkt neben einer Shopping Mall kommt nur wenig festliche Stimmung auf. Eine Lehrerin aus Dänemark freut sich über die Größe der Mehrzweckhalle und die vielen Plätze. Sagt aber auch, das Pendeln sei nervig und die Halle ungemütlich. "Man merkt halt, dass es kein Kino ist und die Sitze sind wahnsinnig unbequem."
Trotzdem, sagt die Lehrerin, mit 120 Schülern für die Berlinale angereist ist, sie sei überglücklich, die Berlinale wieder in Präsenz besuchen zu können. Sie hat Tickets für "Manodrome" ergattert, den Wettbewerbsfilm vom südafrikanischen Regisseur John Trengove.
Zwei junge Männer, die ebenfalls "Manodrome" sehen möchten, finden die Location okay, das Programm der Berlinale aber bis jetzt durchwachsen: "Ich habe schon fünf Filme gesehen, nur jeder zweite Film war bis jetzt gut", sagt einer. Die Verti-Music-Hall sei ganz okay, die anderen Locations finden sie aber besser.

Glamour nur am Potsdamer Platz
Das ausschließliche Online-Ticketing wird von der Berlinale Geschäftsführung als Corona-Hygienekonzept begründet. Das ist aber auch das einzige, das einen an die Pandemie erinnert. Viele Säle sind voll besetzt, Masken sieht man nur vereinzelt. Desinfektionsspender, die auf der Berlinale Website angekündigt wurden, sind gut versteckt oder leicht zu übersehen. In den Kinos wird munter gehustet und Nase geputzt, wie es auch in den Jahren vor der Pandemie im Februar eben war.
In der U-Bahn wird wieder über Filme diskutiert, am Potsdamer Platz werden die Namen großer Filmstars geschrien, nach den Vorführungen wird geklatscht, manchmal gibt es auch Standing Ovations.
Auch wenn es weiter schwer ist, an Karten zu kommen, oder in einer Mehrzweckhalle das Kinoerlebnis mal auf der Strecke bleibt - Hauptsache: Berlinale reloaded.
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