Fördermittel - Brandenburg wird immer wichtiger als Standort für die Filmbranche

Mi 15.02.23 | 06:07 Uhr | Von Amelie Ernst
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Audio: rbb24 Inforadio | 16.02.2023 | Amelie Ernst

Der Berlinale-Wettbewerbsbeitrag "Roter Himmel" spielt an der Ostsee, ist aber zwischen Uckermark und Spreewald entstanden. Brandenburg wird für die Filmwirtschaft als Produktionsort zunehmend interessanter. Woran liegt das? Von Amelie Ernst

Es gibt fast nichts, was es nicht gibt in Brandenburg – außer Berge und Meer. Diese Möglichkeiten machen das Land attraktiv für Filmemacher:innen, wirbt das Medienboard Berlin-Brandenburg.

Filmproduzent Anton Kaiser kann das bestätigen – auch er wurde für den neuen Christian-Petzold-Film "Roter Himmel" in Brandenburg fündig. Genauer gesagt in der Nähe von Zossen. Aus einem leerstehenden Forsthaus am Mellensee machten er und sein Team ein Sommerhaus an der Ostsee – inklusive Reetdach. "Wir hatten vollkommen unsere Ruhe. Und einen Motivgeber, der der Sache sehr aufgeschlossen gegenüberstand."

Berlinalefilm gedreht mit Geld aus Brandenburg

Tatsächlich meint Produzent Anton Kaiser auch die Behörden, die den Umbau und die 20 Drehtage im Forsthaus am Mellensee erst möglich gemacht hätten. Nach ersten Telefonaten, in denen es oft hieß, dass das jeweilige Vorhaben schwierig werden könne, sei man dann doch immer wieder auf viel Neugier und Interesse gestoßen, berichtet Kaiser. Außerdem schätzt der Produzent die Freiheit in Brandenburg. Es gebe immer noch viele Orte, die man fantasievoll gestalten könne.

So wurde der Film "Roter Himmel" nicht nur mit Geld aus Brandenburg gefördert, sondern auch fast ausschließlich hier gedreht – obwohl er eigentlich an der Ostsee spielt. Als einer von fünf deutschen Beiträgen konkurriert er in diesem Jahr um den Goldenen und die Silbernern Bären im Berlinale-Wettbewerb. Weitere 13 Produktionen aus Brandenburg werden auf dem Festival gezeigt. Der Kinofilm die "Känguru-Verschwörung" wurde in Dahme-Spreewald gedreht, die TV-Serie "Doktor Ballouz" in der Uckermark und "Das fliegende Klassenzimmer" in Potsdam-Mittelmark.

Doch das Fördergeld aus Brandenburg sei immer auch mit Auflagen verbunden, betont Wirtschaftsstaatssekretär Hendrik Fischer. Es sei wichtig "dass auch Personal von hier rekrutiert wird. Und wenn dann noch gut über uns geredet wird – das finden wir auch nicht schlecht." Schließlich könnten viele Orte die Dreharbeiten und den Wiedererkennungswert auf der Leinwand als Teil ihrer Tourismuswerbung oder als Argument für weitere Filmprojekte nutzen.

Fillmförderung bringt Investitionen für Brandenburg

Zehn Millionen Euro stellt das Land Brandenburg im kommenden Haushalt für die Filmförderung zur Verfügung – eine Million mehr als ursprünglich geplant. (Zum Vergleich: Für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen waren es 2022 rund 15 Millionen Euro regionale Filmfördermittel zusammen.)

Das Medienboard rechnet vor, dass sich das lohnt: Den 32,4 Millionen Euro Filmförderung von Bund und Land insgesamt stünden für das Jahr 2022 etwa 194 Millionen Euro Investitionen in der Region gegenüber – also etwa das Sechsfache der investierten Summe. Ganz genau berechnen lässt sich der sogenannte "Regionaleffekt" allerdings nur schwer. Doch Land und Medienboard versuchen die Anfragen so zu steuern, dass tatsächlich auch Geld in der Region bleibt – beispielsweise bei Handwerkern, Caterern und Hotelbetreibern.

Wichtiger Faktor: Die Nähe zu Berlin

Für Anton Kaisers Team war die Nähe zu Berlin ein weiteres Argument für Brandenburg – wenn auch mit Vor- und Nachteilen. Die Planungen vom Firmensitz in Berlin aus seien einfach gewesen. Und man habe in Zossen und Umgebung nach einigem Suchen auch ausreichend Unterkünfte für die Crew gefunden. "Der größte Feind war allerdings immer das Schild 'Berlin – 45 Km'." Deshalb seien viele KollegInnen dann während des Drehs doch lieber zwischen Zossen und Berlin gependelt.

Der Vorteil: Viele Filmleute vom Beleuchter bis zum Schauspieler leben in Berlin – das macht es den Produzent:innen leicht mit der Entscheidung für das nahe Brandenburg. Allerdings auch nur wenn hier weiter Fördergelder fließen, betont Medienboard-Geschäftsführerin Kirsten Niehuus. 98 Film- und Fernsehproduktionen wurden 2022 in Brandenburg gedreht. Und diese Zahl werde in den nächsten Jahren wahrscheinlich noch steigen – wegen des großen Bedarfs der Streamingdienste und der Mediatheken. "Wir haben seit Mitte Dezember keine Woche gehabt, in der es nicht mindestens eine Premiere einer Serie aus dieser Region gegeben hat."

Allerdings hat der Fachkräftemangel inzwischen auch die Filmbranche erreicht: Mit speziellen Werbeprogrammen versuchen Produzent:innen inzwischen schon Berufsschüler:innen für eine passende Ausbildung oder einen Job beim Film zu begeistern.

Doch schlecht planbare Aufträge und unregelmäßige Arbeitszeiten werden nicht mehr so selbstverständlich akzeptiert wie früher. Auch der Starfaktor sei – mit Blick auf die Work-Life-Balance – für viele kein Gegengewicht zu widrigen Arbeitsbedingungen, weiß Kirsten Niehuus. "Morgens um halb vier einen Waldweg abzusperren, nur weil irgendwo da hinten Cate Blanchett dreht – das zieht heute nicht mehr."

Sendung: rbb24 Inforadio, 13.02.2023, 12:10 Uhr

Beitrag von Amelie Ernst

6 Kommentare

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  1. 6.

    Zitat: "Die hier angesprochene Filmförderung hat meines Wissens nach auch gewisse Anforderungen: LSBT*Q, Gendersprech, bunte Darsteller, nur unkritische Handlungen u.s.w."

    Wären Sie so freundlich, "Ihr Wissen" bzgl. der Anforderungen an die Filmförderung mittels Quellenangabe zu konkretisieren, Heymann. Danke im voraus.

  2. 4.

    In Brandenburg werden auch reichlich Blockbuster gedreht. Allein aus dem Studio Babelsberg kommen:

    Das Bourne Ultimatum
    Der Vorleser
    Inglourious Basterds
    Grand Budapest Hotel
    Bridge of Spies
    V wie Vendetta
    Operation Walküre
    Der Ghostwriter
    Cloud Atlas
    Monuments Men
    Die Tribute von Panem – Mockingjay Teil 1 und 2
    Isle of Dogs – Ataris Reise
    Babylon Berlin
    Matrix Resurrections

    Für Netflix wurden die noch recht aktuellen Serien "Dark" und "Kleo" in Brandenburg gedreht.

  3. 3.

    Es muss ja dann jemanden geben der so etwas Falsches, abseits jeder richtigen Lehrmeinung, aufschreibt.
    Das können keine Filmemacher mögen.
    Eigentlich undenkbar in einer Demokratie mit künstlerischer Freiheit.
    "Fördermittel" (das ist unser Geld!) ganz klein über der fetten Überschrift: "wird immer wichtiger". Klingt wie viele "könnte-und Vorreiter"-Artikel auch.
    Gut angelegtes Geld? Der Artikel verschleiert das mehr als es das aussagt. Schade.

  4. 2.

    Die hier angesprochene Filmförderung hat meines Wissens nach auch gewisse Anforderungen: LSBT*Q, Gendersprech, bunte Darsteller, nur unkritische Handlungen u.s.w.
    So kann es denn kommen, dass das fertige Produkt Film nur schwer zu ertragen ist.

  5. 1.

    Werden auch Blockbuster gedreht oder nur Filme die mal auf kleinen oder größeren Festivals gezeigt werden und die dann archiviert werden?

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