Prenzlauer Berg - Berliner Traditionskino Colosseum meldet Insolvenz an

Fr 29.05.20 | 16:38 Uhr
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Filmtheater Colosseum, Schönhauser Allee (Quelle: imago-images/Zöllner)
Audio: JOURNAL | 29.05.2020 | J. Kowollik | Bild: imago-images/Zöllner

Die Corona-Krise fordert in Berlins Kinoszene ein äußerst prominentes Opfer: Das einstige Premierenkino der DDR in Prenzlauer Berg, das Colosseum, ist zahlungsunfähig, bestätigt der beauftragte Insolvenzverwalter - und verweist auf die Folgen der Zwangsschließung.

Wenn am 30. Juni die Kinos in Berlin wieder öffnen können, bleiben beim Colosseum in Prenzlauer Berg die Türen voraussichtlich verschlossen: Die Betreibergesellschaft des traditionsreichen Filmtheaters hat beim Amtsgericht Charlottenburg Insolvenz angemeldet. Das hat der vorläufige Insolvenzverwalter Sebastian Laboga am Freitag bestätigt. Zuvor hatte darüber der "Berliner Kurier" berichtet.

"Insolvenzantrag ist schlechte Nachricht für Berlin"

Wegen des Coronavirus habe das "Colosseum" seinen Betrieb wie alle anderen deutschen Kinos im März einstellen müssen, so Laboga. Der über zwei Monate andauernde Umsatzausfall habe schließlich zum Insolvenzantrag des Unternehmens geführt, teilte er weiter mit. Er mache sich derzeit in Gesprächen mit der Geschäftsführung ein Bild der Lage. Der Insolvenzantrag wurde für die "Kino Colosseum Betriebsgesellschaft mbH" gestellt.

Das Colosseum gehöre zu den ältesten deutschen Kinos überhaupt, hieß es in Labogas Mitteilung. Anfang der 1990er Jahre habe Filmproduzent Artur Brauner das Gebäude von der Treuhand gekauft und zum Multiplex-Kino umbauen lassen. "Der Insolvenzantrag der Colosseum-Betreibergesellschaft ist eine schlechte Nachricht für Berlin", teilte Laboga mit. "Schließlich gehört das "Colosseum" zum kulturellen Erbe der Hauptstadt. Allerdings war es nur eine Frage der Zeit, bis das erste Großkino infolge der Corona-Pandemie Insolvenzantrag stellen musste."

Kino gehört inzwischen Brauner-Sohn

Hinter dem Colosseum steht eine fast hundertjährige Kinogeschichte. Die ehemalige Straßenbahn-Wagenhalle aus dem Jahr 1894 an der an der Schönhauser Allee/Ecke Gleimstraße wurde 1924 als Kino eröffnet. Es hatte zwischenzeitlich 1.000 Plätze.

Nach dem Krieg diente das Colosseum zunächst als Kriegslazarett, später als Wärmehalle und schließlich als Theaterspielstätte. 1957 wurde die Wiedereröffnung als Kino gefeiert.

Viele Jahre lang war das Colosseum das Premierenkino Ost-Berlins und damit der gesamten DDR. Gleichzeitig war das Kino ein Ort für Jugendweihefeiern. Nach der Wende stieg der Filmproduzent Artur Brauner als Eigentümer im Colosseum ein.

Frisch saniert ging das Haus 1997 neu an den Start. Seit 2006 gehört das Colosseum zur UCI-Kinowelt-Gruppe. Deren Zentrale hat sich noch nicht geäußert. Kinoinhaber ist inzwischen der Berliner Immobilienkaufmann Sammy Brauner, ein Sohn von Artur Brauner. Artur Brauner starb im Juli vorigen Jahres kurz vor seinem 101. Geburtstag. Auch Sammy Brauner äußerte sich noch nicht zur Insolvenz.

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14 Kommentare

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  1. 14.

    Was auch bei 1,5 Metern Abstand passieren kann, wenn die Menschen keinen Mundschutz tragen können Sie googlen: 10. Mai, Gottesdienst, Frankfurt, Baptistengemeide. Aktuell 200 (!!!) Infizierte. Wollen Sie tatsächlich, dass wir sowas nach jedem Kinobesuch haben?

  2. 13.

    Sicher, ALLEIN kann man sich Filme ungestörter zu Hause ansehen. Beim Kinobesuch geht es aber doch, wie in Kommentar #12 gesagt, um "Geselligkeit". Oft in der speziellen Form von Zweisamkeit, oder, um Musik der Drifters aus besseren Kinotagen zu zitieren: "Saturday night at the movies / Who cares what picture you see / When you're huggin' with your baby / In the last row in the balcony?"

  3. 12.

    Ist es aber nicht.
    Das DDR-Kino in der Schönhauer Allee ist gemeint.
    Im "Prenzlauer Berg", meinem Ex-Kiez der keiner mehr ist. Oder im Zugereisten-Deutsch: Pankow.

  4. 11.

    Weiter so, liebe Politiker!
    Wer braucht schon Kultur, wer braucht Geselligkeit? Ist doch virtuell alles "so schön".
    Es wäre schön, wenn endlich mal auch auf andere Experten gehört wird. Gesundheit ist sehr wichtig, Wirtschaft und Gesellschaft sind auch nicht zu vernachlässigen. Vernachlässigt wurden sie aber in den letzten Wochen. Es ist Zeit den Blick auch wieder auf andere Bereiche zu legen!

  5. 10.

    Dank Streamingdienste und Highendanlagen für zuhause, braucht man Kinos nicht mehr unbedingt.
    Es wird Zeit die Film-Premiere für alle Vertriebswege gleich zu starten.
    Auf Smartphone-Töne, Popkorngeschmatze und Gelache an Unpassenden Stellen kann ich verzichten.
    Die Kinozeit ist eh bald vorbei.

  6. 9.

    Ich verstehe eh nicht warum inzwischen fast alles öffnen darf und selbst Demos können nun im größeren Format stattfinden, aber die Kinos bleiben weiterhin dicht bis Ende Juni.
    Dabei ist es doch gerade an so einem Ort einfach, Abstände zu halten. Weniger Tickets verkaufen, immer mind. ein Sitzplatz abstand. Das ist schon mehr Abstand als im öffentlichen Nahverkehr, mit dem ich täglich zu Arbeit muss um Kinder in der Notbetreuung zu umsorgen.
    Manche Maßnahmen entziehen sich wirklich meiner Verständniss.

  7. 8.

    Lieber ein Hotel, statt Eigentumswohnungen. Wo kommen wir denn da hin, wenn Wohnungen geschaffen werden?

  8. 7.

    Traurige Nachricht;einfach mal zum Heulen.
    In diesem Kino habe ich 1974 im Oktober eines der schönsten Doppelkonzerte erleben dürfen:Die Klaus-Lenz-Modern-Soul-Big-Band und anschließend (der Kracher!) die Klaus-Renft-Combo.
    Das waren noch Zeiten.1Jahr später war Renft verboten und Klaus Lenz ging später in den „Westen“....

  9. 6.
    Antwort auf [Falk] vom 29.05.2020 um 18:56

    Präventionsparadox. https://link.medium.com/2Y6vgcQRT6

  10. 5.

    Wie wäre es mit einem Versuch, den Denkmalschutz und den Berliner Senat zu involvieren. Schließlich ist es ein Haus mit Geschichte. Etwas in dieser Stadt muss einfach für die Bürger bleiben . Es darf nicht alles nur für gutbetuchte Investoren ein Zielobjekt werden.

  11. 4.

    Ich kenne nur das ehemalige Kino Colosseum am Görlitzer U-Bahnhof in Kreuzberg. War ein schönes Kino mit 700 Plätze.

  12. 3.

    Genau.
    Statt ein Stück Kultur werden sich irgendwelche Geier das Grundstück kaufen.
    Der Senat wird sicherlich kondolieren.

  13. 1.

    Ich geb mal nen Tipp ab: bald finden wir anstelle des Colloseums Eigentumswohnungen, Büros, Shoppingmöglichkeiten und Fitness-Studios. Hat noch jemand so eine Ahnung?

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