Künstler und Corona | Der Harfenist Joel von Lerber - Energiegeladen, aber ausgebremst

So 10.05.20 | 14:33 Uhr | Von Hans Ackermann
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Der Harfinist Joel von Lerber (Quelle: David Reisler)
Audio: Inforadio | 11.05.2020 | Hans Ackermann | Bild: David Reisler

Der Harfenist Joel von Lerber sollte im April Konzerte mit dem renommierten Sankt Petersburger "Mariinsky-Orchester" in Italien und der Schweiz spielen. Die Corona-Pandemie bremste den aufstrebenden Berliner nun aus. Von Hans Ackermann

 

 

Zum Glück, erzählt der 1991 in Basel geborene Joel von Lerber [joelvonlerber.de], habe er Anfang des Jahres noch "17 Konzerte" spielen können. "Daher hatte ich zuletzt noch eine große Konzertpräsenz. Jetzt ist ein bisschen Flaute, auf unbestimmte Zeit."

Die vielen Konzertabsagen im März und April haben den jungen Harfenisten deprimiert - und bremsen seine aufstrebende Karriere: 2018 hat Joel von Lerber beim "Internationalen Harfenwettbewerb" in Israel den zweiten Platz belegt. Im letzten Jahr dann konnte er mit einem brillanten Konzertexamen sein Studium an der Berliner Hochschule für Musik Hanns Eisler abschließen.

Die Motivation hat nachgelassen

Lerber ist ein energiegeladener, athletischer Musiker, der am liebsten jeden Tag irgendwo auftreten würde. Nun sitzt er alleine zu Hause in seiner Wohnung am Schöneberger Nollendorfplatz, wo ihm das Harfespielen derzeit nicht so richtig Spaß macht: "Am Anfang hatte ich noch eine große Motivation und wollte neue Konzertprogramme erarbeiten. Aber die Motivation hat dann nach ein, zwei Wochen doch nachgelassen. Wenn man so 'ins Blaue' hinein übt, und keinen Konzerttermin hat, ist das schwer. Tatsächlich habe ich in den letzten Wochen relativ wenig geübt."

Die einmalige staatliche Hilfe für freischaffende Musiker in Höhe von 5.000 Euro hat Joel von Lerber seinerzeit gleich beantragt. Er sei zwar Schweizer Staatsbürger, aber wer seine Einnahmen in Deutschland versteuert, erklärt von Lerber, habe auch einen Rechtsanspruch auf diese Unterstützung. "Das habe ich bekommen und das ist wirklich sehr schnell gegangen. Ich kenne viele Leute, die diesen Zuschuss auch bekommen haben."

Konzerte in kleinem und sicheren Rahmen

So sehr sich Joel von Lerber über die finanzielle Hilfe des Staates gefreut hat, möchte er eigentlich nicht "permanent von Zuschüssen leben", wie er sagt. Man solle stattdessen lieber darüber nachdenken, wieder Konzerte stattfinden zu lassen - im kleinen und sicheren Rahmen. "Ich habe zum Beispiel im August sechs Konzerte auf Schloss Biesdorf. Das ist ein Saal mit 80 Leuten und als Harfenist kann man wunderbar für so einen kleinen Saal ein Solo-Recital spielen. Ich würde mir wünschen, dass das dann auch klappen wird."

Denn den Kontakt mit dem Publikum könne langfristig kein Wohnzimmerkonzert ersetzen, meint Joel von Lerber "Es haben natürlich ganz viele Leute Videos auf Youtube und im Internet, aber es ist einfach nicht dasselbe! Man geht ins Konzert - oder in ein Fußballmatch - weil man diese Emotionen live teilen will."

Harfinist Joel von Lerber (Quelle: David Reisler)
| Bild: David Reisler

Sendung: Inforadio, 11.05.2020, 15:55 Uhr

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Beitrag von Hans Ackermann

2 Kommentare

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  1. 2.

    An Vereinsamung und Verbitterung stirbt man ganz sicher nicht nach einigen Wochen und wenigen Monaten. Da sind dann wohl eher die finanziellen Einbußen problematischer.
    Aber ein Künstler wie Herr von Lerber braucht natürlich den direkten Kontakt zum Publikum, sonst kann sich seine Kunst gar nicht angemessen entfalten. Das finde ich völlig einleuchtend. Ich hatte die glückliche Gelegenheit Joel von Lerbers Harfeninterpretation von Smetanas "Die Moldau" im Rahmen der Potsdamer Schlössernacht zu hören - wow, das werde ich nie vergessen, so grandios war das Spiel :)
    Elektronische Kanäle können Konzerte niemals adäquat ersetzen. Auch ich hoffe auf flexible Lösungen, wie sie Herr von Lerber vorschlägt: im kleinen Rahmen mit den entsprechenden Vorkehrungen sollte es doch hoffentlich möglich sein, bald wieder z. Bsp. seine Kunst genießen zu können.

  2. 1.

    Ich kann Herrn Lerber nur zustimmen. Es ist mittlerweile ein bisschen wie unter den Calvinisten. Alles, was das Leben ein bisschen verschönert, wird verboten oder so stark eingeschränkt, dass einem hier die Lust vergeht. Dabei geht es nicht nur um Lebensquantität sondern auch um Qualität. Was habe ich von einem Leben, in dem ich nur in meiner Höhle sitze! Dann sterbe ich nicht an einem Virus, sondern an Vereinsamung und Verbitterung!

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