Interview | Performing Arts Festival - "Es wird eine Weiterentwicklung von Formaten geben"

Di 19.05.20 | 07:32 Uhr
Die Performance <<futurecore 2000>> eingeladen zum Performing Arts Festival 2020 Berlin. (Quelle: Jonas Fischer)
Audio: rbbKultur | 15.05.2020 | Interview mit Festivalchefin Sarah Israel | Bild: Jonas Fischer

Am Dienstag startet das erste digitale Performing Arts Festival in Berlin. Festivalleiterin Sarah Israel erzählt im Interview, wie die Zuschauer zum Mitmachen animiert werden sollen - und welche Folgen Corona für die Kulturlandschaft haben könnte.

rbb: Frau Israel, das Performing Arts Festival startet am Dienstag mit einem digitalen Get-Together. Wie kann man sich das vorstellen?

Sarah Israel: Wir treffen uns alle in einem datensicheren digitalen Raum in kleinen Fenstern und versuchen, eine Festival-Atmosphäre aufzubauen.

Am Mittwoch geht es mit dem digitalen Showroom weiter, wo sich Künstler und Spielstätten vorstellen können. Findet das in leeren Häusern vor der Kamera statt?

Zwei Gruppen bieten Livestreams an. Der Rest hat entweder Videos von bereits gelaufenen Aufführungen zur Verfügung gestellt. Andere präsentieren sich nur mit einem Trailer oder einem Infotext. Es gibt ganz unterschiedliche Materialien, in die man Einblick bekommen kann.

Sarah Israel, die Festivalleiterin des Performing Arts Festival Berlin (Bild: PAF/Paula Reissig)
Die Festivalchefin Sarah Israel | Bild: PAF/Paula Reissig

Kann man sich an dieses Spielen ohne Publikum gewöhnen?

Ich musste es zum Glück noch nicht machen. Ich glaube nicht. Theater und Tanz leben von der Großpräsenz. Es ist seltsam, in einem Saal ohne Zuschauer zu spielen.

Was geht dabei verloren?

Es geht zunächst eine menschliche Reaktion verloren. Denn vom Publikum geht eine Konzentration aus, die natürlich auch auf der Bühne ankommt. Eigentlich entsteht zwischen Bühne und Publikum eine Art Pakt, in dem gemeinsam etwas erlebt wird. Wir erleben bestimmt nicht alle das Gleiche. Aber dieses Gefühl, nebeneinander zu sitzen, konzentriert nach vorne zu gucken, etwas zu sehen, zu erleben, das können nur Livedarbietungen bieten.

Eine wichtige Plattform ist "Introducing", wo jedes Jahr der künstlerische Nachwuchs vorgestellt wird. Jetzt eben online. Was ist da geplant?

Beim Rezipieren zu Hause sitzt man meistens eher steif vor dem Computer. Deswegen haben wir die Künstlerinnen und Künstler gebeten, Videos oder Hörstücke zu produzieren, die die Zuschauer zum Mitmachen animieren sollen.

Am 24. Mai wird auch über die Kulturlandschaft nach Corona diskutiert. Was ist Ihre persönliche Vision von der Zeit danach?

Es wird eine stärkere Reflexion bei Künstlern und Spielstätten geben, was man jetzt programmiert - als Reaktion auch auf das was die Gesellschaft weltweit erlebt hat. Es wird auch eine Weiterentwicklung von Formaten geben. Es wird nicht nur beim Livestream bleiben, sondern man sieht ja jetzt schon erste Experimente, wie man im virtuellen Raum auch als darstellender Künstler sinnvoll aktiv sein kann. Und es wird auch darum gehen herauszufinden, wie man proben kann und wie man ein Publikum wieder gewinnt.

Die Frage ist ja sozusagen: Wie viele Personen dürfen sich in einem Raum befinden? Wann dürfen wir uns wieder beim Proben auch tatsächlich berühren? Und ich habe das Gefühl, dass es schon diese Überwindung zu einer Körperlichkeit ist. Das wird vielleicht noch dauern. Wenn man das nächste Mal zwei Körper wieder eng aneinander tanzen sieht, dann ist man entweder erstmal erschrocken oder ganz wundersam berührt. Aber es muss natürlich eine Reaktion geben auf das, was passiert ist. Und ich denke, dass das sowohl in den Themen als auch natürlich in der Weiterentwicklung von Formaten, die eben online stattfinden werden, sich widerspiegelt.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview mit Sarah Israel führte Monika van Bebber für rbbKultur. Der Text ist eine redigierte und leicht gekürzte Fassung. Das kompette Interview können Sie oben im Audio-Player nachhören.

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