"Verstummte Nation" in der Corona-Krise - Musikrat macht gegen Berliner Sing-Verbot in Räumen mobil
Chöre profitieren in Berlin noch nicht von der Lockerungen der Corona-Beschränkungen, Proben ist wenn überhaupt nur im Freien erlaubt. Der Deutsche Musikrat kritisiert das heftig und fordert die Aufhebung des Verbots.
Der Deutsche Musikrat hat das Berliner Verbot des gemeinsamen Singens in geschlossenen Räumen während der Coronavirus-Pandemie kritisiert. Mit der Infektionsschutzverordnung werde unabhängig von der Größe des Raumes und dem Einhalten von Hygiene- und Abstandsregeln die Arbeit von Profi- wie Amateurchören unterbunden, erklärte der Musikrat am Montag in Berlin. Auch in Schulen und Kindertagesstätten sei "diese elementare Form des gemeinsamen Musizierens" voraussichtlich bis in den Oktober hinein nur im Freien erlaubt.
Sing-Verbot in Räumen sei unverhältnismäßig
Dies sei unverhältnismäßig und offenbare ein erschreckendes Kulturverständnis, betonte Generalsekretär Christian Höppner: "Singen ist elementar für die Kulturnation Deutschland und unter Wahrung der Hygienevorschriften sehr wohl in geschlossenen Räumen möglich." Kindertagesstätten, Schulen, Musikschulen und Konzerthäuser, in denen nicht mehr gesungen werden darf, würden "das Ende gestaltender Kulturpolitik bedeuten und wären die furchtbare Vision einer verstummten Nation", erklärte Höppner. Der Berliner Senat müsse seine Entscheidung revidieren.
Außerdem sei eine Koordinierung der Studienlage zum Thema durch die Bundesregierung notwendig, damit "die Bandbreite der Erkenntnisse nicht zu solchen Fehlentscheidungen" führe, forderte Höppner. Er plädierte für einen Pandemie-Rat, der zusammen mit dem Robert Koch-Instituts die vorhandenen wissenschaftlichen Studien auswertet und politische Entscheidungen begleitet.
Wegen des Ansteckungsrisikos können viele Profi- und Amateurchöre derzeit nicht regulär proben, auch in den katholischen und evangelischen Gottesdiensten wird überwiegend auf Gemeindegesang verzichtet.
Sendung: Inforadio, 29.06.2020, 13:30 Uhr