Demo auf dem Breitscheidplatz - Künstler fordern Hilfe in der Corona-Krise

Fr 19.06.20 | 11:06 Uhr | Von Oliver Kranz
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"Stumme Künstler" ein Teil der Großdemonstration "Ohne uns ist STILLE" (Quelle: rbb/Oliver Kranz)
Audio: rbb Kultur |19.06.2020 | Oliver Kranz | Bild: rbb/Oliver Kranz

In verschiedenen Branchen regt sich Protest, dass ihnen in der Corona-Krise nicht oder nicht ausreichend geholfen werde. An der Berliner Gedächtniskirche demonstrierten jetzt freie Künstler und Kulturschaffende. Von Oliver Kranz

Wenn Bauern oder Busfahrer demonstrieren, kommen sie mit ihren Fahrzeugen in die Stadt und richten auf den Straßen ein Verkehrschaos an. Der Protest der Kulturschaffenden am Mittwochabend an der Berliner Gedächtniskirche nahm sich dagegen bescheiden aus. Gut 300 Teilnehmer hatten die Organisatoren - unter anderem die Gruppe "Stume Künstler“ und die "Initiative Kunstschaffender in Deutschland" - zusammengetrommelt, die diszipliniert unter Beachtung aller Abstands- und Hygieneregeln sehr kämpferischen Reden lauschten.

"Lebenshaltungskosten sind Betriebskosten"

Es fehle an Wertschätzung, rief der Dresdener Schauspieler Alexander Pluquett. Freie Künstler bekämen kein Kurzarbeitergeld und in der Regel auch keine Soforthilfe. Die sei nämlich nur für Betriebskosten gedacht, die bei Künstlern und Kulturschaffenden in der Regel niedrig seien. Bei freien Schauspielern zum Beispiel sei der Körper der Betrieb. Bei ihnen seien die Lebenserhaltungskosten die Betriebskosten.

David Erler vom Verband der Gründer und Selbständigen Deutschlands verwies auf eine Petition, die er im Deutschen Bundestag eingereicht hat – fast 300.000 Menschen haben sie schon unterschrieben. Dort werden unbürokratische Hilfen für Solo-Selbständige gefordert, zum Beispiel in Form eines temporären bedingungslosen Grundeinkommens. Und so ein Grundeinkommen fordert auch die "Initiative Kulturschaffender in Deutschland": 1.180 Euro pro Person und Monat - bis die Krise vorüber sei.

Demonstrationen in weiteren Städten geplant

Der einzige Politiker, der auf der Demonstration sprach, war Hartmut Ebbing, kulturpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Er unterstützte die Forderung der Künstler, nach Soforthilfe zur Deckung der Lebenshaltungskosten.

Nach knapp einer Stunde war alles vorbei - kein Skandal, kein Verkehrschaos, regelkonformer Protest. Und die Künstler wollen weitermachen. Demnächst sind Demonstrationen in München, Leipzig und Würzburg geplant.

Sendung: Inforadio, 19.06.2020, 07:55 Uhr

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Beitrag von Oliver Kranz

21 Kommentare

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  1. 21.

    Grundsicherung beantragen oder einen anderen Job vorüber gehend annehmen/suchen - Egal, ob Komzerte, Kino etc. indoor künftig mit viel oder wenig Abstand stattfinden, würde ich und sehr viele aus meinem Bekanntenkreis, eine solche Veranstaltung nicht besuchen....Es ist traurig, aber wahr, es wird solange keine Grossveranstaltungen geben, bis es einen Impfstoff gibt und Indoorveranstaltungen bürgen ein hohes Risiko....

  2. 20.

    Ich vermute wir sind uns sehr schnell einig, dass wir nicht die Aktionäre von VW u.a. unterstützen wollen und müssen. Allerdings meine ich -ohne Recherche betrieben zu haben- gibt es hier keine Subventionen, sondern rückzahlbare Kredite oder Unternehmensanteile, die wieder verkauft werden können. Hart und kurz, aber ehrlich: Nicht der Staat zahlt die Subventionen, sondern wir Bürger, in der Spitze über 50%. Auch, und das ist gut so, um schlimmstes Scheitern zu verhindern, aber für mehr ist man selbst verantwortlich und nicht mein Geldbeutel! Tut mir leid, Augen auf bei der Berufswahl. Ansonsten wünsche ich Ihnen aufrichtig, dass dieser Spuk bald vorbei ist und Sie wieder erfolgreich ihrer Passion nachgehen können.

  3. 19.

    Das würde im Umkehrschluss bedeuten: die Lufthansa oder VW, BMW und Daimler arbeiten defizitär? Oder weshalb bekommen Dax- Unternehmen, die Milliarden Gewinne machen, Steuergeld hinterhergeworfen? Die Kultur ist bekanntermaßen der zweitgrösste Umsatzsteuerzahler aller Unternehmen in Deutschland. Dass muss man sich klarmachen. Und wenn das System solidarisch sein soll, dann muss - wenn ich Berufsverbot habe - und das habe ich in diesen Zeiten, die Gemeinschaft dafür sorgen, dass man überleben kann, denn man ist unverschuldet in diese Krise geraten und macht aus Solidarität nicht auf bzw. geht nicht seinem Beruf nach.
    Und dass Subkultur, Clubs und freie Theater nicht immer gewinnorientiert arbeiten, muss möglich sein. Sie sind oft die Kinderstube der Kultur... wo sonst sollte sich Kultur entwickeln dürfen? Kindergärten und Schulen kosten uns auch nur Geld, bringen aber im Endeffekt eine Menge ein, oder?

  4. 18.

    Auch ohne Lockdown würde kaum jemand ins Theater gehen. Schuld am Zusammenbruch des (in der Kulturszene oft verhassten) Wirtschaftskreislauf ist nicht die deutsche Politik, auch nicht Herr Drosten, sondern ein Virus. Das Problem der Kulturszene ist, dass Künsler in einem Wirtschaftsteil arbeiten, der von je her defizitär ist. Wahrscheinlich auch deshalb gibt es wenig Rücklagen bei den Beteiligten. Corona war nicht vorherzusehen, aber dass es mit der Schuldenorgie so nicht weitergehen kann, schon...seit10 Jahren. Wer also keine Konsequenzen aus dieser Diagnose zog, darf nicht jammern. Es ist nicht der Staat, der die Künstler unterstützt, sondern es sind wir, die Mitbürger. Und das machen wir gerne mit Hartz 4 und einem fairen Insolvenzrecht. Und vielleicht denkt die Kulturszene -wie die Kirche- mal während dieser Zeit darüber nach, warum man fast nur um die eigenen Fragestellungen kreist und für so viel Geld so wenige erreicht - das müssen Unternehmer nämlich.

  5. 17.

    Kuenstler sind Freiberufler und somit selbstständig.Sie erzielen Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit und müssen Ihre Gewinne ermitteln wie jeder andere Selbstständige auch im Rahmen einer Einnahme-Überschußrechnung oder Gewinn-oder Verlustrechnung.Sie bestreiten aus ihrem Gewinn ihren eigenen Lebensunterhalt, Ihre soziale Absicherung und den Aufbau ihrer Altersversorgung sowie den Einkommenssteuervorausszahlungen.Sie müssen also Wirtschaften.Viele Künstler konnten mit Lockdown nicht mehr Auftreten, somit sind die Einnahmen auf 0 gefahren.

  6. 15.

    Recht haben Sie Karsten. Risiko und Gewinn.Begriffe aus dem Unternehmertum.Aber aus dem Gewinn werden auch die Steuern, die Arbeitgeber und Arbeitnehmeranteile Sozialversicherung und die Lebenshaltungskosten bezahlt.Wie bei einem Angestellten auch.Nur dass der Angestellte sich komfortabel beim Arbeitsamt mit Kurzarbeitergeld befindet, das jetzt auch noch auf 80% erhöht ohne Vermögensprüfung.Der Solo-Selbstständige soll zum Jobcenter manchmal ohne manchmal mit Vermögensprüfung.Ach so, entschuldigen Sie Karsten, dass Solo-Selbstständige nicht den Weitblick haben eine Pandemie vorauszusehen damit die Situation unternehmerisch kalkulierbar wird.Angestellte im Übrigen benötigen für unternehmerische Risiken keinen Weitblick.Es sind ja auch immer Unternehmer schuld.Was für ein Bild unserer Gesellschaft ist das?

  7. 14.

    Bei einem Hartz-4-Antrag muss jedes Vermögen offengelegt werden.Das schreckt natürlich so einen Künstler ab.Wem es wirklich dreckig geht,der wartet nicht.

  8. 13.

    Dann ab zur Agentur für Arbeit. Dort erhalten sie Hilfe zum Lebensunterhalt plus Miete!!!

  9. 12.

    Also liebe Leute,
    Es gibt Hilfe !! Und nur weil man sich nicht an die Agentur für Arbeit wenden möchte, warum auch immer, heißt das nicht das die Künstler etc. Keine Hilfen bekämen. Sie erhalten teilweise mehr als ein Arbeitnehmer in Kurzarbeit. Ein Single, Kurzarbeit, muss mit gut 60 Prozent auskommen, ein Hartz4 Bezieher bzw. der Künstler, der das beantragt, erhält seine Miete Nebenkosten plus Geld zum Leben. Der Single muss von 60 Prozent alles selbst stemmen.
    Also bitte Ball flach halten, nicht nur jammern und fordern und Behauptungen aufstellen, die so nicht korrekt sind.
    Klar mehr geht immer .... aber dann muss man halt vorübergehend mal den a..... zusammen kneifen.

  10. 11.

    Die Künstler*innen und Kulturschaffenden haben "Jobs", die sie zur Zeit aber nicht ausüben dürfen. Schauen Sie manchmal Fernsehen oder Netflix? Gehen Sie ins Theater oder auf Konzerte? All die Menschen die dort arbeiten sind betroffen, nicht nur die Menschen die sie auf der Bühne sehen. Techniker*innen, Maskenbildner*innen, Kameraleute, Security, etc. pp.
    Die Liste ist unendlich.
    Es gibt viele Menschen für die die momentane Situation schlichtweg eine (nicht selbst verschuldete) Katastrophe ist.
    Die Künstler*innen und Kulturschaffenden antworten mit kreativen Angeboten, z.T. werden Veranstaltungen kostenlos gestreamt für die sonst Menschen Eintritt bezahlt hätten, von denen wiederum die am Projekt beteiligten bezahlt worden wären.
    Oder sie versuchen kreative Hilfsangebote für ihre Kolleg*innen zu organisieren, wie z.B. https://niemandkommt.de
    Wenn die Kultur wegbricht fehlt hoffentlich auch ihnen etwas, falls ihnen nichts fehlen würde, haben sie wenigstens mein Mitleid.

  11. 10.

    Sie haben grundsätzlich Recht in Bezug auf das Risiko. Doch eine Pandemie ist kein kalkulierbares Risiko. Und wenn die Politik den Lockdown verordnet, muss der Politik auch klar sein, dass sie die Wirtschaft nicht nur in einzelnen Branchen sondern als gesamten Kreislauf schädigt und das auch noch weltweit. Dafür erwarten wir eine Art Schadensersatz. Die Politik kann uns natürlich auch in Insolvenz gehen lassen, dann wird der Schaden für das Land und für die betroffenen Gläubiger noch viel grösser. Wir möchten ganz sicher nicht auf Kosten des Steuerzahlers in Saus und Braus leben, aber wir möchten überleben, um unsere Geschäftsmodelle weiter betreiben zu können, wenn das wieder möglich ist.
    Apropos Steuerzahler, auch wir Soloselbständigen sind Steuerzahler in Deutschland. Wir haben keine Firmensitze in irgendwelchen Steueroasen. Und in Relation zu unseren Einnahmen zahlen wir relativ hohe Steuern, was aber für uns auch selbstverständlich ist.

  12. 9.

    Berufsausübungsverbot vom Staat auferlegt = Entschädigung von Staat für alle!
    Wir sind keine selbstverschuldeten Arbeitslosen, die nun um Harz4 betteln gehen.
    Denk mal drüber nach, bevor du dich vom Neid zu solchen Einschätzungen hinreißen lässt.

  13. 8.

    Unternehmerisches Risiko bedeutet RISIKO.
    Ich kann doch z.b. nicht die Gewinne in Eigentumswohnung,Lebensversicherung,einen sicherlich auch gehobenen Lebensstil stecken und im Ernstfall sagen.... Ups,jetzt muss der Steuerzahler zahlen und zwar NICHT als Kredit sondern als Geschenk.Der Steuerzahler,viele,die aufgrund von Kurzarbeit oder Jobverlust vielleicht ihre Wohnungen usw.verlieren.
    Unternehmerisches Risiko ist nicht Gewinne privatisieren und Verluste sozialisieren.

  14. 7.

    Was sind denn das für unqualifizierte Kommentare hier?

    Warum soll man sich einen Job suchen wenn man schon einen hat - den man auch ausüben kann aber gerade einfach nicht darf?

    Und... "Der Gang zum Amt" - ich kann das nicht mehr lesen und hören. Ich empfehle hier mal den Eigenversuch, dann weiß man, wie das wirklich ist, und was man vom "Amt" am Ende tatsächlich bekommt - wenn man denn überhaupt etwas bekommt.

    Aber... es witzelt sich ja leicht, wenn man nicht selbst betroffen ist - das ist eigentlich sehr traurig.

  15. 6.

    @Paul und David Weber: Ihren Kommentaren ist nichts hinzu zu fügen. Ich finde langsam sollte es mit den Forderungen aufhören und man sollte es mal mit Arbeit als Lebensunterhalt versuchen.

  16. 5.

    Vielleicht hätten die feinen Damen und Herren mal doch einen Beruf gelernt. Was zur Hölle sind freie Künstler?

  17. 4.

    Sie haben offensichtlich keine Ahnung, wer alles Künstler ist. Zum Beispiel ein Solo-Selbstständiger, der einen Honorarvertrag mit einer Institution für Unterricht hat und keinen Anspruch auf die Soforthilfe hat, weil die ja nur Betriebskosten decken soll. So viel zum Thema "soll sich einen Job suchen.

  18. 3.

    Ist das Kunst, oder kann das weg? :-)

  19. 2.

    Künstlerisches Schaffen gut und schön, aber sollten die Damen und Herren sich nicht erst einmal einen Job suchen um über die Runden zu kommen, statt zu fordern?

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