Fotografin Valentina Murabito - "Ich hatte in diesem Jahr keinen Tag frei"

Mi 02.12.20 | 15:45 Uhr | Von Magdalena Bienert
Künstlerin und Fotografin Valentina Murabito foto: Janne Tervonen
Audio: Inforadio | 02.12.2020 | Magdalena Bienert | Bild: Janne Tervonen

Die in Berlin lebende Fotografin Valentina Murabito hatte in diesem Jahr viel zu tun - trotz Corona. Und die Künstlerin nimmt einen Blickwinkel auf dieses Jahr ein, den nicht allzu viele gerade haben: einen positiven. Von Magdalena Bienert

Auf das Jahr 2020 und ihr Arbeitspensum angesprochen, lacht Valentina Murabito und sagt: "Für mich gab es nie einen Tag frei, ehrlich gesagt." Im März, als der erste Lockdown kam und sie nicht nach München zu ihrer Ausstellungseröffnung fahren konnte, ging die Fotografin zurück in ihre Dunkelkammer.

Valentina Murabito hat das Glück einen Beruf auszuüben, der auch in diesen Zeiten fast immer machbar ist: Fotografieren. Auch, wenn sie im Sommer keine Models buchen konnte und Ausstellungen verschoben wurden, konnte sie sich in ihr Labor zurückziehen.

Hier beginnt die eigentliche Arbeit ihrer experimentellen Fotografie: Sie entwickelt ihre Bilder auf Materialien, wie Holz, Marmor oder Beton und verfremdet sie. Dabei entstehen verzerrte Bilder von Pferden oder vieräugigen Kühen – jedes Bild ist ein Unikat und nicht reproduzierbar.

Eine Stunde für 15 Fotos

An einem grauen Novembertag, es sind nur zwei Grad, steht Valentina Murabito dick angezogen in der Zitadelle Spandau und lichtet ihr Model im Hof der Renaissance-Burg ab. Remi hält eine ausgestopfte Löffelente fest und schaut in die Ferne, nur an seinen roten Fingerspitzen kann man erkennen, wie lange das Shooting schon dauert: fast eine Stunde. Murabito fotografiert ausschließlich analog, mit einer 40 Jahre alten Kamera, die es heute gar nicht mehr gibt. Der Lichtmesser ist längst kaputt, mit einer Digitalkamera muss sie vor jedem Bild damit erneut die Helligkeit checken. Entschleunigung pur, das Model erträgt tapfer die Langsamkeit dieses Shootings. In den 60 Minuten entstehen 15 Bilder für die Ausstellung "Bestiarium" im kommenden Jahr.

Wichtige Events fehlen

Als die von März verschobene Ausstellung im Juni nachgeholt wird, läuft es schleppend für die Künstlerin. Ohne Vernissage und Finissage - wichtige Events, um sich auszutauschen - macht sich das auch kommerziell bemerkbar. Gleichzeitig kann die in Berlin lebende Fotografin aber feststellen, dass die Krise in ihrer Branche nicht so gravierend ausfällt, wie befürchtet: "Ich habe bemerkt, dass die Sammler und Galeristen möchten, dass wir weiterarbeiten, und sie kaufen auch weiter." Wenn auch natürlich nicht im selben Ausmaß wie vor der Pandemie.

Ein Bild der Fotografin kostet zwischen 2.000 und 15.000 Euro. Bis zu zwei Monaten kann es dauern, bis es fertig ist.

Ein Stipendium der Berliner Kulturverwaltung gibt Murabito Freiheit

Gerade ist Valentina Murabito für ein Stipendium der Berliner Kulturverwaltung ausgelost worden. Ganz unbürokratisch gab es für alle 2.000 Stipendiaten je 9.000 Euro. Geld, das ihr einen neuen Umgang beim Kauf ihrer Materialien beschert, die sie nutzt. Statt Holz darf es jetzt Stahl oder Marmor sein, was um ein Vielfaches teurer ist und was sie sonst nur nach reiflicher Abwägung aller Risiken kaufen könnte. Denn wenn das Bild später nicht verkauft wird, bleibt sie auf den Arbeits- und Anschaffungskosten sitzen.

Außerdem, erzählt sie in einem warmen Zimmer der Zitadelle: "Mit dem Budget ist man natürlich viel entspannter. Ein anderer wichtiger Faktor ist das Experimentieren an sich. Wenn man mehr Geld hat, bedeutet das, dass ich länger an einem Experiment arbeiten kann. Je weniger Geld da ist, desto weniger trauen sich Künstler zu experimentieren."

Und dann sagt die gebürtige Sizilianerin etwas, dass man nicht allzu oft in diesem Jahr zu hören bekommt: "Ich bin sehr, sehr zufrieden hier in diesem Moment als Künstlerin zu leben." Viele ihrer Kolleginnen und Kollegen in Italien oder auch anderen Ländern, befänden sich in weitaus schwierigeren Situationen. "Also man kann schon froh sein, hier zu leben."

Sendung: Inforadio, 02.12.2020, 15:55 Uhr

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Beitrag von Magdalena Bienert

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